«Jetzt werden die Komponenten richtig smart»
Sonderschau «Smart Power Transmission and Fluid Power Solutions»
«Jetzt werden die Komponenten richtig smart»
Sonderschau «Smart Power Transmission and Fluid Power Solutions»
Argo-Hytos – Zu den sicherlich unauffälligsten Bauteilen der Hydraulik, ohne die allerdings kaum ein Fluidsystem auskommt, zählen Hydrauliktanks. Eine Spezialität sind bei dem Hersteller Argo-Hytos Hybridtanks mit integriertem Filtergehäuse für Mineralöl und umweltschonende Hydrauligflüssigkeiten (HEES und HETG), die als einbaufertige Komplettmodule per Rotationsform und Spritzguss aus Kunststoff entstehen. In Hannover stellte das Unternehmen einen Hybridtank mit integrierter Sensorik aus, bei dem animierte LED-Leisten visualisierten, wie der Datenstrom aus dem Tank in einen Controller fliesst. Ein aufgeschnittener Tank demonstrierte ausserdem, wie problemlos sich Sensorik zur Ölzustandsüberwachung in das Produkt integriert lässt.
«Auf besonderes Interesse stiess vor allem das Monitoring», beobachteten die Produktmanager Susanne Kohler und Georg Klinger von der Argo-Hytos GmbH aus Kraichtal. «Die Fachbesucher interessierten sich besonders für die Arbeitsweise der Sensorik.» Gefragt waren ausserdem komplett einbaufertige Lösungen wie der ausgestellte Hybridtank mit integrierter Sensorik und Filtration, weil sich mit ihnen leichter smarte Aufgabenstellungen wie Predicitive Maintenance oder Industrie 4.0 realisieren lassen.
Die Pneumatik muss sich nicht verstecken bei Industrie 4.0
Aventics – In Sachen Industrie 4.0 muss sich auch die Pneumatik nicht verstecken: Den Beweis trat in Hannover Aventics mit der Weiterentwicklung des Smart Pneumatics Monitor (SPM) an. In Hannover simulierte der SPM im Zusammenspiel mit Luftverbrauchern eine smarte Fabrik. «Wir sind als Stammaussteller gerne auf den VDMA-Sonderausstellungen, weil wir hier die Möglichkeit zur Präsentation von einzelnen Highlights haben», sagt Wolf Gerecke, Director Strategic Product Management bei der Aventics GmbH, Laatzen. «Ausserdem können wir hier auch ein ganz anderes Publikum als bei unserem Hauptstand ansprechen.»
Der Aventics-Experte für Industrie 4.0 schätzt besonders die Qualität der Gespräche und die «besondere Form der Besucheransprache bei der Sonderschau» an, auf der die Aussteller erstmals unter dem Motto «Smart Power Transmission and Fluid Power Solutions» die Leistungsfähigkeit intelligenter Antriebstechnik präsentierten.
«Bisher lief die gesamte Vernetzung über die Steuerung», stellt Wolf Gerecke fest. «Nun kann der Kunde dank smarter Technik die Kommunikation auf die Feldebene verlagern. Mit unserem Smart Pneumatics Monitor können wir alle benötigten Informationen und Daten automatisch über Ethernet an die übergeordneten Systeme weiterleiten. Und durch die neuen Kommunikationsmöglichkeiten werden die Komponenten jetzt richtig smart.» Ein weiterer positiver Aspekt sei, dass Leitrechner nicht mehr mit Datenströmen von nicht prozessrelevanten Funktionen wie Energieüberwachung, Zustandsüberwachung oder Predicitive Maintenance belastet werden. Für Leitrechner sei nämlich nur die eigentliche Folge – etwa die Abschaltung einer Anlage für Instandhaltung – interessant.
Wenn das Hydraulikaggregat zur smarten Komponente wird
Bosch Rexroth – Über einen Eyecatcher, den jeder – zumindest auf den ersten Blick – zuhause hat, kam Matthias Gossmann, Vertrieb Industriehydraulik, von der Bosch Rexroth AG aus Fellbach mit Messegästen ins Gespräch. Es handelt sich um eine handelsübliche Waschmaschine, die jedoch nicht elektromotorisch, sondern hydraulisch angetrieben wird. «Dank dieser erstaunlichen technischen Überraschung gelingt schnell die Überleitung zu dem intelligenten, kompakten Aggregat CytroPac», meint Gossmann. Das Exponat demonstriert, wie sich ein Kompaktaggregat, das aus drehzahlvariablen Pumpenantrieb mit Frequenzumrichter, Sensorik, Wasserkühlung und Datenschnittstelle besteht, in bestehende Maschinen beziehungsweise Anlagen integrieren lässt.
«Wir können das Aggregat dank Datenschnittstelle (IoT Gateway) problemlos mit Handy oder Tablett vernetzen», erklärt Gossmann. «Der Anwender kann nun aus der Ferne den Bedarf anpassen oder auch Betriebsdaten auslesen.» Dank smarter Technik wandelt sich das Hydraulikaggregat zur smarten Komponente, deren Arbeitsweise inklusive aller relevanten Kennwerte und Daten nun jederzeit transparent und digital ist. Das Ganze läuft ohne Zugriff auf die Maschinensteuerung dezentral ab. Gossmann freut sich aber auch über eine andere Chance, die ihm die neue Sonderschau bietet: «Ich treffe hier doch viele, die wenig von moderner Hydraulik wissen. Ihnen kann ich darlegen, wie leise, intelligent und leistungfähig diese vernetzbare Technologie arbeitet.»
Das Beste aus unterschiedlichen technischen Kulturen
Bucher Hydraulics – Die Sonderschau bewies mehrfach, das in modernen Antriebslösungen oft das Beste aus unterschiedlichen technischen Kulturen zusammenkommt. Ein Paradebeispiel dafür ist der Alpha-X-Demonstrator von Bucher Hydraulics eine Kombination von elektrischer Antriebstechnik und Hydraulik. Er bildet dank eines kräftigen Federpakets (20 Kilonewton) und einer grossen Lastmasse (350 Kilogramm) ein typisches, in vielen Maschinen vorkommendes Lastprofil ab: Besucher faszinierte in Hannover besonders, dass sie den Demonstrator mit einem Joystick in allen Betriebspunkten bedienen konnten. Die Messegäste konnten daher die Performance einer cleveren Mechatronik auch in kritischen Betriebspunkten im wahrsten Sinn live erleben und erfahren.
«Die Resonanz auf den Demonstrator war gut», freut sich im Rückblick Dierk Peitsmeyer, Produkt-Portfolio-Manager bei der Bucher Hydraulics GmbH, Klettgau. «Es interessierten sich etliche kleine Maschinenhersteller für unsere integrierten Lösung nach dem «plug-and-run»-Prinzip, die sich wie ein Getriebe verhält. Wir erhielten dabei auch Kontakte zu völlig neuen potenziellen Anwendern, die oft keinerlei Hydraulikexperten im Haus haben und die nur die elektrische Antriebstechnik beherrschen.» Für das System spricht nicht nur die einfache Installation, bei der ein Anwender sich nicht mehr um hydraulische Details wie Ventil-Auslegung, Verrohrung, Tank und Filterung kümmern muss.
Die mechatronische Lösung benötigt nur noch einen elektrischen Anschluss. Überzeugen konnte Peitsmeyer Interessenten beispielsweise mit realisierten Lösungen wie dem Scheren-Hub-Tisch mit einer Maximallast von 1,5 Tonnen, dessen Antrieb sieben Mal schneller als die hydraulische Standardversion verfährt – bei kompletter Ruckfreiheit. Peitsmeyer: «Das System lässt sich auch nur mit Kenntnissen eines elektrischen Antriebs problemlos einstellen und bedienen. Die Inbetriebnahme dauert daher auch nur Minuten – das ist «plug-and-run in Reinkultur.»
Energieeffizienz durch intelligentes Nutzen und Verknüpfen vorhandener Technologien
Linde Hydraulics – Die Linde Hydraulics GmbH & Co. KG aus Aschaffenburg hat auf der Hannovermesse ihre Fluidtechnik vorgestellt. Auf der Sonderschau simulierte das Unternehmen den Fahrbetrieb eines Radladers. Neben den Shift in Motion-Komponenten und einem 2-Gang-Stillstandsschaltgetriebe stellt beim Demonstrator ein Schwungrad die Fahrzeugmasse dar. Eine mechanische Bremsanlage dient zudem als variable Last, die zusätzlich aufgeschaltet werden kann und das System, ähnlich einer Fahrt an Steigungen, beeinflusst.
«Die Resonanz auf das Exponat war sehr gut», berichtet Dipl.-Ing. Henning Lobb-Rabe, Director of Product Management. «Wir präsentieren, was sich allein durch das intelligente Nutzen und Verknüpfen der vorhandenen Technologien auf dem Gebiet Energieeffizienz erreichen lässt. Das Exponat zeigt, was dabei herauskommt, wenn sich kluge Köpfe mit der Aufgabenstellung beschäftigen und dann eine passende Lösung entwickeln.»
Für den Maschinenbau-Ingenieur hat sich bei der Entwicklung bewährt, sich an dem KISS-Prinzip aus der amerikanischen Flugzeugindustrie zu orientieren, das für «keep it simple, stupid» also «mach’s so einfach wie möglich» steht. Eine einfache Lösung wie das vorgestellte Exponat kommt mit weniger Entwicklungsleistung aus und würde auch eher bei den Endkunden akzeptiert. Nur so lasse sich für den Endkunden ein erkennbarer Mehrwert erzeugen. «Wir verwenden daher unsere bewährten Standardkomponenten im Gesamtsystem, mit denen sich ein spürbarer Vorteil, funktional wie wirtschaftlich, erreichen lässt.»
Endverbraucher spricht Linde Hydraulics seltener an, sondern eher die Fachleute, die diese Botschaft ihren Kunden vermitteln und so das Image der Fluidtechnik indirekt verbessern. Auch in dieser Hinsicht ist Herr Lobb-Rabe begeistert von der Sonderschau, weil sie den Ausstellern die Chance bietet, das clevere Zusammenspiel der Fluidtechnik mit den unterschiedlichen Technologien vorzuführen.
«Gesundheitszustand» einer Pumpe im laufenden Betrieb detektieren
Moog – Auf Hybridtechnik setzt Moog. Das Unternehmen führte das elektrohydrostatische Antriebssystem (EAS) vor: Es arbeitet mit einer drehzahlvariablen Pumpe, die sich direkt an einem Steuerblock oder Hydraulikzylinder montieren lässt. Die Hauptrolle spielt die elektrohydrostatische Pumpeneinheit (EPU), mit der ein OEM, Systemintegrator oder Endnutzer dezentrale Antriebsstrukturen verwirklichen kann. Für EAS spricht auch, dass sich damit Power-on-demand verwirklichen lässt.
Der Demonstrator stiess erwartungsgemäss auf grosses Interesse. «Die Lösung kam gut an. Das Resümee fällt daher für uns positiv aus», konstatiert Dr.-Ing. Tino Kentschke, Entwicklungsingenieur bei der Moog GmbH, Böblingen. Zwar führte Moog nicht wie andere einen Besucher anlockenden Eyecatcher an, doch blieben die für die Böblinger wichtigen Fachbesucher mit technischem Hintergrund stehen.
Die Experten interessierte unter anderem, wie Anwender mit Hilfe der Sensorik bei Abweichungen von Drehzahlsignal und Achsbewegung die Fehlerursache ermitteln können. Sie können im Prinzip den «Gesundheitszustand» der Pumpe on the fly – also im laufenden Betrieb – detektieren. Moog hat das elektrohydrostatisches Antriebssystem daher auch auf der Sonderschau vorgestellt, weil es perfekt zur Thematik passt.
Clevere Zusammenspiel von Mechanik und Elektronik
Schaeffler – Das clevere Zusammenspiel von Mechanik und Elektronik demonstrierte Schaeffler mit einem gläsernen Fahrrad mit automatischer Fahrradschaltung VELOMATIC, die für den optimalen Gang und Schaltvorgang sorgt. Die Fahrradautomatik erleichtert nicht nur das Fahren, sondern schont dank effektiv arbeitender Gangschaltung auch die knappen elektrischen Akkureserven. Dass es Schaeffler auf der Sonderschau aber nicht primär um Werbung für ihre Fahrradschaltung geht, beweist ein Blick auf die Visitenkarte des Standmanagers Phillip Neuwirth: Er arbeitet als Spezialist im Branchenvertrieb Industrie 4.0 bei Schaeffler in Herzogenrath.
«Nicht nur an unserem Hauptstand, sondern auch hier erhalten wir wertvolle Firmenkontakte», berichtet Neuwirth. «Der Gesprächseinstieg über ein auf der Hannover Messe vielleicht unerwartetes E-Bike ermöglicht Gedankenspiele, die oft in sehr kreative und tiefer gehende Gespräche münden.»
Als richtigen Weg bezeichnete er den neuen Oberbegriff «Smart Power Transmission and Fluid Power Solutions» der Sonderschau, auf der das Unternehmen aufzeigte, wie sich mit intelligenter Aktorik und Sensorik nicht nur die Lebensdauer von Wälzlagern verlängern, sondern auch der Energieverbrauch senken lässt. «Wir besitzen sehr viel Know-how aus verschiedenen Branchen, das wir nun dank smarter Technologie in die Produkte «hinein packen» können», meint der Spezialist. Dazu passe auch das neue Sonderschau-Motto «Smart Power Transmission and Fluid Power Solutions» – als konsequente Weiterentwicklung des Themas «Predictive Maintenance».
Mit interdisziplinären Technologien neue Funktionen eröffnen
VDMA[nbsp]– «Die Intention der Sonderschau ist, mit Exponaten für unterschiedlichste Applikationen dem Besucher zu vermitteln, was es eigentlich bedeutet, wenn über Industrie 4.0, Digitalisierung, Vernetzung und Kommunikation in Komponenten und Systemen gesprochen wird. Die menschliche Intelligenz ist Voraussetzung dafür, verschiedene Technologien für intelligentere Komponenten und Systeme überhaupt verschmelzen zu können. Interdisziplinäre Technologien eröffnen neue Funktionen und neue Möglichkeiten der Vernetzung und Kommunikation.»
Impressum
Autor: Nikolaus Fecht
Bilder: Nikolaus Fecht
Publiziert von Technik und Wissen (ea)
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