Elektro-Lkw mit Mega-Charger

Die Berner Fachhochschule befasst sich intensiv mit Speicheranwendungen für die Elektrizitäts- und Mobilitätswirtschaft. In diesem Zusammenhang leistet es auch Grundlagenarbeit, die ein problemloses Schnellladen von Akkumulatoren für E-Lkw ermöglichen soll. Im Gespräch mit Prof. Dr. Andrea Vezzini über den Stand der Forschung.

  Markus Back  

Autor: Markus Back, Chefredaktor Print
E-MailLinkedIn-Profil

Welche Eigenschaften zeichnen einen guten Akkumulator, kurz Akku, für einen E-Lkw aus?

Als erste Eigenschaft ist die Reichweite zu nennen. Diese sollte mindestens 500 Kilometer betragen, um konkurrenzfähig zu E-Lkw zu sein und ist bereits realisiert. Die nächste Eigenschaft ist die Lebensdauer, da diese direkt die Betriebskosten eines Lastkraftwagens beeinflusst. Hier ist das Ziel, mit einem Akku eine Fahrleistung von mindestens 1 Million Kilometer zu erreichen. Die dritte erforderliche Eigenschaft ist die Schnellladefähigkeit des Akkus, da Lastwagen eine andere Betriebsstrategie als Personenfahrzeuge haben. Letztere sind Standfahrzeuge, die maximal zwei Stunden am Tag gefahren werden. E-Lkw bewegen sich dagegen fast ständig und können daher nur während der Ruhepausen des Fahrers oder beim Löschen der Ladung an der Rampe kurz zwischengeladen werden.

Prof. Dr. Andrea Vezzini von der Berner Fachhochschule über den Stand der Forschung
Prof. Dr. Andrea Vezzini (Bild: BFH)

Was sind die Herausforderungen bei der Entwicklung eines Akkus, der eine hohe Reichweite und Lebensdauer haben und zudem noch schnellladefähig sein soll?

Die Herausforderungen bei jeder Batterie-Entwicklung, egal ob für Personen- oder Lastkraftwagen, sind die Sicherheit, die Energie- und Leistungsdichte sowie das Batterie-Management-System. Bei Batterien für E-Lkw kommt deren Grösse als zusätzliche Herausforderung dazu. Diese lassen sich nicht eben einmal mit einem Hubwagen hin- und herschieben, sondern benötigten zum Transport spezielle Fahrzeuge. Ein weiterer Punkt, der unterschätzt wird, ist die Verbindungstechnik. Für einen leistungsfähigen Lkw-Akku müssen viele Zellen mit Strom- und Signalkabeln verbunden werden. Diese Leitungen müssen langlebig sein und sollten einen möglichst geringen Widerstand aufweisen. Weil es hier noch keine standardisierten Kabel gibt, ist deren Anschaffung bislang teuer.

Die BFH ist Teil eines Schweizer Konsortiums, das eine Schnellladestation für E-Lkw entwickelt. Welche Rolle fällt der BFH in diesem Konsortium zu?

Wir befassen uns hier mit zwei Fragen, die für das Schnellladen von E-Lkw relevant sind. Bei der ersten Frage geht es darum, welchen Einfluss das Schnellladen auf die Lebensdauer der Batterie hat und mit welchen Betriebsstrategien sich diese negativen Auswirkungen geringhalten lassen. Bei der zweiten Frage prüfen wir die Möglichkeiten eines Second-Life-Einsatzes von E-Lkw-Batterien.

Die Nachteile des Schnellladens reduzieren

Welche Erkenntnisse haben Sie hier bereits gewonnen?

Wir haben festgestellt, dass mit fortgeschrittener Lebensdauer der Innenwiderstand der Batterie zunimmt. Wenn deren thermische Belastung gleich hochgehalten werden soll, muss also deren Belastung verringert werden. Wir haben zudem herausgefunden, dass sich manche Batterien selbst noch mit 60 Prozent Restkapazität im Vergleich zur Anfangskapazität betreiben lassen. Andere bekommen am Ende ihrer Lebensdauer dagegen einen zweiten Knick und altern ab diesem noch schneller. Ebenfalls haben wir erkannt, dass bei technisch gut verarbeiteten Zellen die Varianz selbst bei einem State of Health von 60 Prozent so klein ist, dass die Batterien gleichmässig altern.

Inwieweit macht es Sinn, an starken Steigungen Oberleitungen anzubringen, über die E-Lkws Strom ziehen können, um die Batterien zu schonen?

Primär ist die Leistung bei einer Bergfahrt gemessen an der Batteriekapazität in den meisten Fällen kleiner. Heutige E-Lkws haben bis zu 900-kW-Batterien und wenn sie bergauf fahren, benötigen sie nur einen Bruchteil dieser Leistung. Diese etwas höhere Belastung ist für die Batterie machbar und wenn irgendwo hinaufgefahren wird, geht es ja auch wieder irgendwo den Berg hinunter, wo dann Energie zurückgespeist wird. Daher macht der Aufbau einer solchen Infrastruktur keinen Sinn, zumal zuvor das System standardisiert werden müsste, damit es wirklich für alle E-Lkw nutzbar ist.

Schnellladen soll nicht gut für die Lebensdauer von Akkus sein. Wieso?

Beim Schnelladen wird der Akku stärker belastet und altert dadurch schneller. Aber es gibt Möglichkeiten, mit denen sich diese Nachteile reduzieren lassen. Eine Möglichkeit ist das Schnellladen in einem definierten Kapazitätsbereich, der zwischen 10 und 20 bis 80 Prozent liegt. Entscheidend ist zudem das Vorkonditionieren, also die Batterie vor dem Schnellladen auf eine Temperatur zwischen 30 und 35 °C zu bringen. Das verringert den Innenwiderstand und ermöglicht eine maximale Leistungsaufnahme.

Die Batterie auf Temperatur bringen klingt so, als müsse der Fahrzeugführer mit der Batterie interagieren, weil dieser ja entscheidet, wann er an die Ladestation fährt?

Wo oder wann braucht es eine Schnellladung? Das ist dann der Fall, wenn für eine Reise die Reichweite des Fahrzeugs verlängert werden soll. Wenn nun vorab im Navigationssystem die Schnellladestation eingegeben wird, an der das Auto geladen werden soll, bringt es vor Erreichen der Station automatisch die Batterie auf die richtige Temperatur. Das kann man zwar auch manuell einstellen, aber ich bin überzeugt, dass der Computer und das Navigationssystem das besser hinbekommen. Bei einem E-Lkw geht dieses Vorkonditionieren übrigens leichter, weil dieser feste Routen fährt und sich das so besser planen lässt.

Elektro-Lkw Mega-Charger

Die Nachteile des Schnellladens reduzieren

Welche Erkenntnisse haben Sie hier bereits gewonnen?

Wir haben festgestellt, dass mit fortgeschrittener Lebensdauer der Innenwiderstand der Batterie zunimmt. Wenn deren thermische Belastung gleich hochgehalten werden soll, muss also deren Belastung verringert werden. Wir haben zudem herausgefunden, dass sich manche Batterien selbst noch mit 60 Prozent Restkapazität im Vergleich zur Anfangskapazität betreiben lassen. Andere bekommen am Ende ihrer Lebensdauer dagegen einen zweiten Knick und altern ab diesem noch schneller. Ebenfalls haben wir erkannt, dass bei technisch gut verarbeiteten Zellen die Varianz selbst bei einem State of Health von 60 Prozent so klein ist, dass die Batterien gleichmässig altern.

Inwieweit macht es Sinn, an starken Steigungen Oberleitungen anzubringen, über die E-Lkws Strom ziehen können, um die Batterien zu schonen?

