Industriemessen: Wozu braucht es sie?
Ein Blick hinter die Kulissen von Fachmessen
Industriemessen: Wozu braucht es sie?
Ein Blick hinter die Kulissen von Fachmessen
Den Industriemessen wurde schon lange das Ende vorausgesagt. Spätestens mit dem Aufkommen der virtuellen Messen hätte es soweit sein können. Doch die Messen halten sich erstaunlich gut. Warum eigentlich? Oder besser: Warum eigentlich nicht?
Redaktion: Eugen Albisser
Die Ankündigung einer neuen Messe sorgt stets für ein bisschen Verwirrung. Gibt es noch eine zeitliche Lücke, fragt man sich? Aber vor allem: Gibt es noch eine thematische Lücke? Die Messekalender sind voll und thematisch dürfte jedes Thema mehrfach belegt sein. Und trotzdem wagen Messeveranstalter Jahr für Jahr das beinahe Unmögliche.
Auch im Jahr 2018 wird es in der Schweiz wieder so weit sein. Eine Messe namens Industrialis soll im Dezember in Bern erstmals durchgeführt werden, verkündete vor Kurzem die Firma Expomech. Die Themen gleichen denen der bereits längst etablierten Prodex: Maschinen, Werkzeuge, Messtechnik, Bauteile, Systembau, Werkstoffe, Oberflächen, additive Fertigung. Und ebenfalls in Bern, aber erst im 2019, soll eine Messe für die Blechbearbeitung stattfinden, die Ble.ch.
Im Anflug: neue Technologiemesse für die Schweiz
Fachmessen sind beliebt
Doch ein Blick auf die Zahlen der vergangenen Messen zeigen generell eine klare Tendenz: Fachmessen sind beliebt und dies über alle Branchen hinweg. Denn weder bleiben die Aussteller weg, noch die Besucher. Technik und Wissen hat die Performance einiger der wichtigsten Industriemessen im deutschsprachigen Markt untersucht. Das Resultat: Zwar gibt es immer wieder Messen, die Einbussen einnehmen müssen — doch gravierend sind diese nicht — ausser vielleicht bei der Zulieferermesse Z.
Einige Einbussen fanden auch statt, weil die Vorgängermessen nur schwer miteinander verglichen werden können. So findet die EMO abwechslungsweise zwei Mal in Hannover statt und dann in Mailand oder die Hannover Messe kann aufgrund der so unterschiedlichen Leitmessen nur alle zwei Jahre aussagekräftig miteinander vergleichen werden. Dennoch haben wir einmal die letzten drei Austragungen unter die Lupe genommen, um die Tendenz grafisch nachzuweisen.
Messeteilnahmen und ihre Kosten
Die Untersuchung «Auma Messetrends 2017» zeigt ebenfalls, dass sich die Messen sehr gut halten und einen herausragenden Anteil am Marketingmix einnehmen. Nicht nur werden fast 70 Prozent aller befragten (deutschen) Firmen auf gleich vielen Messen wie im Vorjahr ausstellen, rund 15 Prozent wollen ihr Engagement gar verstärken im eigenen Land. Dennoch gibt es winzige Einbrüche: Im Schnitt waren die befragten Firmen 2015/2016 weltweit noch auf 9,9 Messen, im 2017/18 werden es noch 9,6 Messeteilnahmen sein.
Das Messebudget der Firmen
Auch hinsichtlich Messebudget gibt die Untersuchung genaue Zahlen an. Befragt wurden allerdings nur deutsche Firmen, daher dürfte der Schnitt bei Schweizer Firmen wegen den Lohnkosten etwas höher sein: «Das durchschnittliche Messebudget für zwei Jahre steigt mit der Unternehmensgrösse deutlich an», heisst es im Bericht. «Bei Ausstellern mit weniger als 2,5 Mio. € Jahresumsatz liegt es aktuell bei 68'000 €, bei Unternehmen mit einem Umsatz von 2,5 – 50 Mio. € schon bei 197'000 € und bei Firmen mit einem Umsatz von 50 – 125 Mio. € steigt es auf 627'000 €. Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 125 Mio. € investierten in zwei Jahren durchschnittlich sogar 1,12 Mio. € in ihre Messeauftritte.»
Messen sind überaus wichtig im Marketingmix
Diese Budgetzahlen deuten bereits darauf hin, dass Messeauftritte relevant sind im Marketing- und Kommunikationsmix der Unternehmen. Und tatsächlich geben die Firmen an, dass der Anteil am gesamten Kommunikationsetat rund 45 Prozent alleine für Messebeteiligungen ausgegeben werden. Dieser Anteil ist seit vielen Jahren konstant, respektive hat sich über die letzten Jahre noch erhöht.
Auch über die Wichtigkeit von Messen hat Auma die Firmen befragt und auch hier zeigt sich, dass wohl in den nächsten Jahren kein wesentlicher Wandel weg von den Messen zu erwarten ist. Für 83 Prozent der Firmen sind Messen wichtig und 100 Prozent aller Firmen nutzen dieses Instrument im Marketingmix. Damit sind die Messen Spitzenreiter bei den Marketinginstrumenten und zwar zusammen mit der eigenen Webseite und dem Aussendienst. Dahinter erst folgen Direct Mailing, Werbung in Fachzeitschriften, Onlinewerbung oder Hausmessen.
Was genau macht eine Messe erfolgreich für alle Beteiligten? Die Messeveranstalter müssen ein besonderes Gespür dafür entwickeln, was Firmen auf der einen Seite brauchen und die Besucher auf der anderen sich wünschen. Wir haben ein paar von ihnen befragt. Und auch die Frage gestellt: Wie kann man auf sich aufmerksam machen, wenn man wenig Budget hat?
Die Antwortgeber/innen ...
Bettina Schall, Schall-Gruppe, Geschäftsführende Alleingesellschafterin der Schall-Gruppe mit dem Messeunternehmen P. E. Schall GmbH & Co. KG
Industriemessen der P.E. Schall: Blechexpo, Bondexpo, Control, Fakuma, Motek, Optatec, Schweisstec, Stanztec
Markus Lauber, Messe Luzern, Vorsitzender der Geschäftsleitung
Industriemessen der Messe Luzern: AMX, Swiss Medtech Expo, Swiss Plastics
Marc Siemering, Deutsche Messe, Senior Vice President Industry, Energy & Logistics Hannover Messe und Cemat
Industriemessen der Deutschen Messe: Cebit, Cemat, Euroblech, Hannover Messe, Ligna u.v.w.
Martin Roschkowski, Geschäftsführer Mesago Messe Frankfurt GmbH.
Er ist gemeinsam mit Petra Haarburger verantwortlich für das Gesamtmesseportfolio des Unternehmens, u. a. formnext, PCIM, SMT Hybrid Packaging, SPS IPC Drives, ZELLCHEMING-Expo
Was ist für Sie relevant, um eine Messe als erfolgreich einzustufen?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Ein vielversprechendes Thema, ein schlüssiges Konzept, präzise Ansprache der relevanten Aussteller, Einbeziehung von Meinungsbildnern und institutionellen Branchenvertretern, einen passenden Standort und gezielte Besucher-Generierung sind die Basics – eine gute Anzahl an Fachbesuchern mit mehr möglichst hoher Entscheidungsbefugnis sowie Investitions-Willigkeit und damit Zufriedenheit bei den Ausstellern markieren den Erfolg.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Wichtig ist, dass die Aussteller die eigenen Ziele auf einer Messe erreicht haben. Diese Ziele können sehr unterschiedlicher Natur sein, zum einen sind es die auf einer Messe erreichten Leads, häufig stehen aber noch andere Themen im Vordergrund, dazu zählen Bekanntheitsgrad steigern, Kooperationen anbahnen oder Image steigern.
Wichtig ist natürlich auch, dass die Besucher zufrieden das Messegelände verlassen. Auch für sie muss die Messe einen Mehrwert darstellen, d. h. sie müssen wichtige Kontakte erreicht, neue Produkte erlebt und zielorientierte Gespräche mit Geschäftspartnern geführt haben.
«Solange der erste Teil des Spruchs von Albert Camus «Das Gespräch ist die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens, aber die Menschen haben leider verlernt miteinander zu reden.» Gültigkeit hat, sehe ich Fachmessen als wichtiger Bestandteil des Marketing-Mix.» Bettina Schall, Schall-Gruppe
«Solange der erste Teil des Spruchs von Albert Camus «Das Gespräch ist die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens, aber die Menschen haben leider verlernt miteinander zu reden.» Gültigkeit hat, sehe ich Fachmessen als wichtiger Bestandteil des Marketing-Mix.» Bettina Schall, Schall-Gruppe
Hat es in den letzten Jahren Änderungen gegeben bei den Ausstellern, was deren Wünsche an eine Messe betreffen?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Das Verkaufen purer Standflächen-Quadratmeter war gestern. Heute fordern die Aussteller integrierte Dienstleistungen bis hin zur Online-Buchung der Stände und aller begleitenden Services. Vor allem setzen die Aussteller in ihrem Marketing-Mix verstärkt darauf, mit Hilfe von Präsentationen auf Fachmessen eine zu ihren Produkten und Leistungen adäquate Marktprofilierung zu erhalten und die Community-Zugehörigkeit zu unterstreichen.
Markus Lauber, Messe Luzern: Messen dienen immer der Geschäftsanbahnung. Die Geschäftsanbahnung ist aber in den letzten Jahren komplizierter geworden. Einerseits ist es für den Aussteller immer schwieriger, seine besondere Fähigkeit zu beschreiben, damit sie auf den ersten Blick am Stand erkannt wird. Andererseits kommt der Besucher besser informiert zur Messe. Die Messe muss Unterstützung leisten, damit der Aussteller die richtigen Besucher treffen kann (und umgekehrt).
Marc Siemering, Deutsche Messe: Die Kunden möchte heute nicht nur einen Stand buchen, sondern erwarten vom Messeveranstalter eine umfassende Beratung und zusätzliche Services. Dazu zählt zum Beispiel das Leadmanagement. Da sich die Besucher heute auf Industriemessen in der Regel vorab registrieren, kann jeder Aussteller bereits vor Messebeginn sehen, wer sich mit seinen Tickets zur Messe angemeldet hat. Im Nachgang kann der Aussteller überprüfen, wer tatsächlich am Stand war und wer nicht. So können auch die Kontakte abgearbeitet werden, die nicht persönlich vor Ort waren.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Aussteller bewerten immer mehr, ob sich eine Messeinvestition auch lohnt. Das heisst für uns als Veranstalter, die Zahl und die Qualität der Besucher muss stimmen.
Und bei den Besuchern?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Gespanntes Warten auf die Fachbesucher ist in Zeiten der Permanent-Information und Reiz-Überflutung deutlich zu wenig. Die Fachbesucher wollen sich im Vorfeld über das Angebot informieren und ihren Besuch in Form von kurzen Laufwegen in und zwischen den Messehallen zeitoptimiert planen. Anreise-Hinweise sowie Online-Registrierung der Park-/Eintritts-Berechtigung und Online-Besuchsplanung zur gezielten Informations-Beschaffung werden zunehmend wichtiger.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Die Besucher gehen heute sehr gut vorbereitet auf eine Messe. Durch das Internet können sie bereits im Vorfeld nach Produkten und Unternehmen suchen und Gespräche mit Ausstellern vereinbaren. Dadurch sind Messen wesentlich effizienter als früher. Es zählt aber nach wie vor auch der Erlebnischarakter einer Messe, der Besucher möchte Neues sehen und erleben und sich in den Fachforen über innovative Trends informieren.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Besucher erwarten von einer Messe ein klares Profil. Gute Messen sind gute Marken. Mit eindeutigen Leistungsversprechen. Und dann wollen Besucher zu einem klar definierten Thema das Neueste sehen, was die Branche zu bieten hat. Einen Ausblick in die Zukunft erhalten. Und das möglichst umfassend.
«Das Rahmenprogramm muss helfen, die spezifischen Fähigkeiten eines Ausstellers gezielt hervorzuheben. Das ist keine Werbesendung, sondern die Geschichte, was der Aussteller bei seinen Kunden zu deren Erfolg beiträgt.» Markus Lauber, Messe Luzern
«Das Rahmenprogramm muss helfen, die spezifischen Fähigkeiten eines Ausstellers gezielt hervorzuheben. Das ist keine Werbesendung, sondern die Geschichte, was der Aussteller bei seinen Kunden zu deren Erfolg beiträgt.» Markus Lauber, Messe Luzern
Wie stehen Sie als Messeveranstalter zum Konzept, Fachmessen mit Rahmenprogrammen auszubauen?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Fachmessen sind heute Informations-, Kommunikations-, Beschaffungs- und Business-Plattformen in einem. Ergänzende Rahmenprogramme mit Vorträgen, Foren, Sonderschauen usw., die parallel zum Messebesuch vertiefende Informationen oder den Blick über den Tellerrand hinaus ermöglichen, sind durchaus angebracht. Jedoch sehen wir begleitende mehrtägige Kongresse eher kritisch, weil zum einen die Aufenthaltszeiten der Fachbesucher geringer werden. Zum anderen gewähren viele Firmen, ausgehend von hoher Arbeitsintensität und -belastung heute immer weniger Fachleuten einen Messeaufenthalt, sodass diese ihr abzuarbeitendes Programm im Fokus haben.
Markus Lauber, Messe Luzern: Das Rahmenprogramm ist eine Möglichkeit, den Aussteller zu unterstützen, die richtigen Besucher zu finden. Dabei ist die Spannbreite des Rahmenprogramms sehr breit, von Inspiration, zur Informationsvertiefung hin zum Networking hat alles seine Bedeutung.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, ein hochwertiges Rahmenprogramm zu organisieren. In der Regel arbeiten wir dazu mit Partnern zusammen, die dafür sorgen, dass die Qualität der Vorträge stimmt und dass die Foreninhalte ausgewogen sind.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Messen haben je nach ihrem Thema einen eigenen Charakter. Es gibt reine Arbeitsmessen; das Geschehen findet auf den Ständen statt. Aufwändige Rahmenprogramme würden eher stören. Und es gibt Messen, bei denen Rahmenprogramme die Kommunikation beflügeln. Ein guter Veranstalter hat die Sensibilität, hier massgeschneidert genau das richtige Mass zu finden.
Welche Rahmenprogramme können für Aussteller wie auch für Besucher attraktiv sein?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Wir haben mit unseren Aussteller-Foren sehr gute Erfahrungen gemacht. Dabei erhalten Aussteller die Möglichkeit, wahlweise über ihr Unternehmen und seine Leistungen oder auch über neue Technologien, Verfahren und deren Anwendungen zu referieren. Der Fachbesucher kann sich im Vorfeld über das Vortragsprogramm informieren und ohne vorherige Anmeldung ins Forum begeben, um vertiefende Infos über seine potenziellen Lieferpartner zu erhalten. Ein weiterer wichtiger Baustein für Rahmenprogramme sind branchenspezifische Vortragsreihen, z. B. von Institutionen, Verbänden, Forschungseinrichtungen, um ein breites Bild zu Lösungsansätzen in technischen wie in organisatorischen Fragen zu erhalten.
Markus Lauber, Messe Luzern: Das Rahmenprogramm muss helfen, die spezifischen Fähigkeiten eines Ausstellers gezielt hervorzuheben. Das ist keine Werbesendung, sondern die Geschichte, was der Aussteller bei seinen Kunden zu deren Erfolg beiträgt.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Das oben beschriebene Rahmenprogramm ist sowohl für Aussteller als auch für Besucher attraktiv. Für die Aussteller ist es die ideale Gelegenheit, um auf die eigenen Produkte aufmerksam zu machen und darüber neue Geschäftskontakte zu generieren, die Besucher können sich im Rahmenprogramm gezielt über neue Trends, Märkte oder Produkte informieren.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Rahmenprogramme sollten einen Bezug zum Messethema haben und Aussteller und Besucher intelligent zusammenbringen. Rahmenprogramme nur der Show und Unterhaltung wegen sehe ich eher kritisch.
«Die Kunden möchte heute nicht nur einen Stand buchen, sondern erwarten vom Messeveranstalter eine umfassende Beratung und zusätzliche Services. Dazu zählt zum Beispiel das Leadmanagement.» Marc Siemering, Deutsche Messe
«Die Kunden möchte heute nicht nur einen Stand buchen, sondern erwarten vom Messeveranstalter eine umfassende Beratung und zusätzliche Services. Dazu zählt zum Beispiel das Leadmanagement.» Marc Siemering, Deutsche Messe
Was würden Sie einer Firma raten, die einen Stand gebucht hat, aber mit dem Platz nicht zufrieden ist – und keine Chance hat, einen besseren zu bekommen?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Grundsätzlich spricht allein die Teilnahme an einer Fachmesse für sich sprich für den Willen des Ausstellers, sich «seinem» Zielpublikum präsentieren zu wollen. Unterstützt durch zahlreiche Marketing-Massnahmen des Messeveranstalters, ist im Grunde ein gewisser Aufmerksamkeitsgrad gewährleistet. Jedoch sollten die Aussteller (gilt für alle!) nicht allein auf die Zugkraft der Fachmesse bauen, sondern auch frühzeitig selbst und wiederholt in der Besucher-Akquise aktiv werden! Dabei sollte der Fokus einerseits auf der Ansprache von potenziellen Interessenten und Kunden liegen und andererseits auf der Information und Betreuung bestehender Kunden.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Die Platzierung innerhalb einer Messe ist nicht der einzig ausschlaggebende Grund für den Messeerfolg. Die Aussteller müssen ihre Kunden gezielt auf die Messe zu sich einladen, im Vorfeld Werbung und PR in eigener Sache betreiben, eben weil sich Besucher heute intensiv auf den Messeaufenthalt vorbereiten und ihre Besuchszeit im Vorfeld klar durchstrukturieren. Wichtig ist daher eine optimale Vorabkommunikation, und dafür bieten wir die richtigen Instrumente. Die Aussteller können zum Beispiel ihre News im Vorfeld der Messe kostenlos über unseren Newshub verbreiten oder mit unserem Leadmanagement gezielt Besucher einladen.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Wir würden raten, bereits im Vorfeld und auf der Messe selbst die Messepräsenz und den Standstandort zu bewerben. Das funktioniert aus der Erfahrung gut und bringt genau die Besucher auf den Stand, die der Aussteller will.
Können Sie mir ein Beispiel einer Firma nennen, die mit wenig Aufwand einen Stand auf einer Messe aufbaute, der die Besucher anzog?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Das gibt es durchaus und ist nicht allein eine Frage der Grösse oder visuellen Attraktivität des Standbaus! Action, Dynamik, Prozesse in Funktion, Schauen und schliesslich das Haptik-Feeling sind die Elemente des Erfolgserlebnisses für den Fachbesucher. Das «Seh-Publikum» findet diese Dinge bei einem äusserlich wenig attraktiven Stand eher nicht. Wird es aber im Vorfeld gezielt auf das Angebot/Projekt/Leistungsversprechen am Stand XYZ der Firma hingewiesen, ist der Zustrom an Interessenten nachweislich gegeben.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Davon gibt es einige, das sind zum Beispiel die Start-ups. In 2016 hat das junge Unternehmen Magazino aus München einen kleinen Stand auf der Cemat gebucht, allerdings an allen Kommunikationsmassnahmen im Vorfeld der Messe teilgenommen. Dazu zählte auch eine Teilnahme an der Presse-Preview. Diese organisieren wir im Vorfeld der Industriemessen für die internationale Fachpresse. Die teilnehmenden Aussteller erhalten für einen geringen Beitrag mehr als 100 Pressekontakte aus aller Welt und sind so bereits in der Vorabberichterstattung vertreten. Für Magazino war die Cemat unter anderem dadurch schon ein voller Erfolg, weil sie bereits im Vorfeld wertvolle Medienkontakte knüpfen konnten und auf sich aufmerksam gemacht haben.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Fakt ist, viele Messestände werden immer klüger und auch kreativer konzipiert. Ein einzelnes Beispiel rauszugreifen, wäre nicht gerecht. Aber wenn die Exponate smart und vielleicht sogar mit einem Augenzwinkern den Kundennutzen auf den Punkt bringen, ist das für den Besucher attraktiv.
Welches ist Ihre Lieblings-Industriemesse und wieso?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Mit unseren Fachmessen Control, Motek mit Bondexpo und Optatec haben wir drei global führende Leitmessen im Programm. Mit den Fachmessen Fakuma und Blechexpo mit Schweisstec belegen wir international jeweils den 2. Platz. Schliesslich veranstalten wir auch die Fachmesse Stanztec, die international ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert geniesst. Unser Ziel ist es, alle dieser bestens etablierten Fachmessen, also alle unserer «Lieblinge» für die Aussteller und für die Fachbesucher auf höchstem Niveau zu halten und weiter zu entwickeln, was uns täglich fordert.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Meine Lieblingsmesse ist die Hannover Messe, sie ist seit mehr als siebzig Jahren erfolgreich. In ihrer thematischen Vielfalt ist es ihr immer wieder gelungen, sich im Markt zu behaupten, sich weiter zu entwickeln und Trends zu setzen. Auf der Hannover Messe treffen sich die Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Forschung. In Hannover wurde der Begriff Industrie 4.0 kreiert, das Synonym für die Digitalisierung der Produktion. Das allein zeigt schon den Stellenwert dieser Welt-Leitmesse.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Fragen Sie einen Familienvater nach seinem Lieblingskind? Jede unserer Messen hat ihren eigenen, liebenswerten Charakter. Und auch andere Familien haben sympathische Kinder.
«Besucher erwarten von einer Messe ein klares Profil. Gute Messen sind gute Marken. Mit eindeutigen Leistungsversprechen.» Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt
«Besucher erwarten von einer Messe ein klares Profil. Gute Messen sind gute Marken. Mit eindeutigen Leistungsversprechen.» Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt
Und welches ist für Sie eine absolut erfolgreiche Industriemesse?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Eine unserer Fachmessen herauszupicken fällt mir nicht leicht. Zumal wir als nunmehr seit mehr als 50 Jahren am Markt agierender Entwickler und Veranstalter von Fachmessen alle unsere Fachmessen aus kleinsten Anfängen heraus zu international sehr hoch geachteten Branchen-Treffs auf- und ausbauen konnten. Unsere heutigen Welt-Leitmessen Control und Motek sind seit mehr als 30 Jahren sehr erfolgreich am globalen Markt und wachsen immer noch. Sie haben als eine Art Door Opener die Märkte für die Qualitätssicherung (Control) sowie Produktions- und Montage-Automatisierung (Motek) quasi aus dem Nichts erschaffen und begleiten sie, ungeachtet gewaltiger technologischer und organisatorischer Umbrüche bis heute. Unser gelebtes Credo ist es, Fachmessen nicht nur zu entwickeln, sondern sie – wissentlich vorbei an kurzlebigen Trends – durch Aufspüren und konsequentes Umsetzen vielversprechender Technologien immer aktuell zu halten bzw. sie in neue Sphären zu überführen.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Auch das ist eindeutig die Hannover Messe. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten die entscheidenden Trends gesetzt und ist führend, wenn es um Industrie 4.0-Konzepte geht. Deshalb kommen jedes Jahr mehr als 200’000 Entscheider aus aller Welt im April nach Hannover, um sich dort über die Digitalisierung der Produktions- und Energiesysteme zu informieren. Das können sie sowohl an den einzelnen Ständen tun, aber auch in Foren und Konferenzen. Es gibt in vielen Ländern Förderprogramme für Digitalisierungsinitiativen. Die Hannover Messe bietet die einmalige Chance, weltweite Visionen und Konzepte zu Industrie 4.0 zu vergleichen. Darüber hinaus ist die Hannover Messe die bedeutendste Plattform für den Technologietransfer und weltweit die einzige Veranstaltung, die die komplette industrielle Wertschöpfungskette abbildet: von der Produktentwicklung bis hin zur Fertigung.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Seit fast drei Jahrzehnten entwickelt sich unsere SPS IPC Drives hervorragend. Unter Wahrung ihres klaren Profils ist es immer wieder gelungen, Veränderungen und Trends frühzeitig auf der Messe abzubilden. Das ist, was Aussteller und Besucher erwarten.
Ein Shooting Star ist unsere formnext, die es innerhalb von drei Ausgaben geschafft hat, zur Leitmesse für Additive Fertigung zu werden. Hier hatten wir das Glück, mit dem richtigen Thema, dem richtigen Team und dem richtigen Messestandort am Puls der Zeit zu sein.
Warum wird es auch in 50 Jahren noch Messen geben?
Bettina Schall, Schall-Gruppe: Mit dem Aufkommen des Internets wurde der baldige Tod der (Fach)Zeitschriften prognostiziert. Das Gegenteil ist der Fall, (Fach)Zeitschriften sind bis heute zentraler Baustein für die Informationsbeschaffung. Ähnlich erging oder ergeht es uns als Messemacher. Virtuelle Fachmessen lösen die klassischen Fachmessen ab, so die einschlägigen auch in diesem Fall daneben liegenden Auguren. Wir haben mit der Messesession 2017 das für uns erfolgreichste Messejahr aller Zeiten absolviert.
Die Praxis in der Beschaffung technischer Produkte und vor allem von Investitionsgütern ist, dass sich die Interessenten/potenziellen Kunden per Internet vorinformieren und sich dann durch Fachpublikationen und gezielte Besuche an Fachmessen tiefergehend informieren. Am Ende steht die Face-to-Face-Kommunikation am Objekt, um Vertrauen zum möglichen Lieferanten sowie seiner Produkte und Leistungen aufzubauen. Solange der erste Teil des Spruchs von Albert Camus «Das Gespräch ist die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens, aber die Menschen haben leider verlernt miteinander zu reden.» Gültigkeit hat, sehe ich Fachmessen als wichtiger Bestandteil des Marketing-Mix; zumal dem mehrstufigen Marketing heute mehr denn je Bedeutung zukommt.
Markus Lauber, Messe Luzern: Ja, es wird auch noch in 50 Jahren Messen geben. Denn nur der direkte Kontakt zwischen Menschen erlaubt es, Beziehungen aufzubauen. Und Beziehungen geben uns Menschen Struktur und Orientierung, die wir brauchen, um unser Geschäftsleben zu bewältigen.
Marc Siemering, Deutsche Messe: Weil Menschen sich treffen wollen und Geschäfte wiederum mit Menschen und nicht mit Robotern machen möchten. Insbesondere dann, wenn es um komplexe Produkte geht. Menschen und Unternehmen müssen sich in ihrem Wettbewerbsumfeld orientieren, sie müssen sichtbar sein, Innovationen erlebbar machen und schnell auf Trends reagieren. Mit unseren Weltleitmessen bieten wir den Unternehmen auch künftig Plattformen zur internationalen Geschäftsanbahnung.
Martin Roschkowski, Mesago Messe Frankfurt: Ich bin überzeugt, Messen wird es noch sehr lange geben. Weil sie den Rahmen für ein menschliches Grundbedürfnis bieten: Miteinander reden. An einem Ort, zu einer Zeit und zu einem Thema. Wir Menschen sind soziale, kommunikative Wesen. Vieles hat sich zwar in digitale Medien verlagert. Aber das reale Gespräch von Mensch zu Mensch bleibt unsere Königsdisziplin.
In Messen steckt viel Potenzial. Sie können einem grossen Publikum Ihre Produkte und Dienstleistungen vorstellen. Oder Bestandeskunden verwöhnen, neue Kundenkontakte anbahnen, Netzwerke pflegen, die Mitbewerber studieren. Der grosse Nachteil: Messen sind teuer. Missglückt der Auftritt, wird richtig viel Geld in den Sand gesetzt. Vermeiden Sie darum diese 10 Fehler:
1. Falsche Messe ausgewählt
- Entscheiden Sie sich erst für eine Messe, wenn Sie diese Fragen mehrheitlich mit JA beantworten können:
- Treffe ich auf der Messe meine Kunden?
- Kann ich Kontakte zu neuen Kunden anbahnen?
- Erwarten meine Kunden, dass mein Unternehmen auf der Messe ist?
- Ist die Messe bekannt? Liefert der Veranstalter verlässliche Zahlen und Fakten?
- Sind meine Mitbewerber auch an der Messe?
- Bietet der Messeveranstalter attraktive Werbeplattformen, z.B. Messe-Webseite, Messe-App, Messezeitung, Meat & Great Anlässe, Workshops, u.a.m.?
- Habe ich ausreichend Ressourcen: finanziell, personell, Know-how?
2. Kein Messekonzept
Messeerfolg ist planbar. Beginnen Sie darum immer mit einem Messekonzept. Holen Sie sich Unterstützung bei einer spezialisierten Agentur, wenn intern das Know-how fehlt oder Sie neue Ideen suchen. Das Messekonzept enthält alle erfolgsrelevanten Faktoren.
3. Zuwenig oder falsch eingesetztes Budget
Können Sie sich den Wunsch-Messestand leisten? Bleiben genügend Mittel frei für die Betreuung der Kunden? Oder für die Marketingkommunikation vor, während und nach der Messe? Der schönste Stand ist für die Katz, wenn die Besucher ausbleiben. Weil Kunden nicht eingeladen wurden und sich stattdessen beim Mitbewerber verwöhnen lassen. Weil das Geld für Medienarbeit und Werbung fehlte. Oder weil – der absolute Tiefpunkt – der Messestand aus Budgetgründen stunden- oder tagelang nicht betreut wurde.
4. Der Messestand passt nicht zum Unternehmen
Ihr Messeauftritt muss zur Branche, zum Image und zur Bedeutung Ihres Unternehmens im Markt passen. Marketingverantwortliche tun so einiges, um auf dem Markt der Aufmerksamkeiten aufzufallen. Die Gratwanderung ist schmal. «Pimpen» ist beliebt, doch nicht immer zielführend. Darum gehören Standkonzept, Text und Gestaltung in die Hände von Profis. Weil es keine zweite Chance für einen ersten Eindruck gibt.
5. Alles auf den letzten Drücker
Spätestens am Tag vor der Messeeröffnung sollte alles parat sein. Zumindest in der Theorie. In der Praxis sieht es anders aus. Die Einladungen mit den Eintrittskarten für die Kunden wurden zu spät verschickt, die Prospekte sind noch beim Drucker oder der Stand ist nicht fertig eingerichtet, wenn die ersten Besucher auftauchen. Das Chaos vor der Messe findet dann seine Fortsetzung an der Messe. Alles wirkt hektisch und improvisiert, das Standpersonal gestresst und angespannt. Ein seriös geplanter Messauftritt hat in der Regel eine Vorlaufzeit von 6-12 Monaten. Unterschätzen Sie nicht den internen Aufwand. Bis der Messeauftritt steht, braucht es meist weit über 100 Arbeitsstunden. Ziehen Sie bei Bedarf frühzeitig erfahrene, externe Projektleiter hinzu, um Ihre Mitarbeitenden zu entlasten.
6. Keine oder schlechte Standbetreuung während der Messe
Bis zur Eröffnung haben Sie bereits viel Zeit und Geld in den Standauftritt investiert. Die Kunden sind informiert, der Messestand überzeugt, die Werbung läuft. Und das Standpersonal? Ist dieses für Besucher rasch erkennbar? Auf den Kundenkontakt optimal vorbereitet? Menschen fühlen sich oft unwohl, wenn sie plötzlich Fremde ansprechen sollen. Ein «Kann ich Ihnen helfen» ist kein erfolgreicher Türöffner. Leisten Sie sich ein Messetraining für Ihr Standpersonal. Damit es Besucher souverän anspricht, Interessierte sicher erkennt und mit den richtigen Ansprechpersonen zusammenbringt. Wenn zum Schluss die Kasse klingelt – das Standpersonal hat viel dazu beigetragen.
7. Lead-Möglichkeiten nicht ausgeschöpft
Ein Lead ist ein Erstkontakt mit einem möglichen Neukunden. Aufgabe des Standpersonals ist es, qualifizierte Leads zu generieren. Interessiert sich ein Gast für Ihre Dienstleistung, geht «Nehmen vor Geben». Nur wenn das Standpersonal die Visitenkarte einsammelt oder die Kontaktdaten aufnimmt, können Sie den Besucher nach der Messe weiterbetreuen. Beispielsweise mit einer persönlichen Beratung oder einem massgeschneiderten Angebot. Natürlich immer mit dem Ziel, aus dem Interessenten einen echten Kunden zu machen. Das wird nicht gelingen, wenn das Standpersonal stattdessen grosszügig Broschüren verteilt und Interessenten ziehen lässt. Wenn Sie Pech haben, direkt zum Mitbewerber um die Ecke.
8. Nachbearbeitung zu spät
Nach der Messe ist im Messeteam die Luft draussen. Dabei geht es jetzt erst richtig los. Die Nachbearbeitung der Leads steht an. Lassen Sie Kunden nicht wochenlang auf die versprochenen Unterlagen oder den gewünschten Besprechungstermin warten. Beweisen Sie jetzt, dass Ihre Mitarbeitenden nicht nur gute Verkäufer, sondern auch ausgezeichnete Dienstleister sind.
9. Auswertung verschwitzt
Hat sich die Messe für Sie gelohnt? Wie viele Kunden haben Sie getroffen? Wie viele Leads generiert? Welche Umsätze erzielt? Zahlt der Messeauftritt positiv auf Image, Bekanntheit, Vertrauen und Wissen ein? Was haben Sie selbst von dieser Messe mitgenommen (Neuigkeiten, Trends, Kontakte)? Kam es zu Pressekontakten und zu versprochener Berichterstattung?
10. Manöverkritik vergessen
Führen Sie nach der Messe mit dem ganzen Team eine Manöverkritik durch. Holen Sie auch das Feedback der involvierten Agenturen ein. Stellen Sie den Stärken des Auftritts die Schwächen gegenüber. Welche Lehren ziehen Sie? Machen Sie nicht den Fehler, auf diesen Schritt zu verzichtet. Fehler machen ist nicht schlimm. Den gleichen Fehler zwei Mal machen aber schon.
Diese Tipps stammen von der Ofner Communications.
Weitere Checklisten für erfolgreiche Messekonzepte
Hier noch zwei Checklisten. Die Links führen zur Webseite des Unternehmens Ofner Communications.
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