Gundula Heinatz: Indem man sich mit dem Thema begleitend zum Tagesgeschäft auseinandersetzt. Hilfreich kann der persönliche Austausch mit Experten sein, aber auch die Lektüre von Fachzeitschriften. Eine weitere Möglichkeit ist die Mitwirkung in Innovationsnetzwerken wie der Swiss Alliance for Data-Intensive Services. Entscheidend ist dabei, das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Die Forschung liefert dazu wertvolle Inputs.

Gundula Heinatz: Die Maintenance und die smart Maintenance CONFERENCE liefern einen Überblick zu Ergebnissen der angewandten Forschung. Die Veranstaltung zeigt dabei konkrete Anwendungsbeispiele, also was in der Praxis funktioniert oder was eben nicht geklappt hat.

Gundula Heinatz: Der Austausch mit der Forschung ist für Unternehmen sehr wichtig. Für die Zusammenarbeit sind die verschiedenen Schwerpunkte der Institute sehr wertvoll. Sie geben den Unternehmen die Möglichkeit, den geeigneten Forschungspartner zu finden. Als Geschäftsführerin der Swiss Alliance for Data-Intensive Services erlebe ich die Fachhochschulen in der Schweiz als sehr industrienah. Wir selbst sind ein Brückenbauer zwischen angewandter Forschung und der Schweizer Industrie. Was die Forschung hervorbringen kann, ist den Unternehmen teilweise nicht bekannt. Unternehmen erhalten durch den Austausch mit uns Unterstützung beim Aufsetzen eines Innovationsprojektes.

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Gundula Heinatz: Ich glaube daran, dass die wenigsten Unternehmen für sich allein Probleme lösen können. Wir müssen uns deshalb auch persönlich mit anderen Kollegen und Experten vernetzen, auch aus Gebieten, die nicht auf den ersten Blick mit Technologiethemen verknüpft werden. Bei der Swiss Alliance for Data-Intensive Services ist beispielsweise auch ein Institut der angewandten Psychologie einer Fachhochschule stark involviert. Eine Expertengruppe aus Forschern und Firmenvertretern hat darüber hinaus auch einen Ethik-Kodex als Guideline für Unternehmen ausgearbeitet. Die Digitalisierung bringt uns auf jedem Fall in eine interdisziplinäre Welt.

Gundula Heinatz: Die Gefahr der Bubble besteht, denn wo Chancen sind, bestehen immer auch Risiken. Entscheidend für Unternehmen ist es heutzutage, sich in den Kunden hineinzuversetzen. Es stellt sich die Frage, wie man als Anbieter vorgehen muss, um dem Kunden die passende Dienstleistung im Sinne von Smart Service zu bieten. Diese Kundenzentrierung ist auch Thema des zweiten Tags der Referate an der Smart Maintenance Conference.

Gundula Heinatz: Da zitiere ich gerne unsere Expertin Lilach Goren Huber von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Sie referiert an der smart Maintenance Conference aus Sicht der Forschung. Das Optimum für die Instandhaltung beschreibt sie mit «fix it only if it is about to fail», was gleichbedeutend mit der zustandsorientierten Instandhaltung ist.

Die Information, wann eine Maschine ausfallen wird, ist dabei das fehlende Glied. Mit Hilfe von Zustandsüberwachungsdaten aus Maschinensensoren und intelligenten Algorithmen kann diese Information heute in vielen Fällen gewonnen werden. Ausgewählte Daten dienen dazu, die Algorithmen so zu trainieren, dass sie Muster von Fehlern oder Beeinträchtigungen frühzeitig erkennen, bevor diese zu langen Stillstandzeiten oder dauerhaften Schäden führen.

Gundula Heinatz: Es ist bereits Allgemeingut, dass lebenslanges Lernen in die Arbeitswelt Einzug gehalten hat. Die Mitglieder der Swiss Alliance for Data-Intensive Service bieten derzeit 49 Kurse in der ganzen Schweiz an. Es kommt auch vor, dass ein Unternehmen eine konkrete Herausforderung hat. In diesem Fall vermitteln wir den geeigneten Experten und die Fragestellung lässt sich in einem eintägigen Workshop behandeln. Auch solche Anlässe haben wir bei der Alliance schon öfter durchgeführt, wie etwa zur konkreten Gestaltung von vorausschauender Wartung oder zu Fragen zur Datenschutzgrundverordnung.

Gundula Heinatz: Shaun West von der Hochschule Luzern HSLU, unser wissenschaftlicher Experte für Smart Services, stellt an der smart Maintenance Conference Beispiele zu Smart Services vor. Er weist darauf hin, dass es für alle Smart Services entscheidend ist, dass sie Mehrwert in B2B- oder B2C-Umgebungen schaffen. In der Schweiz betreibt die Firma Sulzer einen Smart Service namens «Sulzer Blue Box».

Diese Lösung nutzt KI-Technologien, die auf Daten bestehender Sensoren basieren, um die Kosten für den Betrieb und die Wartung der Pumpe zu senken. Sie verwendet maschinelles Lernen, um anomales Verhalten zu identifizieren, das zu vorzeitigem Ausfall führen kann.

Gundula Heinatz: Die Industrie wünscht sich Predictive-Maintenance-Lösungen, die ohne Projektkosten und mit minimen Risiken montiert werden können und die gleichzeitig einen fixen Preis haben. In ihrem Referat erläutern Marc Tesch von LeanBI und Yvan Jacquat von OST (Optimised Systems Technologies) das Thema anschaulich.

Marc Tesch führt dazu aus, dass es drei Kategorien von Predictive-Maintenance-Lösungen gibt: In der ersten steht eine feste Lösung zu einer bestimmten Komponente des Anbieters zur Verfügung. In der zweiten Kategorie werden Komponenten mit einer Lösung nachgerüstet, wie sie OST anbietet.

Da es sich um eine End-to-End-Standardlösung handelt, ist die Nachrüstungszeit kurz und es fallen minime Projektkosten an. Beide Kategorien entsprechen der Bezeichnung Plug & Play. Es gibt aber viele Komponenten in der Produktion, wo solche Lösungen nicht einsetzbar sind. In diesen Fällen kommt ein Ansatz zum Einsatz, wie ihn LeanBI mit dem Framework LeanPredict anbietet. Dieses hilft, die Projektkosten und Risiken zu minimieren. Die Gesamtkosten ergeben sich über die Problemstellung beim Kunden. Hier kann man nicht mehr von Plug & Play sprechen.

Gundula Heinatz: Schach hat sicher einen Bezug zu meiner Arbeit. Es hilft mir zum Beispiel sehr beim vorausschauenden Denken, was sich in der Umsetzung von langfristigen Plänen zeigt. Aber auch die Berücksichtigung von unterschiedlichen Aspekten in der Entscheidfindung wird geschult. Schach wird auch häufig beigezogen als prominentes Beispiel, um die «Überlegenheit» von Maschinen gegenüber Menschen zu zeigen.

Gundula Heinatz: Ja, auf jeden Fall. Wir sind Menschen, die ihr Gehirn auch einmal abschalten müssen und dazu vielfältige Abwechslung und soziale Kontakte brauchen. Anders als bei Maschinen sind für uns Standzeiten und eine gewisse «Ineffizienz» sinnvoll, um zu funktionieren.



Impressum

Textquelle: Easyfairs / Inoveris

Autor: Yves Ballinari, Inoveris

Bildquelle: Bild 1: Screenshot Youtube Mobiliar / Bild 2: Pixabay

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