Primär ist die Leistung bei einer Bergfahrt gemessen an der Batteriekapazität in den meisten Fällen kleiner. Heutige E-Lkws haben bis zu 900-kW-Batterien und wenn sie bergauf fahren, benötigen sie nur einen Bruchteil dieser Leistung. Diese etwas höhere Belastung ist für die Batterie machbar und wenn irgendwo hinaufgefahren wird, geht es ja auch wieder irgendwo den Berg hinunter, wo dann Energie zurückgespeist wird. Daher macht der Aufbau einer solchen Infrastruktur keinen Sinn, zumal zuvor das System standardisiert werden müsste, damit es wirklich für alle E-Lkw nutzbar ist.

Schnellladen soll nicht gut für die Lebensdauer von Akkus sein. Wieso?

Beim Schnelladen wird der Akku stärker belastet und altert dadurch schneller. Aber es gibt Möglichkeiten, mit denen sich diese Nachteile reduzieren lassen. Eine Möglichkeit ist das Schnellladen in einem definierten Kapazitätsbereich, der zwischen 10 und 20 bis 80 Prozent liegt. Entscheidend ist zudem das Vorkonditionieren, also die Batterie vor dem Schnellladen auf eine Temperatur zwischen 30 und 35 °C zu bringen. Das verringert den Innenwiderstand und ermöglicht eine maximale Leistungsaufnahme.

Die Batterie auf Temperatur bringen klingt so, als müsse der Fahrzeugführer mit der Batterie interagieren, weil dieser ja entscheidet, wann er an die Ladestation fährt?

Wo oder wann braucht es eine Schnellladung? Das ist dann der Fall, wenn für eine Reise die Reichweite des Fahrzeugs verlängert werden soll. Wenn nun vorab im Navigationssystem die Schnellladestation eingegeben wird, an der das Auto geladen werden soll, bringt es vor Erreichen der Station automatisch die Batterie auf die richtige Temperatur. Das kann man zwar auch manuell einstellen, aber ich bin überzeugt, dass der Computer und das Navigationssystem das besser hinbekommen. Bei einem E-Lkw geht dieses Vorkonditionieren übrigens leichter, weil dieser feste Routen fährt und sich das so besser planen lässt.

Die intelligente Ladestrategie

Wie lässt sich die Kapazität eines Akkus am besten erhalten?

Hierfür ist das Lademanagement entscheidend. Verschiedene Tests zeigten, dass sich beispielsweise eine Reduktion der Verweilzeiten bei Ladezuständen über 80 Prozent positiv auf die Lebensdauer des Akkus auswirkt. Wer also nicht volllädt, sondern häufiger zwischenlädt, tut seiner Batterie etwas Gutes. Ein weiterer Punkt ist die Temperatur, bei der eine Batterie geladen wird. Das Laden bei Raumtemperatur bekommt ihr besser als bei Kälte. Eine weitere Möglichkeit ist eine intelligente Ladestrategie. Eine solche implementieren inzwischen immer mehr Hersteller in ihre Fahrzeuge, um die Lebensdauer der Akkus zu erhöhen.

Die BFH befasst sich ebenfalls mit intelligenten Ladestrategien. Worum geht es bei Ihrer Forschung?

Wir haben beispielsweise mit einem Fahrrad-Hersteller einen Algorithmus entwickelt, der lokal die Verbrauchsdaten eines E-Bikes erfasst. Die Nutzung dieser historischen Daten ist ein Teil des Forschungsprojektes, in dem unter anderem geklärt werden soll, wieso eine Batterie schneller altert. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich, zum Beispiel weil eine Batterie zu häufig gebraucht, bei zu tiefen Temperaturen geladen oder zu lange am Ladegerät belassen wird. Ein anderer Teil dieses Projektes ist die Entwicklung einer App, die den E-Bike-Besitzer auf die vorzeitige Alterung seines Akkus hinweist und ihm Tipps gibt, wie er die Lebensdauer seiner Batterie erhöhen kann.

Ein abgeschlossenes Projekt ist Swiss Trolleybus plus. Worum ging es bei diesem?

Klassische Trolleybusse verfügen über einen Dieselmotor, der es ihnen erlaubt, zum Beispiel Baustellen ohne elektrische Verbindung zu umfahren. Bei Swiss Trolleybus plus wurde der Dieselmotor durch eine Batterie ersetzt, die aus der Oberleitung aufgeladen wird. Zudem kann die Batterie Bremsenergie aufnehmen und diese beim Beschleunigen wieder abrufen, wodurch sich der Energieverbrauch der Trolleybusse um 15 Prozent reduziert hat.

Lässt sich diese Technologie in bestehende Trolleybusse integrieren?

Die Verkehrsbetriebe Zürich haben tatsächlich ihre alten Trolleybusse umgebaut und die Dieselmotoren durch Batteriepakete ersetzt. Allerdings ist der Return on Invest am höchsten, wenn Trolleybusse von vornherein mit Batteriepaketen ausgestattet werden.

Printmagazin mit Schwerpunkt «Elektromobilität»


Cover Printausgabe 023  

In unserem Printmagazin #023 (Juni 2023) ist der Schwerpunkt die Elektromobilität und die Auswirkungen auf die Industrie und wie diese neue Wege beschreitet. 

Noch kein Abo? Hier gibt es das Jahresabonnement für unglaubliche 25 CHF!

 

Was sollte aus Ihrer Sicht unbedingt noch zum Thema «Elektromobilität» gesagt werden?

Die Elektromobilität ist stark im Kommen und kann nicht aufgehalten werden, da immer mehr Menschen von ihr überzeugt sind. Die Reichweite stellt inzwischen auch kein Problem mehr dar, allerdings gilt es noch, das Vertrauen in die Lebensdauer der Batterien zu erhöhen. Für einen nachhaltigen Gebrauchtfahrzeugmarkt ist es wichtig zu wissen, wie lange eine Batterie noch zuverlässig funktioniert. Dazu gehört auch, dass Daten über die Batterienutzung gesammelt und diese dem Fahrzeughalter zugänglich gemacht werden.

Wichtig ist, dass wir uns schon jetzt überlegen, was mit den vielen Batterien am Ende ihrer Gebrauchsdauer passiert. Wir müssen jetzt Prozesse, Anlagen, Installationen und Märkte für ein direktes Recycling aufbauen, sodass aus alten Batterien neue entstehen. Das mindert den Druck bei der Beschaffung der Rohstoffe. Zu guter Letzt macht die Dekarbonisierung des Verkehrs über die Elektrifizierung nur dann Sinn, wenn eine Dekarbonisierung der Energieerzeugung erzielt wird. Daher bedarf es einer CO₂-freien Energieerzeugung.

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

Titelseite Printausgabe 023 - Elektromobiltiät und wie sie unsere Industrie verändert

E-Mobilität und die Auswirkungen auf die Industrie

Elektromobilität revolutioniert die Automobilproduktion. Der Übergang von Verbrennungsmotoren zu Elektroantrieben erfordert neue Produktionslinien und Fertigungstechniken. Diese Landingpage wird laufend erweitert um Artikel zum wichtigen Thema «Elektromobilität und wie sie unsere Industrie verändert».

E-Mobilität und die Anpassung der Produktion

Die Herstellung von Elektrofahrzeugen wird die Produktion weiter verändern und vor Herausforderungen stellen - unter anderem bei der Bearbeitung schwer zerspanbarer Werkstoffe. Staffan Lundström, Produktmanager bei Sandvik Coromant, erklärt, warum ein Drehverfahren in alle Richtun-gen in Kombination mit einer neuen Werkzeuggeneration die Antwort ist.

Die Maschinen von Grob kombinieren bauteiloptimierte Arbeitsräume, Dynamik und Stabilität.

Wie bringt Fertigungstechnik die E-Mobilität voran?

Die Fahrzeugindustrie treibt die Elektromobilität konsequent voran. Das bringt Auswirkungen für die Fertigungstechnik mit sich. Wie gelingt die Zerspanung von Batteriekomponenten am wirtschaftlichsten? Diese und andere Fragen werden Top-Themen auf der EMO Hannover 2023 sein. 

Impressum

Textquelle:

Bildquelle:

Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen

Informationen

Berner Fachhochschule BFH
www.bfh.ch

Veröffentlicht am: