
Der Campus Technik in Grenchen wird Ausbildung, Industrie und Innovation unter einem Dach verbinden – von der Lehre bis zur höheren Berufsbildung. Zusammengeschlossen haben sich der Verein Swissmechanic Solothurn und die Höhere Fachschule für Technik Mittelland. Mit modernsten Smart Labs, einer top-modernen Werkstätte, Industriekooperationen und einer MINT-Initiative soll der Campus ein Leuchtturmprojekt für die technische Bildung werden.
Man kann den Fachkräftemangel beklagen, das schwindende Interesse an technischen Berufen betrauern und endlos über die Herausforderungen der dualen Berufsbildung diskutieren – oder man kann handeln. Enzo Armellino und Michael Benker tun genau das. Mit dem Campus Technik schaffen sie ein Bildungszentrum, das Theorie und Praxis intelligent verbinden, Industrie und Ausbildung vernetzen und junge Talente für die Technik von morgen begeistern soll. Ein Ort, an dem nicht nur gelernt, ausgebildet, sondern auch entwickelt, geforscht und ausprobiert wird – zukunftsweisend, praxisnah und voller Möglichkeiten.
Enzo Armellino ist Geschäftsführer von Swissmechanic Solothurn und des Campus Technik, Michael Benker ist Direktor der Höheren Fachschule für Technik Mittelland, hftm sowie VRP der Campus Technik AG – und zusammen haben sie mit dem Campus Technik eine Vision, die derzeit in die Realität umgesetzt wird.
Auf rund 5’500 Quadratmetern entsteht ein Zentrum für technische Bildung, das verschiedene Ausbildungsstufen unter einem Dach vereint. Der Campus umfasst eine modern ausgestattete Werkhalle, Trainingslabore, Schulungsräume und sogar ein eigenes Filmstudio für die Erstellung von Lernmaterial. Ergänzt wird das Ganze durch eingemietete Unternehmen, die im obersten Stockwerk Büroflächen beziehen können und im besten Fall direkt mit den Studierenden interagieren.
Vom ersten Gespräch zur grossen Vision
Bevor die Vision klar definiert war, führten aber pragmatische Gründe Enzo Armellino und Michael Benker bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsförderung Grenchen zusammen. «Unser Verein stand vor der Herausforderung, dass die bestehenden Ausbildungsräume nicht mehr zeitgemäss waren, und die hftm hatte gleichzeitig das Problem, dass sie aus allen Nähten platzt und dringend neue Ausbildungsräume braucht», sagt Enzo Armellino.
Schnell wurde klar, dass aus diesen Herausforderungen etwas Grösseres entstehen könnte. Denn Armellino und Benker engagieren sich leidenschaftlich für die Berufsbildung und wissen, wie essenziell eine solide duale Ausbildung und die anschliessende Weiterbildung ist.
Doch auch sie muss mit der Zeit gehen, damit sich junge Menschen angesprochen und wohlfühlen. Eine zeitgemässe, moderne Lernumgebung anzubieten, gehört mit dazu.

Finanzierung: Ein Kampf um jeden Franken
Ein solches Projekt erfordert erhebliche finanzielle Ressourcen – beim Campus Technik sind es dutzende Millionen Franken, die beschafft werden müssen. Die Beschaffung dieser Mittel ist jedoch alles andere als einfach. Während Hochschulen in der Regel grosszügiger von Bund und Kantonen unterstützt werden, fliessen öffentliche Mittel in die Berufsbildung und höhere Berufsbildung nur spärlich. Hier ist Überzeugungsarbeit nötig. «Wir lassen uns nicht entmutigen, doch wir müssen um jede Finanzierung kämpfen», sagt Michael Benker.
Glücklicherweise geniesst der Campus Technik von Anfang an ein hohes Ansehen und kann deshalb auf breite Unterstützung zählen. Dennoch wäre dieses Projekt ohne einen privaten Immobilieninvestor kaum zustande gekommen. Zu den entscheidenden Förderern gehört der Grenchner Industriemanager Ernst Thomke, der einst mit einer Berufslehre als Mechaniker ins Arbeitsleben startete und nach Studium sowie Promotion zu einem der wichtigsten Wegbereiter der Schweizer Uhrenindustrie wurde.
Weil neben der Immobilie auch die Labore und Schulräume ausgestattet werden müssen, gilt es, jeden Franken gezielt einzusetzen und zusätzliche Unterstützung zu gewinnen. Deshalb finden KMUs auf der Webseite des Campus Technik verschiedene Möglichkeiten für ein Engagement: Sie können sich als Bildungsraum- oder Arbeitsraum-Schaffer beteiligen, als Stützpfeilpartner fungieren oder auch ganz einfach Sitzbänke oder Stühle sponsern. Gleichzeitig bestehen bereits grosse Partnerschaften mit namhaften Industrieunternehmen wie zum Beispiel Blaser Swisslube und Brütsch Rüegger.
«Ein Ökosystem, in dem sich Bildung und Wirtschaft ergänzen»
Obwohl die Höhere Fachschule und Swissmechanic Solothurn mit ihren jeweiligen Angeboten unterschiedliche Altersstufen und Ausbildungsgänge ansprechen, seien die Synergien gross und die Vision eines Ökosystems, in dem sich Bildung und Wirtschaft ergänzen, klar definiert, meint Michael Benker.
Während in einem Stockwerk die Ausbildungsräumlichkeiten der Studierenden der hftm untergebracht sind, haben die Lehrlinge in der Swissmechanic-Werkstatt Zugang zu topmodernen Maschinen. Diese werden durch Kooperationen mit Swiss Precision und «form3D» (Bildungsangebot für additive Fertigung) ergänzt: Neben den Fehlmann-Maschinen und den GDW-Drehmaschinen der Swissmechanic-Werkstatt stehen damit vor Ort auch Langdrehmaschinen von Tornos und eine Reihe von 3D-Druckern zur Verfügung», erklärt Enzo Armellino.
Auch hier sind die Synergien greifbar: «Neben der Ausbildung der Lernenden bieten die Maschinen auch Studierenden die Möglichkeit, praxisnahe Projekte zu realisieren. Umgekehrt profitiert Swissmechanic von den Schulräumen für Instruktionen und Weiterbildungen», sagt Michael Benker.
MINT-Berufe fördern
Dass mit diesem Ökosystem, in dem auch die eingemieteten Firmen im obersten, vierten Stockwerk eine Rolle spielen, bereits viel für die Bildung getan wird, steht ausser Frage. Doch Armellino und Benker haben noch weitere Pläne. Denn der Bedarf an Fachkräften in technischen Berufen wird auch in Zukunft hoch bleiben – und ein Anstieg des Anteils junger Frauen in diesen Bereichen ist ebenso wünschenswert.
«Technik ist längst keine Männerdomäne mehr. Doch wir müssen junge Frauen gezielt für Berufe wie Mechanik oder Elektronik begeistern – so früh wie möglich», sagt Enzo Armellino. Genau hier setzt die Initiative focusMINT an: Sie richtet sich mit speziellen Angeboten gezielt an Mädchen und soll Hemmschwellen abbauen. Durch praxisnahe Workshops auf dem Campus soll vermittelt werden, dass Technik für alle zugänglich ist – unabhängig von Geschlecht oder Hintergrund.
«Wir wollen den Campus-Gedanken mit Leben füllen: Lernen, Arbeiten und Forschen unter einem Dach – für die Fachkräfte und Technologien von morgen», fasst Enzo Armellino zusammen. Dabei soll der Campus Technik über Grenchen hinaus als Vorbild dienen. «Er soll ein Leuchtturmprojekt für die Schweiz werden – als Vorbild für andere Bildungsinitiativen und als Innovationsmotor für die technische Ausbildung», sind sich Enzo Armellino und Michael Benker einig.
Passend zu diesem Artikel
Impressum
Autor: Eugen Albisser
Bildquelle: Eugen Albisser, Campus Technik
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
Informationen
Weitere Artikel
Veröffentlicht am: