sps4you bringt SPS-Programmierung zu 100 Prozent online auf den Punkt mit Videokursen, Übungen und einer aktiven Community. Den Praxisbezug schafft unter anderem die Fischertechnik Lernfabrik: Reale Automatisierungsmodelle, die sich in die Kurse integrieren lassen, von Förderband bis Sortieranlage. Ein Gespräch mit Florian Stöger, Gründer von sps4you.
Herr Stöger, wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, SPS-Kurse online anzubieten?
Am Anfang meiner Karriere wollte ich meine SPS-Kenntnisse mit Büchern erweitern – aber ich habe schnell gemerkt, dass das einfach nicht mein Lernstil ist. Nach ein paar Seiten waren meine Gedanken woanders, der rote Faden war weg und bei Fragen gab es niemanden, den ich hätte fragen können. Präsenzkurse sind natürlich wertvoll, aber ich wollte schnelle Ergebnisse – ohne monatelang auf einen Kursplatz zu warten und ohne tausende Euro zu investieren.
Mein Budget war damals sehr begrenzt. Ich dachte mir: Schade, dass es keine preiswerten, modernen Kurse zur SPS-Programmierung gibt. Online fand man zwar Schulungen zu allen möglichen Themen, aber nichts wirklich Aktuelles für SPS – höchstens alte schwarz-weisse Skripte. So entstand die Idee: Ein moderner, bezahlbarer Kurs, den sich wirklich jeder leisten kann, kombiniert mit kompetenter Betreuung und echtem Praxisbezug. Sechs Monate später habe ich meinen ersten Onlinekurs veröffentlicht. Das war 2018.
Welches Kundensegment wollten Sie damals ansprechen und wie sieht es heute aus?
Ursprünglich wollte ich mit meinen Kursen Menschen ansprechen, die ein sehr begrenztes Budget haben – also Auszubildende, Studenten oder angehende Meister und Techniker. Ich wollte ihnen eine Möglichkeit geben, sich praxisnah weiterzubilden, ohne gleich ein Vermögen investieren zu müssen. Die Resonanz war dann viel grösser als erwartet. Nach und nach kamen auch Unternehmen auf mich zu, die ihre Mitarbeitenden mit meinen Kursen schulen wollten. Heute habe ich einen wirklich bunten Mix an Teilnehmenden – vom Azubi im ersten Lehrjahr bis zum DAX-Konzern ist alles dabei. Das zeigt mir, dass das Konzept funktioniert: verständlich, praxisnah und flexibel zu lernen, ist für alle interessant.
«Online gelernt, offline direkt angewendet – genau das ist das Ziel meiner Kurse.»
Sie versprechen «100 Prozent online» – wie sind Ihre Kurse aufgebaut?
Um meine Kurse preiswert anbieten zu können, setze ich stark auf Automatisierung – ganz im Sinne des Themas. Nach der Buchung erhalten die Teilnehmenden automatisch ihre Zugangsdaten zum Mitgliederbereich. Dort stehen ihnen rund um die Uhr hunderte Lehrvideos, Übungsaufgaben, Zusammenfassungen und Quiz zur Verfügung – zeit- und ortsunabhängig.
Die Lernstruktur ist klar aufgebaut: Wer ganz neu einsteigt, arbeitet die Kapitel einfach Schritt für Schritt durch. Wer bereits Vorerfahrung hat, kann an jedem Punkt einsteigen und gezielt bestimmte Themen vertiefen. Das Einzige, was ich bewusst nicht automatisieren möchte, ist der persönliche Support. Wenn jemand eine Frage stellt, bekommt er eine individuelle Antwort – in unter 24 Stunden. Genau dieser persönliche Austausch ist ein wesentlicher Teil meines Erfolgs.
Der Knackpunkt bei Online-Trainings ist der Praxisbezug. Wie schaffen die Fischertechnik-Modelle – etwa Förderband oder Sortieranlage – das «Werkhallen-Gefühl»? Welche Aufgaben bilden Sie ab?
Die grösste Herausforderung bei Online-Kursen zu praktischen Themen ist es, Theorie und Praxis wirklich zu vereinen. Genau für diesen Transfer nutze ich unter anderem die Fischertechnik SPS-Modelle. Sie sind ideal, um komplexe Inhalte greifbar zu machen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ich setze die Modelle immer dann ein, wenn ich weiss, dass ein Thema besonders schwer vom Kopf in die Praxis transferiert werden kann.
Im SPS-Grundkurs lernen die Teilnehmenden am Fischertechnik-Modell, wie Sensoren Signale erfassen, wie Aktoren angesteuert werden und welche Rolle die SPS dabei übernimmt. Im Aufbaukurs nutzen wir den integrierten Encoder des Vakuumsauggreifers, um das Thema «Positionieren» praxisnah zu vermitteln. Im Visualisierungskurs projektieren wir ein komplettes HMI, das eine Fischertechnik-Anlage steuert und abbildet. Und im grossen Finale, dem SPS-Profikurs, greift sich ein kleiner Fischertechnik-Roboter ein Bauteil aus einem Gebinde, das zuvor von einer industriellen Kamera erfasst wurde – fast wie in einer echten Fertigungslinie.
«Ich dachte mir: Schade, dass es keine preiswerten, modernen Kurse zur SPS-Programmierung gibt. Also habe ich selbst einen entwickelt.»
Welche fortgeschrittenen Themen bearbeiten Sie an den Modellen? Können Sie eine typische Fehlerdiagnose oder Parametrier-Aufgabe skizzieren, die Lernende lösen?
Fortgeschrittene Themen gibt es wie Sand am Meer im Kurs – und es kommen ständig neue dazu. In meinen Kursen beschäftigen wir uns unter anderem mit Antriebstechnik, Safety und Security, industrieller Bildverarbeitung, RFID, automatischer Codegenerierung mit KI-Tools, Datenverwaltung, Codelesern oder auch der Kommunikation zwischen mehreren CPUs.
Gibt es da wichtige Aspekte, die besonders hervorgehoben werden können?
Ein besonders wichtiger Aspekt für jeden SPS-Programmierer ist die Fehlersuche. Im SPS-Praxiskurs zeige ich Schritt für Schritt, wie man bei Störungen systematisch vorgeht, Fehler bewertet und auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf behält. Diese Vorgehensweise basiert auf meiner eigenen Erfahrung aus über zehn Jahren in der Instandhaltung – und genau dieses Praxiswissen gebe ich an die Teilnehmenden weiter.
Das Wissen kann man testen, oder?
Ja, denn ergänzend können Teilnehmende mit interaktiven Quiz ihr Wissen testen. Dort präsentiere ich typische Fehlerbilder, und die Lernenden müssen anhand verschiedener Antwortmöglichkeiten den wahrscheinlichsten Fehler finden. So entsteht ein sehr praxisnahes Training, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern echtes Denken in Lösungen fördert.
«Ich setze die Modelle immer dann ein, wenn ich weiss, dass ein Thema besonders schwer vom Kopf in die Praxis transferiert werden kann.»
Ein Student sagte sinngemäss: «Online gelernt, offline direkt angewendet.» Welche Aufgaben schaffen Teilnehmende nach dem Kurs?
Meine Kurse decken alle wichtigen Themen ab, die ein SPS-Programmierer beherrschen sollte: von den Grundlagen bis zu fortgeschrittenen Anwendungen. Tatsächlich fällt es mir mittlerweile schwer, neue Themen zu finden, weil das Fundament schon sehr vollständig ist. Gleichzeitig bin ich zu meinen Teilnehmenden immer ehrlich: Selbst wenn man alle Online-Kurse und Präsenzlehrgänge dieser Welt absolviert, ist man noch kein echter SPS-Programmierer. Dieser Beruf lebt von Erfahrung.
Mit meinen Kursen kann man aber ein extrem solides Fundament legen. Danach geht es darum, ein Unternehmen zu finden, das einem das Vertrauen für erste Projekte schenkt. Genau in dieser Phase machen die Lernenden die grössten Fortschritte. Weil der Zugang zu meinen Kursen zeitlich unbegrenzt ist, können die Teilnehmenden Inhalte jederzeit wiederholen. Ergänzende PDF- Zusammenfassungen helfen, das Wissen auch offline schnell aufzufrischen, zum Beispiel, wenn man direkt an der Anlage steht und etwas vergessen hat.
Wie integrieren Sie sps4you in bestehende Weiterbildungs-Roadmaps oder LMS-Systeme? Welche Rollenprofile (Einsteiger, Umschüler, Fachkräfte) profitieren am meisten – und wie sieht ein sinnvoller Lernpfad aus?
Mittlerweile nutzen viele Unternehmen meine Plattform, um ihre Mitarbeitenden im Bereich Automatisierung weiterzubilden. Wer bereits eigene Lernmanagementsysteme (LMS) im Einsatz hat, kann bei mir auch nur die Lerninhalte erwerben und diese nahtlos in das bestehende System integrieren. So bleibt die Schulung flexibel und passt sich optimal an die internen Strukturen an.
Der Lernpfad von sps4you ist bewusst breit angelegt. Er führt vom absoluten Einsteiger bis hin zum SPS-Experten. Einsteiger und Auszubildende starten ganz von vorne und bauen sich Schritt für Schritt ein solides Fundament auf. Fachkräfte mit Vorerfahrung können gezielt an den Themen einsteigen, die für ihre tägliche Arbeit relevant sind. So entsteht ein flexibler Lernweg, der sowohl für Einzelpersonen als auch für ganze Teams funktioniert und das unabhängig vom Wissensstand oder vom vorhandenen System.
«Im SPS-Praxiskurs zeige ich Schritt für Schritt, wie man bei Störungen systematisch vorgeht und auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf behält.»
Sie betreiben parallel einen YouTube-Kanal mit praxisnahen Inhalten. Welche Rolle spielt diese Community für Motivation, Troubleshooting und Lernen nach dem Kursabschluss?
YouTube ist für mich der ideale Ort, um Menschen von meinem Lernkonzept zu überzeugen. Dort biete ich inzwischen über 100 kostenlose Lehrvideos an, ganz offen und ohne Verpflichtung. Wer damit schon alles findet, was er braucht, freut mich das. Wer tiefer einsteigen möchte, kann jederzeit an meinen Onlinekursen teilnehmen.
Die aktivste Community befindet sich allerdings direkt in den Kursen selbst. Nach jedem Kapitel gibt es eine Kommentarfunktion, über die mir schon tausende Fragen gestellt wurden. Alle Teilnehmenden können diese Diskussionen mitverfolgen, voneinander lernen oder selbst Antworten geben. So entsteht eine lebendige Lernumgebung, in der jeder nicht nur von mir, sondern auch von den Erfahrungen anderer profitiert – und das motiviert enorm, auch nach Kursabschluss dranzubleiben.
Welche Themen nehmen Sie als Nächstes ins Programm? Und welche zusätzlichen Fischertechnik-Module sind dafür geplant?
Neue Themen machen mir persönlich am meisten Spass. Ich liebe es, mich in neue Technologien einzuarbeiten und herauszufinden, wie man sie in die Praxis übertragen kann. Gleichzeitig versuche ich immer, eine gute Balance zu halten: Einerseits aktualisiere ich regelmässig bestehende Inhalte, andererseits baue ich klassische Themen aus und widme mich auch Bereichen, die in Zukunft eine grössere Rolle spielen könnten. Ganz aktuell habe ich zum Beispiel ein neues Kapitel in meinen SPS-Praxiskurs integriert, in dem ich zeige, wie sich mit Hilfe von KI-Tools automatisch SPS-Code generieren lässt. Das ist ein spannendes Feld, das viele überrascht – und zugleich zeigt, wohin die Reise in der Automatisierungstechnik gehen kann.
Die neuen Fischertechnik-Modelle möchte ich gezielt für Themen einsetzen, die in der Ausbildung besonders relevant sind wie zum Beispiel zur Vermittlung von GRAFCET. Damit lassen sich Steuerungsabläufe anschaulich darstellen und praxisnah umsetzen – ein ideales Lernfeld für angehende Automatisierungsexperten.
Impressum
Text: Eugen Albisser, Chefredaktor
Bildquelle: sps4you
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