Perfekte Zündung dank generativer Fertigung

Der Triebwerk-Einspritzkopf der Ariane 6 besteht nun nur noch aus einem einzigen Bauteil

Perfekte Zündung dank generativer Fertigung

Der Triebwerk-Einspritzkopf der Ariane 6 besteht nun nur noch aus einem einzigen Bauteil

 

Scroll down

Durch die pulverbettbasierte, industrielle 3D-Druck-Technologie von EOS gelang es, die 122 Einspritzdüsen, die Grund- und Frontplatte sowie den Verteilerdom mit den entsprechenden Zuleitungsstutzen für die Treibstoffe Wasserstoff und Sauerstoff als integrales Bauteil zu drucken.


Eine bis zu mehreren hundert Millionen teure Weltraum-Mission hängt von sogenannten Klasse-1-Bauteilen ab. Ingenieure sind kontinuierlich bestrebt, solche Komponenten mit höchster Qualität, Funktionalität und Robustheit zu entwickeln und dabei sowohl die Fertigungskette zu vereinfachen als auch die Anzahl der Einzelbauteile zu reduzieren. Mithilfe von EOS-Technologie hat ArianeGroup, ehemals Airbus Safran Launchers, diese Maxime neu definiert: Der Einspritzkopf eines Raketentriebwerks am Beispiel des Ariane 6-Oberstufentriebwerks Vinci zählt statt 248 Teile nur noch eines. Der Einspritzkopf wurde im wahrsten Sinne des Wortes «ver-ein-facht» und wird als All-in-One-Design (AiO) bezeichnet. Dabei bleibt der Funktionsumfang gleich – bei maximal reduziertem Zeitaufwand.

Der Einspritzkopf eines Raketentriebwerks am Beispiel des Ariane 6-Oberstufentriebwerks Vinci zählt statt 248 Teile nur noch eines.

Die Formulierung «aus einem Guss» muss damit der Aussage «aus einem Druck» weichen. Durch die deutlich höhere Produktivität des Multi-Laser-Systems EOS M 400-4 im Vergleich zu Single-Laser-Systemen konnten am Beispiel des AiO-Einspritzkopfs die Bauzeit um Faktor 3 reduziert und die Kosten um 50 Prozent reduziert werden. Durch die Vereinfachung des Designs und dank der verbesserten Werkstoffeigenschaften im Vergleich zur Gussqualität konnte mittels der additiven Technologie die Wandstärke deutlich verringert werden – und das bei gleichbleibender Robustheit. Eine Reduktion um 25 Prozent in puncto Gewicht bedeutet auch eine Reduktion der Aufbauzeit und natürlich Kosten.

Durch Bearbeitungsschritte wie Giessen, Löten, Schweissen und Bohren entstehen Schwachstellen

Die Europäische Weltraumorganisation ESA möchte mittels einer effizienten Trägerraketentechnik eine starke und unabhängige Position im Weltraumverkehr einnehmen. Um dies zu erreichen, wurde ArianeGroup, ein Gemeinschaftsunternehmen der Airbus Group und des französischen Konzerns Safran, mit dem Bau der Ariane 6 beauftragt. Ariane ist eine Serie von europäischen Trägerraketen, mit denen schwere Nutzlasten in die Erdumlaufbahn befördert werden können, so zum Beispiel Kommunikationssatelliten. Ab 2025 soll Ariane 6 die heutige Version 5 ablösen und Europa den Zugang zum All zu einem wettbewerbsfähigen Preis sichern. Die Kostenreduktion ist durch den Verzicht auf öffentliche Geldzuschüsse das gesetzte Ziel bei diesem Projekt. Der Fokus liegt auf dem Oberstufentriebwerk der Rakete, das den Antrieb nach Verlassen des Orbits übernimmt.

Einsparung von Bearbeitungsschritten setzt das enorme wirtschaftliche Potenziale frei

In einem Raketentriebwerk wirken enorm hohe Kräfte unter extremen Bedingungen. Dafür ist ein Höchstmass an Zuverlässigkeit und Präzision bei geringer Baugrösse gefragt. Der Einspritzkopf ist eines der zentralen Elemente des Triebwerks, da er das Treibstoffgemisch in den Brennraum einbringt. Konventionell hergestellt besteht er aus 248 Bauteilen, die in verschiedenen Fertigungsschritten produziert und montiert werden. Durch die Bearbeitungsschritte wie Giessen, Löten, Schweissen und Bohren entstehen Schwachstellen, die bei extremen Belastungen ein Risiko darstellen können. Darüber hinaus sind die vielen Schritte zeitaufwendig und komplex. Bei konventioneller Fertigung werden im Bereich der Einspritzelemente über 8000 Querbohrungen in Kupferhülsen gebohrt, die anschliessend mit den 122 Einspritzelementen präzise verschraubt werden, um den durchströmenden Wasserstoff mit dem Sauerstoff im Element zu vermischen. Ein Blick auf solche Zahlen macht deutlich, dass aus Sicht des Risikomanagements ein funktionsintegriertes Bauteil, das alle Komponenten in sich vereint, das ehrgeizige Ziel sein muss. Wenn damit zusätzlich Bearbeitungsschritte und Produktionszeit eingespart werden, setzt das enorme wirtschaftliche Potenziale frei, insbesondere für ein Bauteil der Klasse 1.

Veröffentlicht am: