«Risiko nimmt mit steigender Komplexität zu»
Trendbericht Safety/Wireless Safety mit Murrelektronik, Pilz, Sigmatek und ZHAW
«Risiko nimmt mit steigender Komplexität zu»
Trendbericht Safety/Wireless Safety mit Murrelektronik, Pilz, Sigmatek und ZHAW
Auf was ist bei der Nachrüstung von Sicherheitstechnik an bestehenden Anlagen zu achten und wie lässt sich der geforderte Performance Level für eine Applikation mit möglichst geringem Aufwand erreichen? Wir haben hierzu vier Experten befragt.
Markus Back (Autor)
Im Bild von links: Moritz Frey, Technischer Verkauf Pilz Industrieelektronik GmbH // Prof. Hans Doran, Leiter «Secure and Dependable Systems and Networks» ZHAW School of Engineering // Beat Meili, Geschäftsführer Sigmatek Schweiz AG // Michael Mayer, Systemberater Murrelektronik AG
Nachrüsten von Sicherheitstechnik auf bestehende Anlagen
Auf was ist zu achten, wenn Sicherheitstechnik auf bestehenden Anlagen nachgerüstet werden soll?
Michael Mayer: Es ist wichtig, sich die Schnittstellen anzuschauen und möglichst zu vereinfachen und zu standardisieren. Denn niemand möchte vielpolige, farbcodierte Kabel installieren und auflegen, denn dies kann heutzutage einfacher gelöst werden. Safety-Geräte sind oftmals exponiert an der Anlage verbaut, wie beispielsweise Schutzzäune, Lichtschranken, et cetera. Hierbei kann es leicht passieren, dass zum Beispiel ein Flurförderfahrzeug Hardware touchiert. Der Tausch sollte schnell und einfach erfolgen können.
Moritz Frey: Der erste Schritt sollte sein, die Maschine als Ganzes zu betrachten und die wechselseitigen Wirkungen der einzelnen Bauteile und Systeme zu berücksichtigen. Denn ein Retrofit stellt stets besondere Herausforderungen in den Bereichen Mechanik, Hydraulik, Pneumatik sowie Automatisierungs- und Sicherheitstechnik dar.
Für Betreiber ist es häufig kaum leistbar, den Umfang, die unterschiedlichen Aspekte und wechselseitigen Abhängigkeiten von Nachrüstungen selbst abzuschätzen, auch nicht die damit verbundenen Kosten. Kompetenter Partner mit Know-how im Maschinen- und Werkzeugbau leisten hier mehr, als man in sie investiert. Pilz etwa unterstützt Unternehmen mit Dienstleistungen von der Risikobeurteilung bis hin zur CE-Kennzeichnung rund um die Themen Sicherheits- und Automatisierungstechnik, bei der Überholung nicht elektrischer Komponenten sowie beim mechanischen Umbau.
Beat Meili: Je nachdem, welcher Sicherheitslevel erreicht werden muss, kann es sich lohnen, anstelle einer teuren Nachrüstung die bestehende und veraltete Steuerungs- und Antriebstechnik komplett durch eine moderne und integrierte Safety-Lösung zu ersetzen. Auf diese Art erspart man sich viele Stolpersteine und oftmals ist dies auch der effizienteste Weg, weil beispielsweise keine externen Sicherheitselemente, wie zum Beispiel Drehgeber, nachgerüstet werden müssen. Diese werden bei modernen Systemen bereits im Motor-Encoder als redundante Signale bereitgestellt und sorgen für die gewünschte Sicherheit.
Hans Doran: Die Kernfrage ist, wann aus einer Nachrüstung eine Neuinstallation wird. Eine einzelne Schnittstelle zum neuen Subsystem ist für die Zertifizierungsstellen viel einfacher zu verstehen, in Betrieb zu nehmen und zu erklären als eine neue Verkabelungstopologie. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass das Risiko umso grösser ist, je komplexer die Komplexität ist. Bei einer Safety-Installation sind Risiken genau das, was es zu vermeiden gilt. Halten Sie die Komplexität so gering wie nötig, aber nicht geringer.
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Performance Level mit geringem Aufwand erreichen
Haben Sie einen Tipp, wie sich mit möglichst geringem Aufwand der geforderte Performance Level für eine Applikation erreichen lässt?
Michael Mayer: Schon möglichst früh im Feld auf aktive Safety-Komponenten zu setzen. Solche Geräte haben ausgeklügelte integrierte Überwachungsfunktionen und können mitunter einfach und schnell die geforderten Anforderungen erfüllen.
Moritz Frey: Der Safety Calculator PAScal unterstützt die im Rahmen der Risikobeurteilung vorgeschriebenen Bewertung und Berechnung von Sicherheitsfunktionen. Die Software kann mittels eines grafischen Editors Sicherheitsfunktionen modellieren und deren Struktur sowie das Nutzungsverhalten der einzelnen Komponenten bestimmen. Er berechnet, abhängig von den verwendeten Komponenten, den erreichbaren Performance Level und Safety Integrity Level von Sicherheitsfunktionen in Maschinen und Anlagen. Das Ergebnis wird verifiziert mit dem erforderlichen PL nach EN ISO 13849 beziehungsweise SIL nach EN/IEC 62061. Insofern Handlungsbedarf besteht, zeigt das Tool diesen auf. Der Safety Calculator PAScal steht kostenlos zum Download bereit.
Beat Meili: Am einfachsten ist es, wenn man gleich von Anfang an die höchste Sicherheitsstufe SIL 3, Kat 4, PL e mit zweikanaliger Verdrahtung wählt. Dann ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite und hat im Schadenfall nicht am falschen Ort gespart. Ein solches Vorgehen war bis vor einigen Jahren aus Kostengründen nicht denkbar, in der heutigen Zeit sind jedoch die programmierbaren Safety-Steuerungen kostengünstiger zu haben, so dass sich eine solche Vorgehensweise aus zeitlicher und finanzieller Sicht durchaus lohnen kann.
Hans Doran: Der Prozess der Sicherheitszertifizierung ist komplex, da sich Menschen mitunter überschätzen. Der Prozess bietet ihnen die Gelegenheit, zu zeigen, dass sie alle erforderlichen Überlegungen angestellt haben, um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten. Für eine gut geführte Organisation, die Kundschaft und die Mitarbeitenden ist es das wert.
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Impressum
Autor: Markus Back
Bildquelle: diverse
Publiziert von Technik und Wissen
Informationen
Murrelektronik AG
www.murrelektronik.ch
Pilz Industrieelektronik GmbH
www.pilz.ch
Sigmatek Schweiz AG
www.sigmatek-automation.ch
ZHAW School of Engineering
www.zhaw.ch
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