Am FHNW Campus Brugg-Windisch entsteht mit Marscape ein einzigartiges Testgelände für Mars-Rover. Es ist eine marsähnliche Landschaft, die Forschung und Technik fördert. Die realitätsnahe Umgebung ermöglicht Tests für autonome Systeme und lädt zugleich zur Begegnung ein.


Von Eugen Albisser, Chefredaktor Digital «Technik und Wissen»


Es braucht nicht immer Raketen, um eine Marslandschaft hautnah zu erleben. Bald schon wird man auf der Ostseite der Hallerbauten am FHNW Campus Brugg-Windisch in eine marsähnliche Umgebung eintauchen können. Studierende des zweiten Semesters im Studiengang Landschaftsarchitektur der OST – Ostschweizer Fachhochschule Rapperswil – gestalten in Zusammenarbeit mit FHNW ImFreien den Aussenraum neu – und so entsteht Marscape.

Die aufgeteilte Grünfläche umfasst eine Marslandschaft. Dies ist eine rötliche Fläche als Übungsplatz für den Mars-Rover, die Interesse an Raumfahrt, Technologie und Bildung für alle Altersgruppen wecken soll. Dazu gibt es ein Umwäldchen – ein Ort der Entspannung und Begegnung, der zudem einen positiven Umweltbeitrag leistet.

«Technik und Wissen» hat der FHNW ein paar schriftliche Fragen vorgelegt, um mehr über dieses Projekt zu erfahren.


Bewusst die Forschung einbezogen

Wie ist man eigentlich auf die Idee gekommen, eine Marslandschaft zu schaffen?

Martina Hänggi, die Kuratorin und Initiatorin von ImFreien, hat für die Bespielung des Aussenraums am FHNW Campus Brugg-Windisch bewusst die Forschung einbezogen. Dabei fiel ihr auf, dass der Aussenplatz mehrfachen Veränderungen unterworfen war, insbesondere als Treffpunkt für Rover-Aktivitäten am Campus. In diesem Kontext nahm sie Kontakt zu Arne Wahlen (Leiter Studiengang Maschinenbau) auf, um ein besseres Verständnis zu gewinnen und gemeinsam die Idee weiterzuentwickeln. Das Ziel ist, den Aussenraum gezielt und nachhaltig zu gestalten und dabei sowohl die Bedürfnisse der Rover-Gemeinschaft als auch die Möglichkeiten des Campusareals in den Fokus zu rücken.

Wie kann die Marslandschaft realitätsnah gestaltet werden?

Im Rahmen eines Kick-off-Events wurden die Studierenden des zweiten Semesters im Studiengang Landschaftsarchitektur an der OST – Ostschweizer Fachhochschule in Rapperswil mit dem Mars-Rover-Team und dem Mars-Rover selbst vertraut gemacht. Während der Veranstaltung wurden die spezifischen Anforderungen und Bedürfnisse des Teams vorgestellt und gemeinsam diskutiert, um mögliche Lösungen zu erarbeiten.

Die technischen Anforderungen

Welche technischen Anforderungen mussten dabei berücksichtigt werden?

  • Fläche: ca. 15 × 20 m
  • Untergrund: Sand, Kies, eckige Steine, optional Wasser (max. 3 cm tief)
  • Topografie: hügelig mit bis zu 50° Steigungen, Kraterlandschaft
  • Gräben: ca. 60 cm breit, 40 cm tief, mehrere Meter lang
  • Loch: 30 cm Durchmesser, 60 cm tief, mit Sand gefüllt
  • Tunnelsystem im Kraterrand, verschliessbar
  • Keine festgelegten Parcours, sondern verschiedene Untergründe und Hindernisse
  • Nähe zu asphaltierten Zugangswegen
  • Infrastruktur: Stromanschluss, WiFi-Sender
  • Veranstaltungen: Platz für 50–70 Zuschauer pro Anlass

Welche Materialien und Technologien werden bei der Gestaltung der Marslandschaft verwendet, um eine möglichst realitätsnahe Marsumgebung zu schaffen?

Für das Projekt werden Steine aus dem Steinbruch Röt verwendet, darunter rot und gelb gemusterter Schilfsandstein aus Oberhofen. Der Oberhofener Schilfsandstein trägt seinen Namen aufgrund der beeindruckenden Abdrücke fossiler Schachtelhalme und Farne, die sich im Gestein finden. Diese einzigartigen Muster stammen aus der Triaszeit vor rund 250 Millionen Jahren und verleihen dem Material eine besondere historische und ästhetische Bedeutung.

Marsgelände ähnlich wie beim Finale der «European Rover Challenge»

Welche konkreten Forschungsexperimente oder Tests können auf dem Marsgelände durchgeführt werden?

Das Marsgelände nimmt Bezug auf die lokalen Gegebenheiten beim Finale der «European Rover Challenge» (ERC), welche jährlich in Polen durchgeführt wird. Dort wird ein Stadtpark jeweils in eine rote Marslandschaft mit diversen Hügeln und Hindernissen umgebaut.

Auf diesem Gelände müssen die verschiedenen Mars-Rover diverse «Challenges» meistern, wie z. B. eine Bodenprobe entnehmen oder autonom über das Gelände navigieren. All diese Aufgaben sollen auch auf unserem Marsgelände durchführbar sein. Das FHNW-Rover Team konnte diesen Wettbewerb übrigens im 2024 gewinnen.


Mehr dazu im Bericht: FHNW-Rover-Team gewinnt ERC


Können Sie noch etwas mehr zu diesem FHNW-Rover-Team erfahren?

Das FHNW-Rover-Team besteht aus einer interdisziplinären Gruppe von Studierenden der Hochschule für Technik und Umwelt sowie der Hochschule für Informatik (Studiengänge Elektro- und Informationstechnik, Maschinenbau und Informatik) der FHNW. Sie entwickeln jeweils in zwei Semestern als Teil eines Studierendenprojekts einen Mars-Rover, der über unwegsames Gelände navigieren, wissenschaftliche Experimente durchführen und technische Wartungsaufgaben ausführen kann.

«Unser Mars-Rover wird nie echten Marsboden befahren»

Wie werden die Ergebnisse für die Industrie oder zukünftige Mars-Missionen relevant sein?

Unser Mars-Rover wird nie echten Marsboden befahren. Die Errungenschaften auf unserem Marsgelände werden also nie direkt den Sprung auf den Mars schaffen. Der ERC ist ein internationales Wettbewerbsformat für Hochschulen mit herausfordernden Aufgaben in einem Weltraumkontext. Dank Sponsoren besitzen einige Komponenten unseres Rovers jedoch Ähnlichkeiten mit echten Mars-Rovern (Motoren, Sensoren). Es ist durchaus möglich, dass diese Technologien in zukünftigen Mars-Missionen Verwendung finden.

Wie wurden die Anforderungen autonomer Systeme wie des FHNW-Rovers in die Gestaltung der Marslandschaft integriert?

Die Umgestaltung des Geländes soll primär den Studierenden als Rückzugs- und Erholungsort dienen. Die Anforderungen bezüglich der Mars-Charakteristik wurden deshalb bewusst in den Hintergrund gestellt, obwohl rein optisch ein Bezug hergestellt wird. Ein Einbezug von autonomen Systemen ist im Marscape aktuell nicht geplant. Es werden also auch in naher Zukunft keine Drohnen über den Park fliegen, um den Mars-Rover zu navigieren.

Schwächen der eingesetzten Technologien aufzeigen

Gibt es besondere technische Hilfsmittel oder Herausforderungen für den Rover-Einsatz?

Der Mars-Rover wird durch eine separate Steuerzentrale angesteuert. Diese ist jedoch autonom und kann am Rand des Geschehens positioniert werden.

Inwiefern können die Erkenntnisse aus der Rover-Forschung und der Marslandschaft auf die industrielle Praxis übertragen werden?

Die bisherigen drei Generationen an Mars-Rovern der FHNW haben die Schwächen der eingesetzten Technologien jeweils sehr gut aufgezeigt, sei es in mechanischen Belangen wie Festigkeit oder Verschleiss, oder in elektrischen Bereichen wie Steuerungen, Sensoren und Bordelektronik. Diese Erkenntnisse werden in die nächste Rover-Generation übertragen, und das Produkt wird kontinuierlich optimiert.

Gibt es Pläne zur technischen Weiterentwicklung der Marslandschaft?

Momentan sind wir froh und stolz, die Marslandschaft überhaupt umsetzen zu können. Falls der bauliche Mehraufwand für weitere Ausbauetappen überschaubar ist, steht einer Erweiterung – auch unter Berücksichtigung ökologischer Rahmenbedingungen – nichts im Wege.

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