Sci-Fi-Glosse aus dem Jahr 2001
Sieht so die Zerspanung im Jahr 2021 aus?
«Gedankenspielerei: Sieht so die Zerspanung der Zukunft aus?» - diesen Titel wählte der Fachjournalist Nikolaus Fecht im Jahr 2001 für eine Glosse in der Fachzeitschrift «maschine + werkzeug». Nikolaus Fecht, von dem Leser und Leserinnen auch ab und zu auf «Technik und Wissen» lesen, versuchte also vor rund 19 Jahren einige Entwicklungen vorwegzunehmen. Erstaunlich, was er sich damals alles so ausdachte. Und erstaunlich, wo wir heute stehen. Ob es sich deckt? Lesen Sie selbst!
Die Redaktion von «Technik und Wissen» hat inhaltlich am Artikel nichts geändert und einzig ein paar Zwischentitel gesetzt zur besseren Übersicht.
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Rosarote Zeiten in der Black-Box
Was wäre wenn? Diese drei Ws bestimmen die Arbeit von Futurologen und Science-Fiction-Autoren. Weil auch Fachzeitschriften ab und an - jenseits des trockenen Alltagsgeschäftes - der Blick in die Zukunft lockt, hier eine Gedankenspielerei zur künftigen zerspanenden Produktion. Der rote Faden ist die Black-Box.
Autor: Nikolaus Fecht, Fachjournalist aus Gelsenkirchen
«Und sie zerspanen hier tatsächlich rund um die Uhr Werkstücke in allen Grössen aus allen Materialien – kann man denn so überhaupt Profit machen?», fragt neugierig Kurt Columna, Chefreporter des Boulevard-Blattes Technik-Bild. Wir befinden uns im Jahr 2021: Im Rahmen einer Vorpressekonferenz zur EMO Hannover besucht eine internationale Fachjournalistenschar CUT-TEC, einen der weltweit modernsten Job-Shops für Zerspanung im Ortsteil Gelsenkirchen von Ruhr-City, einem Zusammenschluss aller Ruhrgebietsstädte zu einer Mega-Metropole mit mittlerweile 13 Millionen Einwohnern.
Die Provokation erwidert grimmig Dr.-Ing. Yrina Schiffer, CUT-TEC-Chefin und Ururenkelin des Firmengründers: «Unser Betrieb besteht seit 1848 und ging seitdem nicht Pleite! Er hat als Zulieferer der Kohlegruben die Bergbaukrisen überlebt, als Job-Shop der Automobilindustrie Lopez überstanden und auch den E-Commerce-Poker um die weltweit besten Preise gewonnen.»
«Die Werkzeugmaschine der Zukunft arbeitet als Black-Box»
«Worin liegt denn das Erfolgsgeheimnis?» hakt Dottore Giovanni Grappini von Italian Machine Tools nach. Die Firmenchefin erwidert: «Wir setzen von Anfang an, also seit zehn Jahren, auf die Black-Box-Technik.» Während die meisten Fachjournalisten nicken, ruft der ratlose Chefreporter Columna über seinen intelligenten Anzug eine Definition aus dem Internet ab. Kurz darauf tönt in seinem Hörknopf im Ohr der elektronische Vorleser: «Es folgt ein Zitat aus dem Lexikon von maschine + werkzeug, 10/2010, Seite 3. «Die Werkzeugmaschine der Zukunft arbeitet als Black-Box. Sie steht irgendwo in der Ecke: Nur an einem Handhabungsroboter oder einem Förderband lässt sich die Black-Box von einer Klimaanlage unterscheiden.
Ersatzteile und Werkzeuge bestellen die Black-Boxes automatisch per Internet.
Bedient werden mehrere dieser Anlagen von Mitarbeitern, die elegant auf Rollschuhen mit abgasfreiem Elektro-Antrieb von Black-Box zu Black-Box eilen. Maschinenzustände rufen sie über eine Tastatur ab, die sich in dem Ärmel ihres intelligenten Anzugs befindet. Die Ergebnisse projiziert eine Datenbrille direkt auf die Augen oder «flüstert» ein elektronischer Vorleser ins Ohr. Wahlweise gibt es für das unfallfreie Fahren auch noch Bildschirme, die in die Ärmel integriert sind. Ersatzteile und Werkzeuge bestellen die Black-Boxes automatisch per Internet. Diese Teile kommen auf fahrerlosen Transportsystemen zu ihnen. Roboter entnehmen die Teile und bestücken die Maschinen damit oder reparieren sie.»
Sci-Fi-Glosse aus dem Jahr 2001
Sieht so die Zerspanung im Jahr 2021 aus?
«Gedankenspielerei: Sieht so die Zerspanung der Zukunft aus?» - diesen Titel wählte der Fachjournalist Nikolaus Fecht im Jahr 2001 für eine Glosse in der Fachzeitschrift «maschine + werkzeug». Nikolaus Fecht, von dem Leser und Leserinnen auch ab und zu auf «Technik und Wissen» lesen, versuchte also vor rund 19 Jahren einige Entwicklungen vorwegzunehmen. Erstaunlich, was er sich damals alles so ausdachte. Und erstaunlich, wo wir heute stehen. Ob es sich deckt? Lesen Sie selbst!
Die Redaktion von «Technik und Wissen» hat inhaltlich am Artikel nichts geändert und einzig ein paar Zwischentitel gesetzt zur besseren Übersicht.
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Rosarote Zeiten in der Black-Box
Was wäre wenn? Diese drei Ws bestimmen die Arbeit von Futurologen und Science-Fiction-Autoren. Weil auch Fachzeitschriften ab und an - jenseits des trockenen Alltagsgeschäftes - der Blick in die Zukunft lockt, hier eine Gedankenspielerei zur künftigen zerspanenden Produktion. Der rote Faden ist die Black-Box.
Autor: Nikolaus Fecht, Fachjournalist aus Gelsenkirchen
«Und sie zerspanen hier tatsächlich rund um die Uhr Werkstücke in allen Grössen aus allen Materialien – kann man denn so überhaupt Profit machen?», fragt neugierig Kurt Columna, Chefreporter des Boulevard-Blattes Technik-Bild. Wir befinden uns im Jahr 2021: Im Rahmen einer Vorpressekonferenz zur EMO Hannover besucht eine internationale Fachjournalistenschar CUT-TEC, einen der weltweit modernsten Job-Shops für Zerspanung im Ortsteil Gelsenkirchen von Ruhr-City, einem Zusammenschluss aller Ruhrgebietsstädte zu einer Mega-Metropole mit mittlerweile 13 Millionen Einwohnern.
Die Provokation erwidert grimmig Dr.-Ing. Yrina Schiffer, CUT-TEC-Chefin und Ururenkelin des Firmengründers: «Unser Betrieb besteht seit 1848 und ging seitdem nicht Pleite! Er hat als Zulieferer der Kohlegruben die Bergbaukrisen überlebt, als Job-Shop der Automobilindustrie Lopez überstanden und auch den E-Commerce-Poker um die weltweit besten Preise gewonnen.»
«Die Werkzeugmaschine der Zukunft arbeitet als Black-Box»
«Worin liegt denn das Erfolgsgeheimnis?» hakt Dottore Giovanni Grappini von Italian Machine Tools nach. Die Firmenchefin erwidert: «Wir setzen von Anfang an, also seit zehn Jahren, auf die Black-Box-Technik.» Während die meisten Fachjournalisten nicken, ruft der ratlose Chefreporter Columna über seinen intelligenten Anzug eine Definition aus dem Internet ab. Kurz darauf tönt in seinem Hörknopf im Ohr der elektronische Vorleser: «Es folgt ein Zitat aus dem Lexikon von maschine + werkzeug, 10/2010, Seite 3. «Die Werkzeugmaschine der Zukunft arbeitet als Black-Box. Sie steht irgendwo in der Ecke: Nur an einem Handhabungsroboter oder einem Förderband lässt sich die Black-Box von einer Klimaanlage unterscheiden.
Ersatzteile und Werkzeuge bestellen die Black-Boxes automatisch per Internet.
Bedient werden mehrere dieser Anlagen von Mitarbeitern, die elegant auf Rollschuhen mit abgasfreiem Elektro-Antrieb von Black-Box zu Black-Box eilen. Maschinenzustände rufen sie über eine Tastatur ab, die sich in dem Ärmel ihres intelligenten Anzugs befindet. Die Ergebnisse projiziert eine Datenbrille direkt auf die Augen oder «flüstert» ein elektronischer Vorleser ins Ohr. Wahlweise gibt es für das unfallfreie Fahren auch noch Bildschirme, die in die Ärmel integriert sind. Ersatzteile und Werkzeuge bestellen die Black-Boxes automatisch per Internet. Diese Teile kommen auf fahrerlosen Transportsystemen zu ihnen. Roboter entnehmen die Teile und bestücken die Maschinen damit oder reparieren sie.»
Standardisierung: Fünf Einheitsgrössen für alle Werkzeugmaschinen
«...diese Technik wurde in den letzten Jahren von dem europäischen WZM-Verband CECIMO perfektioniert, dessen Mitgliedsländer sich auf einen Standard in verschiedenen Grössen geeinigt haben», sagt gerade Frau Dr. Schiffer, als Columnas Vorleser endet. Es gibt fünf Einheitsgrössen, die alle Maschinentypen von der winzigen Standardmaschine bis zum Grossportal mit Zugangstor abdecken. Die Black-Boxes arbeiten wahlweise unter normaler Belüftung, mit örtlicher Belüftung zum Kühlen oder aber auch unter Vakuum oder Gas, wenn es sich um leicht explodierende Werkstoffe handelt. Kanäle zur Minimalmengenschmierung und zum Absaugen von Spänen sind bereits integriert.
«Va bene», meint Dottore Grappini, «aber diese Einheitskisten finden sich doch heute in der erweiterten EU wegen den rigiden Öko-Auflagen in jedem europäischen Job-Shop. Wo liegt das Spezielle, doch nicht in ihrer netten Lackierung in Blau-Weiss?» In der Tat steht und fällt der Wettbewerbsvorteil heute mit dem Inneren der Black-Boxes. Auf ihre Ausstattung haben sich kleine, flinke Firmen und Institute spezialisiert, die per Internet weltweit die besten Zutaten zu einer guten Black-Box einkaufen und wahlweise auf Mass schneidern lassen.
Leistungsstarke Magnete heben tonnenschwere Werkstücke
«Wir entwickelten unsere 30 Maschinen zusammen mit dem Kompetenzcenter Virtual-Reality in Dortmund, einem Spin-off der dortigen Universität», erklärt die Firmenchefin. «Fast alle Anlagen verfügen über drei- bis sechsbeinige digitale Direktantriebe, mit denen wir komplexe Werkstücke in einem Gang komplett bearbeiten.» Für den geringen Anteil an Nacharbeiten erhielten die Gelsenkirchener die Sondererlaubnis zum Betrieb von drei alten Bearbeitungszentren mit X-Y-Z-Steuerung, welche sie nicht nur einem Öko-Refitting unterzogen, sondern auch mit Magnetschwebetechnik bestückten.
Auf leistungsstarken Magneten «schweben» selbst tonnenschwere Werkstücke in den Bearbeitungsraum. Das verschleisslose System gleicht dank der individuell verstellbaren Steifigkeit auch bei den BAZ-Museumsstücken jegliche Ungenauigkeiten in der Führung aus. Auf diese Weise arbeiten auch die alten Schätzchen fast genauso präzise wie die Parallelkinematiken, bei denen sich die Bearbeitungsqualität über die Software positiv beeinflussen lässt.
Einsicht auf alle Kommunikationen der Werkzeugmaschinen
Nicht nur die Maschinen, sondern die gesamte Fabrik entstand auf dem Computer. Ausser Produktion, Materialfluss, Beleuchtung, Klima und Heizung simulierte die promovierte Elektrotechnikerin mit den Dortmunder Experten die Zusammenarbeit von Watt und Bit: «Wir nahmen sogar virtuell unter die Lupe, wie die Steuerungen der Maschinen mit dem drahtlosen Netzwerk im Betrieb und mit dem externen Netzen kommunizieren. Bei der Anpassung half uns die Entscheidung der führenden Steuerungshersteller, ihre NC-Kernel offen zu legen. Auf diese Weise konnten wir mit externer Hilfe CNC, CAD und elektronische Dienste aller Art aneinander anpassen.» Wegen der Offenheit und seiner Stabilität entschied sich das Unternehmen aus Ruhr-City dann auch für Linux E-Manufacturing, das als Newcomer unter den Netzbetriebssystemen mit einem indischen Telekomunternehmen zusammenarbeitet.
High-Performance-Fräsen von Magnesium mittels Trockenbearbeitung
Die Gruppe ging weiter zur Black-Box Nr. 04, dem Highlight von CUT-TEC. Stolz meint Dr. Schiffer: «Bekanntlich hat sich im Zuge des Leichtbaus ja der Anteil an Magnesiumteilen drastisch erhöht. Hier fräsen wir als weltweit erster Betrieb völlig trocken Magnesiumteile für die Automobilindustrie.» Dieser einmaligen Prozesstechnik verdankt der nur 300 Mitarbeiter zählende Job-Shop einige Grossserienaufträge aus der Autoindustrie. «Wie schneiden Sie diesen problematischen Werkstoff, ohne dass ihnen der Betrieb abbrennt», bringt es Diplom-Ingenieur Xian Hu vom chinesisch-deutschen Online-Magazin WWW.CUT.COM auf den heissen Punkt.
Kurz entschlossen ruft der ratlose Chefreporter von Technik-Bild das Archiv seines Blattes auf. Der elektronische Vorleser flüstert ihm ins Ohr: «Brockhaus Online-Ausgabe 2019, Kennwörter Magnesium + Bearbeitung. Magnesium ist ein leicht entflammbarer Werkstoff, der bereits bei 650 Grad Celsius zu brennen beginnt. Kommt Magnesium mit Wasser in Berührung, bildet sich Wasserstoff, der Stichflammen und Verpuffungen auslöst. Zur Hochgeschwindigkeitszerspanung bedarf es bisher teurer, massgeschneiderter Gemische, die nicht zur Wasserstoffbildung neigen, aber ebenso gut kühlen wie wasserhaltige Stoffe. Der Nachteil: Echtes High Performance Cutting (HPC) liess sich bisher bei Magnesium nicht realisieren.»
Frühzeitig die Minimalmengenschmierung auf allen Maschinen eingeführt
Warum HPC nun bei CUT-TEC klappt, erfährt der Chefreporter kurz darauf von der gebürtigen Gelsenkirchenerin: «Wir beteiligten uns frühzeitig am Netzwerk Trockenbearbeitung des VDW, mit dessen Hilfe wir frühzeitig die Minimalmengenschmierung auf allen Maschinen einführten. Bei einem dieser Workshops trafen wir schliesslich auf einen Experten für das Zerspanen unter Vakuum und Gas.» Nach einigen Experimenten, für die CUT-TEC Fördermittel erhielt, entstand bei einem WZM-Dienstleister die weltweit erste Magnesium-Maschine.
Details will Dr. Schiffer nicht verraten, nur so viel gibt sie preis: «Unser Goldesel schneidet mit enormen Tempo unter einem Spezialgas. Alle teuren Magnesiumschnipsel lassen sich wiederverwerten, da sie nicht mit klebrigen MMS-Ölen verschmutzt sind. Die idealen Parameter entstanden übrigens auf einer virtuellen Werkzeugmaschine, auf der wir alle Bearbeitungsgänge simulierten - einschliesslich der Gasströmung und Temperaturen. Dank dieser exakten Simulation erlaubte uns übrigens die zuständige Betriebsgenossenschaft, eine preiswertere Black-Box einer niedrigeren Ex-Schutz-Klasse zu verwenden.»
Die Maschine repariert sich gleich selber
Plötzlich blinkt an einer Black-Box in einer Ecke der Fabrikhalle ein rotes Lämpchen auf. Diese Betriebszustands-Ampeln vergangener Tage sind aber eher ein nostalgisches Relikt vergangener Maschinenbauzeiten, denn es eilt bereits auf elektrischen Rollschuhen ein von der Maschine per Handy alarmierter Servicetechniker herbei. «Kein Grund zur Panik», beruhigt die Firmenchefin, «es handelt sich nur um einen simulierten Show-Effekt, weil Journalisten im Haus sind. Falls etwas schief geht, repariert sich die Black-Box in 9 999 von 10 000 Fällen selbst. Dazu nimmt sie Kontakt mit den betreffenden Herstellern auf und bestellt völlig autark Ersatzteile. Nur im schlimmsten Fall der Ausfälle ruft sie unseren Instandhalter per Handy.»
Im Hintergrund läuft stets ein Überwachungsprogramm
Die Telemaintenance erleichtert seit fast zwei Jahrzehnten der «elektronische Fingerabdruck» jeder Maschine, den Siemens auf der EMO 2001 im Rahmen des damals neuen Dienstleistungsangebotes ePS (Electronic Production Services) erstmals vorstellte. Im Jahr 2021 verfügt jeder Hersteller über ein ähnliches Dienstleistungsprogramm. Nur Lob gibt es von Dr. Schiffer für den elektronischen Fingerabdruck: «Ein Produktionsleben ohne ihn ist für mich nicht mehr denkbar.»
Das elektronische Archiv der Steuerung speichert bei jedem Bearbeitungsgang und bei jedem Störfall alle wichtigen Randbedingungen und Parameter. Diese rufen die elektronischen Helfer auf, wenn eine Maschine ausfällt oder wenn die Bearbeitung eines neuen Werkstückes ansteht. Die Ausfälle gingen allerdings dank des elektronischen Fingerabdrucks deutlich zurück, denn im Hintergrund läuft stets ein Überwachungsprogramm, dass im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung rechtzeitig den Wechsel oder die Wartung anordnet.
«Dezentralisierten und Standardisierten Installationstechnik, DESINA» für Werkzeugmaschinen
Dieses Programm kann aber erst in die hinterste Ecke einer Black-Box blicken seit dem Siegeszug von DESINA, der «Dezentralisierten und Standardisierten Installationstechnik» für Werkzeugmaschinen. Die VDW-Aktivität aus dem letzten Jahrtausend kam erst richtig in Schwung im Jahre 2 003, als der japanische Automobilverband ankündigte, dass seine Mitglieder künftig nur noch Werkzeugmaschinen nach dem DESINA-Standard ordern.
Aufgeschreckt durch den japanischen Vorstoss, nahmen die Deutschen DESINA in Ihre Maschinenvorschrift VDA 6.4. auf. Kurz darauf verkündeten die Big Three aus USA in ungewohnter Schnelle, dass die Maschinenrichtlinie QS 9000 TES ab sofort DESINA-Konformität verlangt. In kürzester Zeit gab es ohne Aufpreis nur noch WZM-Komponenten mit DESINA-Konfiguration, selbst die Hersteller von Hydraulik und Pneumatik zogen nun «freiwillig» mit.
Sicherheitsrelevante und «normale» Signale auf einer Datenleitung
Die DESINA-Idee kam in Ruhr-City gut an. Von Anfang an orderte CUT-TEC nur noch Black-Boxes mit der kompletten DESINA-Ausstattung: Die Gelsenkirchener Maschinen besitzen auch einen DESINA-Feldbus mit erweitertem Protokoll, das die gleichzeitige Übertragung sicherheitsrelevanter und «normaler» Signale auf einer Datenleitung erlaubt. Damals klang das nach Science-Fiction, heute zählt es zum Standard.
Lob der Firmenchefin beim Rundgang: «Ich war besonders angetan von der Möglichkeit, Not-Aus-Schalter oder Schutzgitterüberwachungen direkt an den Feldbus anzuschliessen. Separate kontaktbehaftete Verriegelungen für Sicherheitsfunktionen und ihre aufwendige Montage sind seitdem für uns passé.» Es handelt sich also um einen besonders wichtigen Aspekt bei der Vielzahl von Robotern sowie Handhabungsgeräten, bei denen die zuständige Berufsgenossenschaft auch im Jahr 2021 immer noch sehr strenge Sicherheitsauflagen macht.
Die menschliche Firewall
Wegen des hohen Automatisierungsgrades fällt den Journalisten beim Ende des Rundganges sofort der Leitstand auf, in dem eine Mitarbeiterin permanent mehrere Computer überwacht und bedient. «Sie sprachen doch von durchgängig vollautomatischem Betrieb und Service. Was macht denn dann diese Frau dort?», fragt überrascht Online-Reporter Xian Hu. «Das ist unsere menschliche Firewall», grinst die Firmenchefin.
«Trotz allem Hightech gelang es keinem Anbieter, einen völlig sicheren elektronischen Schutzwall, also Firewall, gegen Hacker zu entwickeln. Seitdem freundliche Wettbewerber uns einmal ausspioniert hatten und unser System mehrmals mit Viren verseucht wurde, sitzt jetzt hier stets eine clevere Frau oder ein pfiffiger Mann, um permanent einen prüfenden Blick auf alle Systemzugriffe zu werfen. Ein absolut sicheres EDV-Netzwerk ohne Operator halte ich für echte Science-Fiction!»
Frühzeitig die Minimalmengenschmierung auf allen Maschinen eingeführt
Warum HPC nun bei CUT-TEC klappt, erfährt der Chefreporter kurz darauf von der gebürtigen Gelsenkirchenerin: «Wir beteiligten uns frühzeitig am Netzwerk Trockenbearbeitung des VDW, mit dessen Hilfe wir frühzeitig die Minimalmengenschmierung auf allen Maschinen einführten. Bei einem dieser Workshops trafen wir schliesslich auf einen Experten für das Zerspanen unter Vakuum und Gas.» Nach einigen Experimenten, für die CUT-TEC Fördermittel erhielt, entstand bei einem WZM-Dienstleister die weltweit erste Magnesium-Maschine.
Details will Dr. Schiffer nicht verraten, nur so viel gibt sie preis: «Unser Goldesel schneidet mit enormen Tempo unter einem Spezialgas. Alle teuren Magnesiumschnipsel lassen sich wiederverwerten, da sie nicht mit klebrigen MMS-Ölen verschmutzt sind. Die idealen Parameter entstanden übrigens auf einer virtuellen Werkzeugmaschine, auf der wir alle Bearbeitungsgänge simulierten - einschliesslich der Gasströmung und Temperaturen. Dank dieser exakten Simulation erlaubte uns übrigens die zuständige Betriebsgenossenschaft, eine preiswertere Black-Box einer niedrigeren Ex-Schutz-Klasse zu verwenden.»
Die Maschine repariert sich gleich selber
Plötzlich blinkt an einer Black-Box in einer Ecke der Fabrikhalle ein rotes Lämpchen auf. Diese Betriebszustands-Ampeln vergangener Tage sind aber eher ein nostalgisches Relikt vergangener Maschinenbauzeiten, denn es eilt bereits auf elektrischen Rollschuhen ein von der Maschine per Handy alarmierter Servicetechniker herbei. «Kein Grund zur Panik», beruhigt die Firmenchefin, «es handelt sich nur um einen simulierten Show-Effekt, weil Journalisten im Haus sind. Falls etwas schief geht, repariert sich die Black-Box in 9 999 von 10 000 Fällen selbst. Dazu nimmt sie Kontakt mit den betreffenden Herstellern auf und bestellt völlig autark Ersatzteile. Nur im schlimmsten Fall der Ausfälle ruft sie unseren Instandhalter per Handy.»
Im Hintergrund läuft stets ein Überwachungsprogramm
Die Telemaintenance erleichtert seit fast zwei Jahrzehnten der «elektronische Fingerabdruck» jeder Maschine, den Siemens auf der EMO 2001 im Rahmen des damals neuen Dienstleistungsangebotes ePS (Electronic Production Services) erstmals vorstellte. Im Jahr 2021 verfügt jeder Hersteller über ein ähnliches Dienstleistungsprogramm. Nur Lob gibt es von Dr. Schiffer für den elektronischen Fingerabdruck: «Ein Produktionsleben ohne ihn ist für mich nicht mehr denkbar.»
Das elektronische Archiv der Steuerung speichert bei jedem Bearbeitungsgang und bei jedem Störfall alle wichtigen Randbedingungen und Parameter. Diese rufen die elektronischen Helfer auf, wenn eine Maschine ausfällt oder wenn die Bearbeitung eines neuen Werkstückes ansteht. Die Ausfälle gingen allerdings dank des elektronischen Fingerabdrucks deutlich zurück, denn im Hintergrund läuft stets ein Überwachungsprogramm, dass im Rahmen der vorbeugenden Instandhaltung rechtzeitig den Wechsel oder die Wartung anordnet.
«Dezentralisierten und Standardisierten Installationstechnik, DESINA» für Werkzeugmaschinen
Dieses Programm kann aber erst in die hinterste Ecke einer Black-Box blicken seit dem Siegeszug von DESINA, der «Dezentralisierten und Standardisierten Installationstechnik» für Werkzeugmaschinen. Die VDW-Aktivität aus dem letzten Jahrtausend kam erst richtig in Schwung im Jahre 2 003, als der japanische Automobilverband ankündigte, dass seine Mitglieder künftig nur noch Werkzeugmaschinen nach dem DESINA-Standard ordern.
Aufgeschreckt durch den japanischen Vorstoss, nahmen die Deutschen DESINA in Ihre Maschinenvorschrift VDA 6.4. auf. Kurz darauf verkündeten die Big Three aus USA in ungewohnter Schnelle, dass die Maschinenrichtlinie QS 9000 TES ab sofort DESINA-Konformität verlangt. In kürzester Zeit gab es ohne Aufpreis nur noch WZM-Komponenten mit DESINA-Konfiguration, selbst die Hersteller von Hydraulik und Pneumatik zogen nun «freiwillig» mit.
Sicherheitsrelevante und «normale» Signale auf einer Datenleitung
Die DESINA-Idee kam in Ruhr-City gut an. Von Anfang an orderte CUT-TEC nur noch Black-Boxes mit der kompletten DESINA-Ausstattung: Die Gelsenkirchener Maschinen besitzen auch einen DESINA-Feldbus mit erweitertem Protokoll, das die gleichzeitige Übertragung sicherheitsrelevanter und «normaler» Signale auf einer Datenleitung erlaubt. Damals klang das nach Science-Fiction, heute zählt es zum Standard.
Lob der Firmenchefin beim Rundgang: «Ich war besonders angetan von der Möglichkeit, Not-Aus-Schalter oder Schutzgitterüberwachungen direkt an den Feldbus anzuschliessen. Separate kontaktbehaftete Verriegelungen für Sicherheitsfunktionen und ihre aufwendige Montage sind seitdem für uns passé.» Es handelt sich also um einen besonders wichtigen Aspekt bei der Vielzahl von Robotern sowie Handhabungsgeräten, bei denen die zuständige Berufsgenossenschaft auch im Jahr 2021 immer noch sehr strenge Sicherheitsauflagen macht.
Die menschliche Firewall
Wegen des hohen Automatisierungsgrades fällt den Journalisten beim Ende des Rundganges sofort der Leitstand auf, in dem eine Mitarbeiterin permanent mehrere Computer überwacht und bedient. «Sie sprachen doch von durchgängig vollautomatischem Betrieb und Service. Was macht denn dann diese Frau dort?», fragt überrascht Online-Reporter Xian Hu. «Das ist unsere menschliche Firewall», grinst die Firmenchefin.
«Trotz allem Hightech gelang es keinem Anbieter, einen völlig sicheren elektronischen Schutzwall, also Firewall, gegen Hacker zu entwickeln. Seitdem freundliche Wettbewerber uns einmal ausspioniert hatten und unser System mehrmals mit Viren verseucht wurde, sitzt jetzt hier stets eine clevere Frau oder ein pfiffiger Mann, um permanent einen prüfenden Blick auf alle Systemzugriffe zu werfen. Ein absolut sicheres EDV-Netzwerk ohne Operator halte ich für echte Science-Fiction!»
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Autor: Nikolaus Fecht
Bildquelle: Symbolbilder von Pixabay, Bild 1: Pretty Sleepy, Bild 2: Parker West, Bild Nikolaus Fecht: zVg
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