«Wir staubsaugen täglich unsere Maschinen»
«Predictive Maintenance» im Briefsortierzentrum der Schweizerischen Post
In Härkingen betreibt die Schweizerische Post eines von drei Briefsortierzentren. Auf was es bei dessen Instandhaltung ankommt und wieso in diesem auch weiterhin das Konzept der vorbeugenden Wartung verfolgt wird, erklärt Instandhaltungsleiter Rolf Piana im Gespräch.
«Wir staubsaugen täglich unsere Maschinen»
«Predictive Maintenance» im Briefsortierzentrum der Schweizerischen Post
In Härkingen betreibt die Schweizerische Post eines von drei Briefsortierzentren. Auf was es bei dessen Instandhaltung ankommt und wieso in diesem auch weiterhin das Konzept der vorbeugenden Wartung verfolgt wird, erklärt Instandhaltungsleiter Rolf Piana im Gespräch.
Inwieweit verändert der boomende Versandhandel Ihre Arbeit beziehungsweise wie wirkt sich dieser auf den Zustand der Sortieranlage aus? Päckchen dürften vermutlich grössere Schäden anrichten als Briefe!
Das ist richtig. Gerade die Sortierung der Päckchen aus China ist äusserst schwierig, da diese oft weich und unförmig sind. Daher entsteht derzeit in Zürich für rund 70 Millionen Franken eine neue Anlage, die diese Probleme in den Griff bekommen soll und zudem das weitere Wachstum in diesem Bereich auffängt. Allein die Importe aus China haben sich in den vergangenen Jahren vervielfacht.
Was ist das genaue Problem mit diesen weichen und unförmigen Päckchen?
Da sie im Vergleich zu Briefen kaum starr sind, besteht vor allem bei den Übergängen der Förderbänder die Gefahr, dass diese dazwischen hineingezogen werden. Die Übergänge so zu gestalten, dass bei diesen möglichst wenig passiert, ist eine der Herausforderungen, die es bei der Konstruktion der neuen Anlage zu lösen gilt.
Ist diese Anlage eine Eigenkonstruktion?
Die Grundidee stammt von uns und ein Anlagenbauer setzt diese um. Während des Aufbaus und der Inbetriebnahme werden aber unsere Mitarbeitenden mit dabei sein, um die Anlage ganz genau kennenzulernen.
Grösste Herausforderung bei der Instandhaltung
Und was ist die grösste Herausforderung bei der Instandhaltung der bestehenden Sortieranlagen?
Die sehr knappen Zeitfenster. Wir benötigen täglich eine Stunde Zeit alleine für die Grundinstandhaltungsarbeiten. So muss zum Beispiel der Strichcode-Drucker für die Briefe alle 24 Stunden gereinigt werden, da er sonst schmiert. Etwa alle drei Monate findet dann eine grosse Inspektion statt, die mitunter bis zu zwei Tage dauert. Dieser Aufwand zahlt sich jedoch aus. Ursprünglich sollten die bestehenden Anlagen nach zehn Jahren Laufzeit erneuert werden, da sie aber noch immer in einem sehr guten Zustand sind, können sie nun weitere zehn Jahre laufen.
Inwieweit sind Feiertage bei diesen grossen Wartungseinsätzen hilfreich?
Diese wären im Prinzip ideal, wobei wir wegen des Fachkräftemangels aber generell versuchen, solche Feiertagseinsätze zu vermeiden.
Welche Bauteile und Komponenten innerhalb einer Sortieranlage unterliegen einem besonders hohen Verschleiss?
Die Briefe werden zwischen gummibeschichteten Riemen befördert, die mit einem Stoffgewebe verstärkt sind. Diese Riemen sind sehr anfällig und werden daher in aller Regel bei der grossen Inspektion alle drei Monate ausgetauscht. Keine Probleme bereiten uns indes die verbauten Motoren und Sensoren.
Wenn die Briefe zwischen Riemen geklemmt sind, führt das doch bestimmt zu einem hohen Abrieb. Inwieweit ist die Staubentwicklung bei Ihnen ein Thema?
Diese ist ein sehr grosses Thema. Gerade Briefumschläge aus Umweltschutzpapier erzeugen einen sehr hohen Faserabrieb, der sich in den Maschinen absetzt. Nach einem Betriebstag steht der Staub in diesen knapp einen Zentimeter hoch, weshalb wir sie täglich staubsaugen müssen.
Inwieweit sind Feiertage bei diesen grossen Wartungseinsätzen hilfreich?
Diese wären im Prinzip ideal, wobei wir wegen des Fachkräftemangels aber generell versuchen, solche Feiertagseinsätze zu vermeiden.
Welche Bauteile und Komponenten innerhalb einer Sortieranlage unterliegen einem besonders hohen Verschleiss?
Die Briefe werden zwischen gummibeschichteten Riemen befördert, die mit einem Stoffgewebe verstärkt sind. Diese Riemen sind sehr anfällig und werden daher in aller Regel bei der grossen Inspektion alle drei Monate ausgetauscht. Keine Probleme bereiten uns indes die verbauten Motoren und Sensoren.
Wenn die Briefe zwischen Riemen geklemmt sind, führt das doch bestimmt zu einem hohen Abrieb. Inwieweit ist die Staubentwicklung bei Ihnen ein Thema?
Diese ist ein sehr grosses Thema. Gerade Briefumschläge aus Umweltschutzpapier erzeugen einen sehr hohen Faserabrieb, der sich in den Maschinen absetzt. Nach einem Betriebstag steht der Staub in diesen knapp einen Zentimeter hoch, weshalb wir sie täglich staubsaugen müssen.
Nutzen Sie das Konzept der vorausschauenden Wartung?
Das Konzept der vorausschauenden Wartung gewinnt zusehend an Bedeutung, um die maximale Produktivität und Verfügbarkeit von Maschinen zu gewährleisten. Nutzen Sie dieses Konzept?
Die Schlüsselbereiche, in denen ein Ausfall unsere Logistik zum Erliegen bringen würde, sind überwacht. So kontrollieren beispielsweise Lasersensoren die Rädchen an unseren Sortern, damit diese nicht auf der Anlage beschädigt werden. In unseren drei Sortieranlagen für grossformatige Sendungen überwachen wir zudem die Antriebsketten und im Hochregallager protokollieren wir das Anfahr- und Bremsverhalten der Lagerbediengeräte, um bei Abweichungen von den definierten Werten schnell reagieren zu können.
«Die vorausschauende Wartung macht gar nicht überall Sinn.» Rolf Piana, Leiter Instandhaltung Sortierung
Das Konzept wenden Sie demnach nicht für das komplette Briefsortierzentrum an?
Genau. Es macht gar nicht überall Sinn. Wir haben beispielsweise einmal über ein Jahr hinweg die Schwingungen an jedem Motor erfasst – auch bei den Stirnradgetriebemotoren mit 0,3 kW Leistung. Bei denen war immer alles gut, bis sie plötzlich Öl verloren haben und kaputt gingen. Beim Messen hatte sich das aber nicht angedeutet. Nun verzichten wir auf diese Kontrollmessungen und tauschen den Motor aus, sobald dieser tropft. Bei den Kegelradgetrieben mit grösserer Leistung verfolgen wir dagegen weiterhin dieses Konzept, da die Überwachung hier reibungslos funktioniert und die gewünschten Hinweise liefert.
Die Erfahrung des Servicetechnikers
Inwiefern braucht es bei den heute verfügbaren Überwachungsmöglichkeiten noch die Erfahrung eines Servicetechnikers, der zum Beispiel anhand von Geräuschen kaputte Komponenten erkennt?
Diese Erfahrung wird es immer brauchen, da gar nicht alles überwacht werden kann oder die komplette Überwachung schlicht zu teuer wäre. Bei einer Briefsortieranlage beispielsweise hört ein erfahrener Mitarbeiter heraus, wenn eine der verbauten Rollen einen Lagerschaden hat. Daher überwachen wir nur Dinge, die man nicht sehen oder hören kann. Ein Beispiel hierfür sind die Räder an den Sortern. Wenn diese wegen eines Schadens zwei Millimeter tiefer liegen, sieht man das nicht und dennoch kann diese Differenz bereits zu Störungen führen.
Was für Lösungen bräuchte es aus Ihrer Sicht, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern?
Eine Kamera, die Schallwellen aufzeichnet, wäre sehr nützlich. Diese gibt es auch schon, allerdings decken sie bislang nicht den Frequenzbereich ab, den kaputte Lagerrollen verursachen. Wenn da etwas nicht stimmt, hört das ein erfahrener Mitarbeiter zwar, allerdings kann er den Schaden nur sehr schwer eingrenzen, weshalb es zahlreiche Messungen braucht. Eine Kamera, die auf einen Blick zeigt, welche Rollen auszutauschen sind, würde uns sehr viel Zeit ersparen.
Das Notfallkonzept bei Sortieranlagen
Wie sieht das Notfallkonzept aus, wenn wider Erwarten die komplette Sortieranlage ausfallen sollte?
Unsere Anlagen laufen sehr zuverlässig. Wenn eine der elf Sortieranlagen für normalformatige Briefe ausfällt, können wir das durch die übrigen kompensieren. Wenn hingegen eine Anlage für grossformatige Sendungen ausfällt, wird es aufwändiger.
Wenn die Reparatur zu lange dauert, werden die entsprechenden Briefe auf die anderen Sortierzentren in Zürich-Mülligen und Eclépens verteilt. Sollte das komplette Zentrum stillstehen, beispielsweise wegen einer Störung in der Trafostation, wird sofort der Krisenstab alarmiert. Er koordiniert das Vorgehen und veranlasst gegebenenfalls sogar eine Briefsortierung von Hand.
Die Erfahrung des Servicetechnikers
Inwiefern braucht es bei den heute verfügbaren Überwachungsmöglichkeiten noch die Erfahrung eines Servicetechnikers, der zum Beispiel anhand von Geräuschen kaputte Komponenten erkennt?
Diese Erfahrung wird es immer brauchen, da gar nicht alles überwacht werden kann oder die komplette Überwachung schlicht zu teuer wäre. Bei einer Briefsortieranlage beispielsweise hört ein erfahrener Mitarbeiter heraus, wenn eine der verbauten Rollen einen Lagerschaden hat. Daher überwachen wir nur Dinge, die man nicht sehen oder hören kann. Ein Beispiel hierfür sind die Räder an den Sortern. Wenn diese wegen eines Schadens zwei Millimeter tiefer liegen, sieht man das nicht und dennoch kann diese Differenz bereits zu Störungen führen.
Was für Lösungen bräuchte es aus Ihrer Sicht, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern?
Eine Kamera, die Schallwellen aufzeichnet, wäre sehr nützlich. Diese gibt es auch schon, allerdings decken sie bislang nicht den Frequenzbereich ab, den kaputte Lagerrollen verursachen. Wenn da etwas nicht stimmt, hört das ein erfahrener Mitarbeiter zwar, allerdings kann er den Schaden nur sehr schwer eingrenzen, weshalb es zahlreiche Messungen braucht. Eine Kamera, die auf einen Blick zeigt, welche Rollen auszutauschen sind, würde uns sehr viel Zeit ersparen.
Das Notfallkonzept bei Sortieranlagen
Wie sieht das Notfallkonzept aus, wenn wider Erwarten die komplette Sortieranlage ausfallen sollte?
Unsere Anlagen laufen sehr zuverlässig. Wenn eine der elf Sortieranlagen für normalformatige Briefe ausfällt, können wir das durch die übrigen kompensieren. Wenn hingegen eine Anlage für grossformatige Sendungen ausfällt, wird es aufwändiger.
Wenn die Reparatur zu lange dauert, werden die entsprechenden Briefe auf die anderen Sortierzentren in Zürich-Mülligen und Eclépens verteilt. Sollte das komplette Zentrum stillstehen, beispielsweise wegen einer Störung in der Trafostation, wird sofort der Krisenstab alarmiert. Er koordiniert das Vorgehen und veranlasst gegebenenfalls sogar eine Briefsortierung von Hand.
Und wie schneidet der Mensch im Vergleich zu einer Sortiermaschine ab?
Ein guter Sortierer schafft 1‘000 bis 1‘200 Briefe in der Stunde. Eine gut eingestellte Sortiermaschine verarbeitet dagegen bis zu 40‘000 Briefe in der Stunde.
Was hätten Sie abschliessend noch zu sagen?
Wir sind wie die Automobilindustrie auf eine hohe Anlagenverfügbarkeit angewiesen. Daher verfolgen wir auch weiterhin das Konzept einer vorbeugenden Instandhaltung mit festen Wartungsintervallen. Wir können uns punkto Zuverlässigkeit und Qualität mit deutschen Automobilbauern messen. Bei den Kosten liegen wir ebenfalls in einem ähnlichen Bereich.
Das ist Rolf Piana
Der Leiter Instandhaltung Sortierung bei der Post CH AG lernte sein Handwerk von der Pike auf. Nach seiner Ausbildung zum Mechaniker studierte er an der Ingenieurschule in Biel und rundete später sein berufliches Profil mit Weiterbildungen zum Technischen Geschäftsführer sowie CAS-Ausbildungen in den Bereichen Asset Management und Instandhaltungsmanagement ab. Nach verschiedenen Positionen innerhalb der Hirschi + Co AG wechselte der 58-Jährige 2004 zur Schweizerischen Post, bei der er 2007 in seine jetzige Position aufstieg.
Impressum
Autor: Markus Back, Technik und Wissen
Bildquelle: Post
Publiziert von Technik und Wissen
Informationen
Post CH AG
post.ch
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