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Wo der Strom denkt

Besuch bei Phoenix Contact

Symbolbild

Die Zukunft der Fabrik beginnt im Gleichstrom und endet bei lernenden Modellen am Rand der Maschine. In Blomberg (DE) zeigt Phoenix Contact, wie ein DC-Grid Energie dorthin lenkt, wo sie entsteht. In Bad Pyrmont zeigt die digitale Produktion, wie Daten zu Entscheidungen werden. Zwei Tage, zwei Orte, ein Bild: Elektrizität wird intelligent – und Intelligenz wird industrietauglich.


Text: Eugen Albisser


Herbst in Ostwestfalen. Nordrhein-Westfalen, um genau zu sein – Blomberg, ein Städtchen mit rund 10'000 Einwohnern zwischen Detmold und Paderborn, wo Phoenix Contact seinen Stammsitz hat. Eine 20 Millionen Euro Investition steht gleich am Strassenrand: der All Electric Society Park, ein Solar-Tracker so gross wie ein Einfamilienhaus, der sich elegant nach der Sonne dreht und weitere innovative Technologien, die den Energiewandel greifbar erleben lassen. Doch wir sind zunächst nicht wegen des Parks hier. Wir wollen ins neue Gebäude 60, dort, wo der Strom in der DC-Sprache spricht.

Doch davor gibt es ein Zitat zu merken, das jedem Besuch bei Phoenix noch eine weitere Dimension gibt: «Jedes unserer Produkte werden Sie in irgendeiner Weise im Einsatz sehen», hatte Martin Reh, Bereichsleiter Vertrieb und Marketing Schweiz, bei der Begrüssung versprochen. «In der Produktion, in der Gebäudetechnik – überall.» Phoenix Contact ist also einer jener Industrieakteure, die ihre Vision nicht nur predigen, sie leben sie mit jedem Produkt. 21'000 Mitarbeitende weltweit, davon 6'000 in Blomberg und rund 10'000 in der gesamten Region Ostwestfalen, Fertigungstiefe bis hinunter zur Schraube – ja, denn auch ein paar Millionen Schrauben werden hier täglich produziert.

Das Gebäude 60 ist das neuste Gebäude auf dem riesigen Gelände und Rainer Durth, Fachleiter bei Phoenix Contact, öffnet einen Schaltschrank im Gebäude 60 und sagt einen Satz, der an der Fabriktür hängen könnte: «Gleichstrom ist der wichtige Weg für die Zukunft.» Gebäude 60 fährt bereits ein Teilnetz in DC, rund 15 Prozent der Versorgung – mehr ging nicht, allerdings nicht wegen der Technologie – da lägen 100 % drin –, sondern weil das DC-Projekt zu spät begann, der Bau des Gebäudes aber schon zu weit fortgeschritten war.

Die Spannung liegt bei 650 Volt, geerdet im TN-System; für den Maschinenpark ist ein 400-Volt-IT-Bereich eingerichtet. Die Umrichter schalten mit 30 Kilohertz, rekuperieren Bremsenergie und halten die Netzdynamik im Griff.

Warum sich der Aufwand lohnt, zeigt ein Beispiel: Ein Hochregallager, konsequent auf DC ausgelegt, benötigt nur ein Zehntel der Anschlussleistung einer vergleichbaren AC-Anlage. Kupferbedarf: ebenfalls ein Zehntel. Die Amortisation lag bei rund zweieinhalb Jahren. Der Hebel heisst Rekuperation. Was Antriebe beim Abbremsen zurückgeben, bleibt im Netz und versorgt den nächsten Prozessschritt. «Im Gleichstromnetz habe ich keine Phasenlage. Deshalb bekomme ich Energie einfacher zurück ins System», sagt Durth.

Auch kleine Details zählen. Die Beleuchtung läuft direkt auf DC, ohne verlustreiche Wandlung. DC-Leistungsschalter sind kompakt, überwachen sich selbst und melden Zustände. Wo DC unter Last gesteckt werden muss, helfen Steckverbinder mit Lichtbogenmanagement. Ein modularer Schaltschrank skaliert Leistung, bindet PV-Strings und Speicher an und speist Überschüsse bidirektional ins AC-Netz zurück, wenn’s sinnvoll ist. So entsteht ein lokales Energiesystem, das Lastspitzen abfedert, Speicher nutzt und Erzeuger, Verbraucher und Gebäudeautomation miteinander sprechen lässt.

 

Der All Electric Society Park in Kürze

Direkt vor dem Haupteingang von Phoenix Contact in Blomberg steht seit September 2023 ein 7'860 Quadratmeter grosses Statement: der All Electric Society Park. 20 Millionen Euro Investition, 7 Kilometer Stromkabel, 12 Kilometer Datenkabel.

Die Highlights:

Solar-Tracker: 12 Meter Durchmesser, 200 Tonnen schwer, 16,3 kWp Leistung – folgt der Sonne und steigert den Ertrag um bis zu 45 Prozent
Windbaum: 36 Aero-Leafs, 10 Meter hoch, 10,8 kWp Leistung – auch bei Schwachwind aktiv
Eisspeicher: 100'000 Liter Wasser als thermischer Langzeitspeicher – Kristallisationsenergie wird zum Heizen genutzt
E-Mobilität: 6 AC- und 6 DC-Ladesäulen mit bis zu 350 kW Ladeleistung
Batteriespeicher: 1,1 MWh für Peak-Shaving und Lastmanagement
Ortsnetzstation: Mit Carbonbeton gebaut (15 Tonnen Material eingespart), begrünte Fassade, SF6-freie Luftisolation
Das kalte Nahwärmenetz koppelt elektrische und thermische Energie – Abwärme aus den Ladesäulen fliesst zurück ins System, Überschuss-PV-Strom wird thermisch gespeichert. Über 4'500 Sensoren und 8'000 Datenpunkte machen den Park zur lebenden Blaupause der Sektorenkopplung.

Der Park ist öffentlich zugänglich (Mo–So, 7–21 Uhr, Eintritt frei). 300 Führungen fanden allein im ersten Jahr statt.

 

Warum Gleichstrom jetzt Alltagskompetenz wird

Die Argumente sind greifbar. Erzeuger wie PV liefern DC, Speicher nehmen DC auf, viele Verbraucher arbeiten intern mit DC. Jede unnötige Wandlung kostet Wirkungsgrad. Moderne Leistungselektronik erreicht bis zu 98 Prozent. Der Verteilnetzstandard bleibt AC, doch lokal – in Fabriken, Arealen, Rechenzentren – wird DC zum Werkzeug, um Anschlussleistungen zu senken, Kupfer zu sparen und Rekuperation zu nutzen.

Der Knackpunkt ist nicht die Theorie, sondern das Handwerk. Normen reifen, Komponenten entstehen, Installationswissen verbreitet sich. Die Botschaft aus Blomberg ist nüchtern: Nicht alles wird DC. Aber dort, wo Erzeugung, Speicherung und dynamische Lasten dicht beieinanderliegen, lohnt sich der Blick.

Szenenwechsel: Bad Pyrmont und die unsichtbare Intelligenz

Etwa 25 Kilometer weiter zieht sich in Bad Pyrmont eine andere Linie durch die Fabrik: Daten, die Entscheidungen vorbereiten. In Gebäude 2 produziert Phoenix Contact Elektronik. Auf dem Shopfloor hängen Displays statt Papierzetteln. Ein digitales Abbild zeigt, was an den Linien läuft, welche Aufträge anstehen, wo gerüstet wird. Das Bemerkenswerte liegt darunter: Ein IoT-Gerüst, das Energie- und Prozessdaten erfasst, Netzwerke segmentiert, Alarmwege definiert und Gebäudeautomation mit Produktion verknüpft.

Tom Hammerbacher, Manager Digital Factory, fasst den Ansatz zusammen: «Machine Learning muss so einfach sein, dass es der Instandhalter bedienen kann – nicht nur der Data Scientist.» Die Data-Collection-Boxen lesen dort mit, wo es pragmatisch ist. Bemerkenswert: Drei bis fünf Prozent der I/Os genügen, um den Herzschlag einer Anlage zu hören und aus ihnen zu lernen.

Ein Beispiel ist fast banal und deshalb lehrreich: Eine Lötanlage lief im Schnitt 45 Minuten zu früh. Standby mit geheiztem Lötbad frisst Strom. Nach der Analyse schaltet heute eine IO-Box die Maschine schichtabhängig automatisch, mit realer Vorwärmzeit. Einsparung: mehrere tausend Kilowattstunden pro Jahr. Einfach, weil die Daten auf dem Tisch lagen.

MLnext: Anomalien erkennen, bevor Stillstand entsteht

Auf die Datengrundlage setzt MLnext. Das Tool lernt das Normalverhalten einer Maschine aus Zeitreihen, ganz ohne gelabelte Fehlerfälle. Ein Modell hat rund 592 Kilobyte und läuft auf einem ARM-basierten Steuerungsrechner. Training und Ausführung sind getrennt: trainiert wird auf IPC oder Server, inferiert am Edge. «Wir wollen keine Blackbox, sondern ein Werkzeug, das der Domänenexperte versteht», sagt Hammerbacher.

Der Ablauf folgt einer klaren Routine. CSV oder Datenbank anbinden. Variablen plausibilisieren. AutoML trainiert mehrere Kandidaten, vergleicht Performance, exportiert das beste Modell. In der Laufzeitumgebung werden Live-Daten eingelesen, der erwartete Verlauf der «Simulation» dem Ist gegenübergestellt und Abweichungen markiert. Alarmierung geht an Teams, E-Mail oder als rote Lampe an die Anlage. Ein Drill-down zeigt, welche Grösse als Erste abwich. So wird aus Bauchgefühl Evidenz.

Dass dieser Pragmatismus wirkt, zeigen weitere Beispiele. In der Kunststofffertigung wurden Temperatursprünge an Spritzgussmaschinen erst erklärbar, als die Hallentore in die Analyse einbezogen wurden. Kalte Winterluft verfälschte Sensorwerte am Einfüllstutzen. In einer Lebensmittellinie erkannte die Analyse, wann Ventile durch zähere Rezepturen verschmutzten und eine Reinigung fällig wurde. In einem Presswerk half ein Anomaliescore, Schraubverbindungen rechtzeitig nachzuziehen, bevor Motoren ausfielen. «Am Ende geht es darum, Stillstände zu vermeiden, bevor sie passieren – mit Daten, nicht mit Vermutungen», sagt Hammerbacher.

 

Bei Phoenix Contact ist man sich sicher, dass Gleichstrom der wichtige Weg für die Zukunft ist.
Bei Phoenix Contact ist man sich sicher, dass Gleichstrom der wichtige Weg für die Zukunft ist. Bereits hat man ein erstes Gebäude, das ein Teilnetz in DC fährt. (Bild: Phoenix Contact)

Digitale Fabrik, menschliche Arbeit

Die Bad-Pyrmont-Geschichte ist auch eine über Arbeitskultur. Shopfloor-Management wird wie ein Cockpit geführt, Visualisierungen sind so gestaltet, dass Teams sich intuitiv zurechtfinden. Kleine Verhaltensarchitekturen entfalten Wirkung. Orange Pins markieren «Dauerverbraucher» am Rüstwagen. Die Rüstzeit sinkt messbar. Netzwerkboxen mit Web-Oberfläche, Schlüsselschalter für VPN und eine blaue Signallampe machen Remote-Service transparent. Cybersecurity findet nicht im Terminal statt, sondern in der Schaltanlage, bedienbar für OT-Teams.

Diese psychologische Bodenhaftung bewahrt vor dem Missverständnis, Digitalisierung sei Kontrolle. Transparenz unterscheidet zwischen Ursache und Vermutung. Man kann auf ein Dashboard schauen und sehen, welcher Prozess aus dem Takt geraten ist. Nicht, um jemanden vorzuführen, sondern um den richtigen Hebel zu finden. «Unser Ziel ist nicht, Menschen zu ersetzen, sondern sie mit Transparenz zu unterstützen», sagt Hammerbacher.

Was zusammenkommt, wenn Strom denkt und Daten handeln

Blomberg liefert das physische Nervensystem. Bad Pyrmont liefert die Sensorik für Entscheidungen. Der gemeinsame Nenner ist ein Architekturgedanke: Offenheit, Modularität, klare Schnittstellen. DC-Leistungsmodule, die bidirektional arbeiten. Gebäudeautomation, die Schichtpläne versteht. Ein IoT-Framework, das mit offenen Datenbanken und Grafana visualisiert. Containerisierte Dienste, die man austauschen kann, wenn bessere kommen. So vermeidet man Abhängigkeiten und bleibt updatefähig.

 

DC-Grid in Kürze

  • Spannung: 650 V DC, TN-System; separater 400 V DC-Bereich im IT-System für handgeführte Werkzeuge
  • Rekuperation: Bremsenergie speist direkt ins DC-Netz zurück
  • Anschlussleistung: bis zu 90 Prozent Reduktion in Referenzprojekten möglich
  • Amortisation: etwa 2,5 Jahre im Hochregallager-Beispiel
  • Kupferbedarf: bis zu ein Zehntel gegenüber AC-Lösungen
  • Open DC Alliance: Phoenix Contact ist Gründungsmitglied

Die Lessons Learned

Nach zwei Tagen in Blomberg und Bad Pyrmont bleibt ein klares Bild: Phoenix Contact zeigt nicht, was möglich sein wird, sondern was heute bereits funktioniert. Das DC-Grid in Gebäude 60 ist keine Forschungsanlage, sondern produktive Infrastruktur. Der All Electric Society Park ist kein Showroom, sondern integraler Teil der Energieversorgung des Standorts. Und MLnext ist kein Zukunftsprojekt, sondern tägliches Werkzeug der Instandhaltung.

«Unser sogenannter Nordstern ist die All Electric Society», hatte Martin Reh am ersten Tag gesagt. Ein Nordstern, dem man folgen kann, wenn man den Mut hat, alte Gewohnheiten über Bord zu werfen.

Rainer Durth hatte am Ende seiner Führung durch Gebäude 60 gesagt: «Energie haben wir unbegrenzt, wir müssen sie nur an der richtigen Stelle erzeugen und dorthin bringen, wo sie gebraucht wird. Und da kommt der Gleichstrom ins Spiel.»

Tom Hammerbacher hatte in Bad Pyrmont gesagt: «Digitalisierung ist kein Selbstzweck. Sie soll den Facharbeitern helfen, zu zeigen, was sie längst wissen – aber bisher nicht beweisen konnten.»

Zwei Tage, zwei Standorte, eine Erkenntnis: Die Zukunft der Industrie ist elektrisch, intelligent, überraschend pragmatisch, läuft mit 650 Volt DC und passt auf einen ARM-Chip.

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FAQ

Was bringt DC in bestehenden Fabriken konkret?
Weniger Wandlungen, weniger Kupfer, Rekuperation nutzbar. Typische Effekte sind niedrigere Anschlussleistungen, geringere Spitzen und kürzere Amortisationszeiten in dynamischen Anlagen.

Ist MLnext ein Cloud-Dienst?
Nein. Training auf IPC oder Server, Ausführung am Edge. Modelle sind kompakt und laufen auf ARM-basierten Steuerungen. Visualisierung bleibt in bestehenden Systemen wie SCADA oder Grafana.

Wie aufwendig ist die Datenerfassung an alten Maschinen?
Pragmatisch. Drei bis fünf Prozent der I/Os reichen oft. Energieprofile plus wenige Prozesssignale geben ein belastbares Bild, ohne CE-Eingriff.

Ersetzt das den Instandhalter?
Nein. Das System macht Abweichungen sichtbar. Die Entscheidung und die Massnahme bleiben beim Team, das die Anlage kennt.

Wie passt die Gebäudeautomation hinein?
Sie verknüpft Schichtpläne, Energiepreise und Erzeugung. Medien werden bedarfsgerecht bereitgestellt. Fällt eine Schicht aus, schaltet die Infrastruktur automatisch ab.

Das ist ein Bericht mit zwei unabhängigen Artikeln.

Der zweite Artikel erscheint im Fachmagazin eTrends und zeigt die neuen Technologien, die auch im All-Electric-Society-Park zu erleben sind und geht auf die Gebäudetechnik ein, die Phoenix Contact in einem der Gebäude zu einem Vorzeigemodell entwickelt hat.

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Impressum

Text: Eugen Albisser

Bildquelle:  Phoenix Contact

Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen

Informationen

www.phoenixcontact.com

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Veröffentlicht am: 08.12.2025

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