Teile-Tracking als grösste Herausforderung
Ein Gespräch mit Michael Wendling von der Swiss Smart Factory

Teile-Tracking als grösste Herausforderung
Ein Gespräch mit Michael Wendling von der Swiss Smart Factory
Als Projektleiter Industrie 4.0 befasst sich Michael Wendling von der Swiss Smart Factory mit der Zukunft des Hochlohnstandorts Schweiz. Und um diesen ist es gar nicht so schlecht bestellt, wie sich im Gespräch mit ihm zeigt.
Von Markus Back
Sie haben nach Ihrem Studium in Deutschland gearbeitet und dort verschiedene Industrie-4.0-Projekte betreut. Worin unterscheidet sich die deutsche von der hiesigen Automationslandschaft?
Die Schweiz pflegt einen gewissen Pragmatismus, wenn es darum geht, Neues zu machen. In Deutschland hingegen herrscht eine Macher-Kultur. Zudem beschäftigen wir noch viele Werker für manuelle Arbeiten, da sich wegen der kleinen Losgrössen Automatisierung oftmals nicht lohnt.
Die Swiss Smart Factory soll Antworten drauf geben, wie zukünftige, KMU-taugliche Lösungen zur Fabrikation im Hochlohnland Schweiz aussehen könnten. Haben Sie schon interessante Lösungsansätze gesehen?
Schon einige! Phoenix Mecano aus Stein am Rhein hat beispielsweise ein Pick-by-the-light-System entwickelt, das bereits im Basis-Set alle benötigten Komponenten bereitstellt und sehr einfach zu konfigurieren ist. Bei Wago Contact habe ich eine IoT-Box gesehen, mit der sich ohne grossen Aufwand Produktionsdaten sicher in die Cloud übertragen lassen. Brütsch Rüegger bietet hingegen eine digitale Plattform, die dabei helfen soll, die Produktivität entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erhöhen. Sie sehen, es gibt schon einige, vielversprechende Lösungsansätze für den Fertigungsstandort Schweiz.
Michael Wendling
Der 28-Jährige studierte an der TU Kaiserslautern Maschinenbau mit den Schwerpunkten «Digitalisierung» und «Industrie 4.0». Im letzten Semester seines Studiums trat er eine Assistenzstelle an der Smart Factory Kaiserslautern an, in deren Rahmen er 2015 die Projektleitung der Industrie-4.0-Demonstartionsanlage übernahm. Diese wird sukzessive ausgebaut und ist jedes Jahr während der Hannover Messe zu sehen.
Seit 2018 ist er Projektleiter Industrie 4.0 bei der Swiss Smart Factory im Switzerland Innovation Park Biel/Bienne, wo er den Aufbau eines Produktionsökosystems verantwortet, welches die verschiedenen Konzepte und Methoden von Industrie 4.0 integriert und speziell auf die Bedürfnisse des Schweizer Marktes zugeschnitten ist.
Wenn man in unsere KMU sieht, hat man allerdings nicht den Eindruck, dass diese Lösungen bislang gross genutzt werden. Woran liegt das?
Das wichtigste Glied für ein Erfolg von Industrie 4.0 sind die Integratoren - und zwar nicht nur hier bei uns in der Schweiz. Solange die Integratoren aber nicht die Vorteile solcher Lösungen erkennen und wissen, ob sich Investitionen rechnen, werden diese nur schleppend Einzug halten. Man darf nicht vergessen, der Integrator steht unter Kostendruck und muss diese modernen Lösungsansätze mit im Gesamtpaket verkaufen.
Bedeutet das, dass die Anbieter von Automationslösungen zukünftig nicht nur die Lösung, sondern idealerweise gleich auch noch die Geschäftsideen liefern müssen?
Das ist eine gute Frage, auf die ich allerdings keine zufriedenstellende Antwort geben kann! Ich weiss nur, dass dieses Thema noch immer nicht in der Breite angekommen ist. Als ich vor zwei Jahren die EMO besuchte, war ich überrascht darüber, wie wenig dort über das Thema «Digitalisierung» gesprochen wurde. Nur die ganz grossen Hersteller hatten es überhaupt aufgegriffen. Vielleicht braucht es von daher tatsächlich zur Lösung gleich noch die passenden Geschäftsmodelle.
Die Swiss Smart Factory arbeitet aktuell an einem Projekt, bei dem Smart Drones in fünf Varianten konfiguriert und kundenindividuell personalisiert werden können. Was sind die Knackpunkte bei dieser Aufgabe?
Die Herausforderung bei diesem Projekt ist das Tracking der einzelnen Teile direkt vor Ort. Wenn drei Millionen Mal das gleiche Teil produziert wird, ist es nicht weiter schlimm, wenn am Ende zwei zu viel gefertigt wurden. Wenn man aber eine Uhr für 20000 Franken herstellt, sollte es idealerweise keine doppelten Bauteile geben!
Die Fertigung in Losgrösse 1 ist für einige hiesiger Unternehmen wie Maxon Motor oder Endress+Hauser schon lange Realität. Was machen diese besser oder wieso tun sich andere schwerer damit?
Beide Firmen haben es geschafft, das Baukasten-Prinzip in ihre Produktpalette zu integrieren. Allerdings kann man deren Fertigungsabläufe beispielsweise nicht mit denen eines Sondermaschinenbauers vergleichen. Bei diesem ist jede Maschine, die aus seiner Halle kommt, wirklich eine komplett andere Entwicklung.
Im Drohnenprojekt ergab die Kostenkalkulation, dass sich eine vollautomatisierte Produktion nicht lohnt. Wieso nicht und welchen Ansatz fahren Sie nun?
Das ist sehr einfach. Ein Mensch ist sehr effizient und kann selbst auf ungeplante Ereignisse äusserst flexibel reagieren, was ein automatisierter Prozess nicht so ohne weiteres kann. Zudem macht es keinen Sinn, gewisse Arbeitsschritte zu automatisieren, weil der Mensch mit seinen Fähigkeiten schneller als der beste Roboter ist.
Bei dem Drohnenprojekt haben wir uns daher für einen teilautomatisierten Prozess entschieden, bei dem Mensch und Maschine eng miteinander arbeiten. Für eine effiziente Fertigung ist hier entscheidend, dass beide zur gleichen Zeit die richtigen Informationen vorliegen haben. Und genau das wollen wir mit diesem Projekt aufzeigen.

Die Swiss Smart Factory arbeitet aktuell an einem Projekt, bei dem Smart Drones in fünf Varianten konfiguriert und kundenindividuell personalisiert werden können. Was sind die Knackpunkte bei dieser Aufgabe?
Die Herausforderung bei diesem Projekt ist das Tracking der einzelnen Teile direkt vor Ort. Wenn drei Millionen Mal das gleiche Teil produziert wird, ist es nicht weiter schlimm, wenn am Ende zwei zu viel gefertigt wurden. Wenn man aber eine Uhr für 20000 Franken herstellt, sollte es idealerweise keine doppelten Bauteile geben!
Die Fertigung in Losgrösse 1 ist für einige hiesiger Unternehmen wie Maxon Motor oder Endress+Hauser schon lange Realität. Was machen diese besser oder wieso tun sich andere schwerer damit?
Beide Firmen haben es geschafft, das Baukasten-Prinzip in ihre Produktpalette zu integrieren. Allerdings kann man deren Fertigungsabläufe beispielsweise nicht mit denen eines Sondermaschinenbauers vergleichen. Bei diesem ist jede Maschine, die aus seiner Halle kommt, wirklich eine komplett andere Entwicklung.
Im Drohnenprojekt ergab die Kostenkalkulation, dass sich eine vollautomatisierte Produktion nicht lohnt. Wieso nicht und welchen Ansatz fahren Sie nun?
Das ist sehr einfach. Ein Mensch ist sehr effizient und kann selbst auf ungeplante Ereignisse äusserst flexibel reagieren, was ein automatisierter Prozess nicht so ohne weiteres kann. Zudem macht es keinen Sinn, gewisse Arbeitsschritte zu automatisieren, weil der Mensch mit seinen Fähigkeiten schneller als der beste Roboter ist.
Bei dem Drohnenprojekt haben wir uns daher für einen teilautomatisierten Prozess entschieden, bei dem Mensch und Maschine eng miteinander arbeiten. Für eine effiziente Fertigung ist hier entscheidend, dass beide zur gleichen Zeit die richtigen Informationen vorliegen haben. Und genau das wollen wir mit diesem Projekt aufzeigen.
Ihre Ausführungen legen den Schluss nahe, dass es den Menschen in der Fertigung weiterhin brauchen wird. Welche Eigenschaften sollte dieser mitbringen, um sich in der zukünftigen Arbeitswelt behaupten zu können?
Der Werker sollte auf jedenfalls in der Lage sein, den Prozess zu reflektieren, dessen Teil er ist. Nur so kann er bei der Optimierung der Abläufe helfen und letztendlich damit auch seine eigene Arbeitszufriedenheit erhöhen.
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Impressum
Autor: Markus Back, Chefredaktor Print
Bildquelle: Technik und Wissen
Publiziert von Technik und Wissen
Informationen
Switzerland Innovation Park Biel/Bienne
www.sipbb.ch
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