Das Zusammenbringen verschiedener Experten für ein Entwicklungsprojekt oder einen Transformationsprozess bedeutet nicht zwangsweise ein gutes Resultat. Woran das liegt und wie Co-Kreation dabei helfen kann, dass diese gemeinsam eine gemeinsame Lösung finden, erklärt Dr. Georg Michalik, Gründer und Geschäftsführer von cocreation.com.
Von Markus Back (Text) und Damian Byland (Fotos)
Sie begleiten Unternehmen unter anderem bei Transformationsprozessen. Sind die hierbei zu nehmenden Hürden identisch oder hat jedes Unternehmen mit seinen eigenen, speziellen Problemen zu kämpfen?
Es gibt Herausforderungen, mit denen sich mehr oder minder jedes Unternehmen konfrontiert sieht – unabhängig von der Branche, in der es tätig ist. Was sich überall findet, ist das Gefühl der Mitarbeitenden, nicht voranzukommen, obwohl sie immer mehr arbeiten. Das fühlt sich für viele an, als würden sie im Hamsterrad feststecken und die Reaktion ist häufig noch mehr und noch schneller zu arbeiten. Darunter leiden die Qualität und die Effizienz, was den Hamsterradeffekt zusätzlich verstärkt, anstatt ihn zu lösen.
Ebenfalls sehr häufig zu beobachten ist ein Defizit in der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Wir sprechen dann von einem Silodenken. Im «Silo» sind die Entscheidungswege klarer und dort können die Mitarbeitenden noch etwas erreichen, auch wenn die wirklich guten Lösungen eigentlich zwischen den Bereichen zu finden wären.
Die fehlende Bereitschaft, unbequeme Themen offen anzusprechen, ist ebenfalls ein immer wiederkehrendes Thema. Dies hat mit der Kultur eines Unternehmens, aber auch mit dem fehlenden Wissen, wie man damit umgeht, zu tun. Das grosse Problem hierbei ist, dass die wirklich relevanten Themen unbearbeitet bleiben. Daneben gibt es natürlich auch spezifische Herausforderungen, mit denen jedes Unternehmen für sich zu tun hat.
Das hört sich an, als komme es bei vielen Herausforderungen auf die Soft-Faktoren an, um Lösungen zu finden. Oder täuscht dieser Eindruck?
Der täuscht ganz und gar nicht und es stellt sich die Frage, woran das liegt. Meine Hypothese ist: Wir sind ziemlich gut im Lösen technischer Probleme, weil man bei diesen relativ gut an der Oberfläche bleiben kann. Bei den weichen Themen muss man sich dagegen als Mensch sichtbar machen, womit man sich jedoch angreifbar und verletzlich macht. Hier wiederum fehlt uns die Kultur, damit umzugehen. Dabei sind es gerade diese Themen, die den Schlüssel zu den harten Faktoren darstellen. Es führt kein Weg vorbei: Wenn wir unsere harten Themen lösen wollen, müssen wir lernen, besser miteinander zu arbeiten.
Zur Person Dr. Georg Michalik
Dr. Georg Michalik hat sich zum Ziel gesetzt, Organisationen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Potenziale entfalten können. Der Organisationspsychologe war als Leiter Lernen und Entwicklung in verschieden globalen Unternehmen Mitgestalter des Wandels. Heute begleitet er Firmen mit der von ihm entwickelten cocreation in ihren Transformationsprozessen. Er ist Autor des Buches «Co-Creation, die Kraft gemeinsamen Denkens». Zu seinen Kunden gehören Multinationals genauso wie KMU und Non-Profit Unternehmen. Der gebürtige Deutsche lebt seit vielen Jahren in der Nähe von Zürich.
Das Zusammenbringen verschiedener Experten für ein Entwicklungsprojekt oder einen Transformationsprozess bedeutet nicht zwangsweise ein gutes Resultat. Woran das liegt und wie Co-Kreation dabei helfen kann, dass diese gemeinsam eine gemeinsame Lösung finden, erklärt Dr. Georg Michalik, Gründer und Geschäftsführer von cocreation.com.
Von Markus Back (Text) und Damian Byland (Fotos)
Sie begleiten Unternehmen unter anderem bei Transformationsprozessen. Sind die hierbei zu nehmenden Hürden identisch oder hat jedes Unternehmen mit seinen eigenen, speziellen Problemen zu kämpfen?
Es gibt Herausforderungen, mit denen sich mehr oder minder jedes Unternehmen konfrontiert sieht – unabhängig von der Branche, in der es tätig ist. Was sich überall findet, ist das Gefühl der Mitarbeitenden, nicht voranzukommen, obwohl sie immer mehr arbeiten. Das fühlt sich für viele an, als würden sie im Hamsterrad feststecken und die Reaktion ist häufig noch mehr und noch schneller zu arbeiten. Darunter leiden die Qualität und die Effizienz, was den Hamsterradeffekt zusätzlich verstärkt, anstatt ihn zu lösen.
Ebenfalls sehr häufig zu beobachten ist ein Defizit in der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit. Wir sprechen dann von einem Silodenken. Im «Silo» sind die Entscheidungswege klarer und dort können die Mitarbeitenden noch etwas erreichen, auch wenn die wirklich guten Lösungen eigentlich zwischen den Bereichen zu finden wären.
Die fehlende Bereitschaft, unbequeme Themen offen anzusprechen, ist ebenfalls ein immer wiederkehrendes Thema. Dies hat mit der Kultur eines Unternehmens, aber auch mit dem fehlenden Wissen, wie man damit umgeht, zu tun. Das grosse Problem hierbei ist, dass die wirklich relevanten Themen unbearbeitet bleiben. Daneben gibt es natürlich auch spezifische Herausforderungen, mit denen jedes Unternehmen für sich zu tun hat.
Das hört sich an, als komme es bei vielen Herausforderungen auf die Soft-Faktoren an, um Lösungen zu finden. Oder täuscht dieser Eindruck?
Der täuscht ganz und gar nicht und es stellt sich die Frage, woran das liegt. Meine Hypothese ist: Wir sind ziemlich gut im Lösen technischer Probleme, weil man bei diesen relativ gut an der Oberfläche bleiben kann. Bei den weichen Themen muss man sich dagegen als Mensch sichtbar machen, womit man sich jedoch angreifbar und verletzlich macht. Hier wiederum fehlt uns die Kultur, damit umzugehen. Dabei sind es gerade diese Themen, die den Schlüssel zu den harten Faktoren darstellen. Es führt kein Weg vorbei: Wenn wir unsere harten Themen lösen wollen, müssen wir lernen, besser miteinander zu arbeiten.
Zur Person Dr. Georg Michalik
Dr. Georg Michalik hat sich zum Ziel gesetzt, Organisationen Wege aufzuzeigen, wie sie ihre Potenziale entfalten können. Der Organisationspsychologe war als Leiter Lernen und Entwicklung in verschieden globalen Unternehmen Mitgestalter des Wandels. Heute begleitet er Firmen mit der von ihm entwickelten cocreation in ihren Transformationsprozessen. Er ist Autor des Buches «Co-Creation, die Kraft gemeinsamen Denkens». Zu seinen Kunden gehören Multinationals genauso wie KMU und Non-Profit Unternehmen. Der gebürtige Deutsche lebt seit vielen Jahren in der Nähe von Zürich.
Der Einfluss von Co-Creation auf Projekte
Wie kann Co-Kreation beim Bewältigen dieser Herausforderungen konkret helfen?
Nehmen wir das Beispiel des nicht richtigen Vorankommens trotz immer grösseren Aufwands. Betroffenen kommt es vor, als seien sie in einem Hamsterrad und würden immer schneller rennen, aber keinen Effekt erzielen. In diesem Falle ist es entscheidend, aus dem Hamsterrad zu treten und gemeinsam zu reflektieren, um Lösungen zu finden.
In einem Workshop kürzlich ging es genau darum. Das Team fühlte sich von der Projektlast überwältigt und wusste nicht mehr weiter. Bei der Analyse zeigte sich, dass das Team neun von zehn Projekte direkt beeinflussen konnte. Bis dahin dachten alle, sie seien von den Projekten getrieben. Diese Erkenntnis wurde aber erst durch den entscheidenden Schritt aus dem Hamsterrad möglich.
Was kann man an einem Projekt «direkt beeinflussen»?
Sehr viel mehr als wir gemeinhin denken. Beginnen würde ich genau mit der Frage, die Sie eben gestellt haben: Was können wir gemeinsam direkt beeinflussen? Nehmen Sie ein Whiteboard oder ein grosses Stück Papier und zeichnen Sie ein Kreuz ein. Im Quadranten unten links notieren Sie die Dinge, die Sie nicht beeinflussen können und die einen geringen Einfluss auf das Projekt haben. Oben rechts tragen Sie die Themen ein, die sich beeinflussen lassen und die einen erheblichen Einfluss auf das Projekt haben.
In den übrigen Quadranten stehen die Themen, die entweder einen grossen Einfluss auf das Projekt haben, sich aber nicht beeinflussen lassen, oder aber trotz der möglichen Einwirkung sich kaum auf das Projekt auswirken. Das Team macht dann eine Liste aller Herausforderungen im Projekt und ordnet diese den vier Quadranten zu. Abschliessend konzentriert sich das ganze Team gemeinsam auf die Themen, die es zuvor dem oberen, rechten Quadranten zugeordnet hat.
Der Einfluss von Co-Creation auf Projekte
Wie kann Co-Kreation beim Bewältigen dieser Herausforderungen konkret helfen?
Nehmen wir das Beispiel des nicht richtigen Vorankommens trotz immer grösseren Aufwands. Betroffenen kommt es vor, als seien sie in einem Hamsterrad und würden immer schneller rennen, aber keinen Effekt erzielen. In diesem Falle ist es entscheidend, aus dem Hamsterrad zu treten und gemeinsam zu reflektieren, um Lösungen zu finden.
In einem Workshop kürzlich ging es genau darum. Das Team fühlte sich von der Projektlast überwältigt und wusste nicht mehr weiter. Bei der Analyse zeigte sich, dass das Team neun von zehn Projekte direkt beeinflussen konnte. Bis dahin dachten alle, sie seien von den Projekten getrieben. Diese Erkenntnis wurde aber erst durch den entscheidenden Schritt aus dem Hamsterrad möglich.
Was kann man an einem Projekt «direkt beeinflussen»?
Sehr viel mehr als wir gemeinhin denken. Beginnen würde ich genau mit der Frage, die Sie eben gestellt haben: Was können wir gemeinsam direkt beeinflussen? Nehmen Sie ein Whiteboard oder ein grosses Stück Papier und zeichnen Sie ein Kreuz ein. Im Quadranten unten links notieren Sie die Dinge, die Sie nicht beeinflussen können und die einen geringen Einfluss auf das Projekt haben. Oben rechts tragen Sie die Themen ein, die sich beeinflussen lassen und die einen erheblichen Einfluss auf das Projekt haben.
In den übrigen Quadranten stehen die Themen, die entweder einen grossen Einfluss auf das Projekt haben, sich aber nicht beeinflussen lassen, oder aber trotz der möglichen Einwirkung sich kaum auf das Projekt auswirken. Das Team macht dann eine Liste aller Herausforderungen im Projekt und ordnet diese den vier Quadranten zu. Abschliessend konzentriert sich das ganze Team gemeinsam auf die Themen, die es zuvor dem oberen, rechten Quadranten zugeordnet hat.
Die Co-Creation-Reise und der Mensch
Sie haben ein Whitepaper geschrieben, in dem Sie Unternehmen zehn Tipps für die Co-Kreationsreise geben. Einer dieser Tipps befasst sich mit den Menschen, die sie als zentralen Erfolgsfaktor für Unternehmen benennen. Wie nimmt man die Menschen am besten mit auf die Co-Kreationsreise?
In unseren Workshops geht es immer wieder um die Frage, wie man Mitarbeitende am besten mit auf die Reise nimmt. Unser einfacher Rat lautet: Zeigt den Mitarbeitenden gegenüber Wertschätzung. Diese besteht aber nicht etwa darin, ihnen auf die Schulter zu klopfen und sie über den Klee zu loben. Echte Wertschätzung nimmt diese vielmehr ernst und traut ihnen etwas zu, überträgt ihnen Aufgaben und Verantwortung, bleibt mit ihnen im Dialog und fordert sie mit Fragen heraus. Nur wer herausgefordert wird und seine Aufgabe besteht, ist stolz auf seine Leistung. Das bedeutet aber auch, dass ich als Vorgesetzter oder Teamleiter nicht aus der Ferne delegieren kann, sondern mit den Mitarbeitenden die Herausforderungen gemeinsam co-kreativ angehe.
Wie sollte idealerweise der erste Schritt auf der Co-Kreation-Reise aussehen?
Dass wir uns bewusst fragen, ob wir eine Veränderung wollen und auch dazu bereit sind, den Preis für diese zu bezahlen. Solange man sich darüber nicht im Klaren ist, macht es keinen Sinn, auf die Co-Kreation-Reise zu gehen.
Wie sieht der zu bezahlende Preis denn konkret aus?
In erster Linie geht es um die innere Bereitschaft, sich verändern zu wollen und sich anderen gegenüber zu öffnen. Das bedeutet zugleich, Verantwortung zu teilen und Kontrolle zu delegieren.
Raus aus der Komfortzone
Ist das so zu verstehen, sich und sein Tun kritischer zu hinterfragen?
Auch! Raus aus der Komfortzone, sich und das gemeinsame Tun kritisch hinterfragen und alles, was nicht sinnvoll erscheint, auf den Prüfstand zu stellen. Natürlich braucht es Ressourcen, Geld, Zeit, einen klaren Auftrag und so weiter – das sind aber alles nachgelagerte Dinge. Zunächst braucht es die Bereitschaft, sich zu hinterfragen und den gemeinsamen Willen zu schaffen, in diese Veränderungen investieren zu wollen.
Und wie erreicht man das?
In dem man den Mitarbeitenden das Ziel aufzeigt. Der Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat das schön formuliert und auf den Punkt gebracht: «Wenn Du ein Schiff bauen willst, beginne nicht damit, Holz zusammenzusuchen, Bretter zu schneiden und die Arbeit zu verteilen, sondern erwecke in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem grossen, weiten Meer.»
Die Co-Creation-Reise und der Mensch
Sie haben ein Whitepaper geschrieben, in dem Sie Unternehmen zehn Tipps für die Co-Kreationsreise geben. Einer dieser Tipps befasst sich mit den Menschen, die sie als zentralen Erfolgsfaktor für Unternehmen benennen. Wie nimmt man die Menschen am besten mit auf die Co-Kreationsreise?
In unseren Workshops geht es immer wieder um die Frage, wie man Mitarbeitende am besten mit auf die Reise nimmt. Unser einfacher Rat lautet: Zeigt den Mitarbeitenden gegenüber Wertschätzung. Diese besteht aber nicht etwa darin, ihnen auf die Schulter zu klopfen und sie über den Klee zu loben. Echte Wertschätzung nimmt diese vielmehr ernst und traut ihnen etwas zu, überträgt ihnen Aufgaben und Verantwortung, bleibt mit ihnen im Dialog und fordert sie mit Fragen heraus. Nur wer herausgefordert wird und seine Aufgabe besteht, ist stolz auf seine Leistung. Das bedeutet aber auch, dass ich als Vorgesetzter oder Teamleiter nicht aus der Ferne delegieren kann, sondern mit den Mitarbeitenden die Herausforderungen gemeinsam co-kreativ angehe.
Wie sollte idealerweise der erste Schritt auf der Co-Kreation-Reise aussehen?
Dass wir uns bewusst fragen, ob wir eine Veränderung wollen und auch dazu bereit sind, den Preis für diese zu bezahlen. Solange man sich darüber nicht im Klaren ist, macht es keinen Sinn, auf die Co-Kreation-Reise zu gehen.
Wie sieht der zu bezahlende Preis denn konkret aus?
In erster Linie geht es um die innere Bereitschaft, sich verändern zu wollen und sich anderen gegenüber zu öffnen. Das bedeutet zugleich, Verantwortung zu teilen und Kontrolle zu delegieren.
Raus aus der Komfortzone
Ist das so zu verstehen, sich und sein Tun kritischer zu hinterfragen?
Auch! Raus aus der Komfortzone, sich und das gemeinsame Tun kritisch hinterfragen und alles, was nicht sinnvoll erscheint, auf den Prüfstand zu stellen. Natürlich braucht es Ressourcen, Geld, Zeit, einen klaren Auftrag und so weiter – das sind aber alles nachgelagerte Dinge. Zunächst braucht es die Bereitschaft, sich zu hinterfragen und den gemeinsamen Willen zu schaffen, in diese Veränderungen investieren zu wollen.
Und wie erreicht man das?
In dem man den Mitarbeitenden das Ziel aufzeigt. Der Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry hat das schön formuliert und auf den Punkt gebracht: «Wenn Du ein Schiff bauen willst, beginne nicht damit, Holz zusammenzusuchen, Bretter zu schneiden und die Arbeit zu verteilen, sondern erwecke in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem grossen, weiten Meer.»
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Autor: Markus Back
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