Die Zukunft der Automation beginnt im Modell
Die Effizienz moderner Produktion entsteht nicht mehr an der Maschine, sondern im Modell. Mit Model-Based Design verlagert sich die Innovation in die virtuelle Entwicklungsphase – dorthin, wo Mechanik, Elektronik und Software zu einem fehlerfreien Gesamtsystem zusammenfinden.
Textquelle: Mathworks
Die industrielle Automatisierung verfolgt ein klares Ziel: Durchsatz und Qualität zu erhöhen, die Effizienz von Produktionslinien zu steigern und Abläufe zu standardisieren. Doch dieser Fortschritt hat seinen Preis. Denn hinter jeder Produktivitätssteigerung steht ein beträchtlicher Entwicklungsaufwand. Komplexe Maschinenarchitekturen und immer anspruchsvollere Steuerungssoftware müssen zu einem fehlerfreien Gesamtsystem zusammenfinden. Gerade diese zunehmende Systemintegration stellt Ingenieurteams vor Herausforderungen. Mechanik, Elektronik und Software greifen so eng ineinander, dass klassische sequenzielle Entwicklungsansätze an ihre Grenzen stossen. Wer Effizienz in der Produktion erreichen will, muss sie also zuerst in der Entwicklung realisieren.
Rareş Curatu, Industry Manager für Industrial Automation and Machinery bei Mathworks, erläutert, wie Model-Based Design genau dieses Dilemma adressiert. Indem Ingenieure mit Tools wie Simulink ein Systemmodell der Anlage und der Steuerung aufbauen, können sie deren Verhalten simulieren und validieren.
Model-Based Design: Die Basis für verlässliche Automation
Eine solche modellbasierte Vorgehensweise schafft einen entscheidenden Mehrwert: Steuerungsalgorithmen können bereits im virtuellen System entwickelt und getestet werden, was Softwarequalität und Prozessleistung deutlich steigert. Gleichzeitig können Ingenieure die Platzierung von Aktoren, Sensoren und anderen Komponenten sowie die Dimensionierung der Hardware prüfen, lange bevor physische Maschinen bereitstehen. Die Simulation von Anlage und Steuerung verhindert Integrationsprobleme, die sonst erst im Feld sichtbar würden. Auch das Durchspielen ungewöhnlicher oder fehlerhafter Betriebszustände ist möglich.
Ein weiterer Vorteil ist die nahtlose Einbindung automatisierter Entwicklungs- und Testprozesse. Das Modell lässt sich direkt in CI/CD-Workflows (Continuous Integration/ Continuous Delivery) integrieren, wodurch wiederholbare, verlässliche Software-Releases entstehen. Zudem kann aus dem getesteten Systemmodell automatisch Produktionscode für SPS oder Edge-Controller generiert werden. Model-Based Design liefert somit unmittelbar einsetzbare Steuerungssoftware. Anschliessend können Ingenieure Hardware-in-the-Loop-Testumgebungen nutzen, in denen das zuvor validierte Modell auf Echtzeitrechnern läuft und mit den Steuerungen der realen Anlage verbunden wird. So lassen sich unterschiedliche Szenarien durchspielen, bevor es zur physischen Umsetzung kommt. Die finale Inbetriebnahme erfolgt dadurch wesentlich schneller, kostengünstiger und risikoärmer.
Darüber hinaus unterstützt Model-Based Design Maschinenbauunternehmen dabei, den steigenden Anforderungen an Flexibilität und Individualisierung in der Fertigung gerecht zu werden. Je ausgeklügelter die Maschine und ihre Softwarefunktionen sind, desto grösser ist der potenzielle Return on Investment. Insbesondere modulare Maschinen, die auf unterschiedliche Kundenanforderungen angepasst werden müssen, profitieren von modellgestützter Entwicklung. So lassen sich unterschiedliche Spezifikationen bereits im Modell prüfen und optimieren, wodurch Entwicklungszeiten um bis zu 50 Prozent reduziert werden können.
Was Model-Based Design noch ermöglicht
Model-Based Design macht die klassische Maschinensteuerung zu einer vielseitigen Plattform, auf der weitere Analyse- und Optimierungsansätze miteinander verknüpft werden können. Dabei bilden die eingangs entwickelten Systemmodelle eine wiederverwendbare Grundlage für diese innovative Methoden.
So ermöglicht Model-Based Design den Einsatz von Anomalieerkennung und Predictive Maintenance, die Fehlerpotenziale weit über die physische Inbetriebnahme hinaus erkennen. Mit Werkzeugen wie Matlab beispielsweise können Ingenieure Szenarien simulieren, Daten synthetisch erzeugen und Algorithmen validieren. Dadurch wird die Planung von Wartungsstrategien präziser und ressourcenschonender. Gleichzeitig lassen sich mithilfe dieser Modelle KI-gestützte Anwendungen für visuelle Inspektionen trainieren und testen. Die Modelle können ausserdem eine realistische Umgebung für Deep-Learning-Systeme liefern. Deren Robustheit kann in der Simulation überprüft werden, bevor reale Anlagen in die Prüfprozesse eingebunden werden.
Darüber hinaus bilden die entwickelten Modelle die Grundlage für digitale Zwillinge und virtuelle Inbetriebnahme. Sie spiegeln die reale Anlage exakt wider und erlauben die Entwicklung und Simulation neuer Betriebszustände in einer sicheren Umgebung. Dies schafft eine frühe Validierungsplattform und ermöglicht es, komplexe Analysen und Optimierungen durchzuführen, ohne den Produktionsbetrieb zu unterbrechen.
Ergebnisse, die wirklich zählen
Wer seine Erkenntnisse heutzutage erst auf der realen Maschine gewinnt, reagiert zu spät. Model-Based Design transformiert den Entwicklungsprozess von reaktiven Nachbesserungen hin zu proaktivem, daten- und modellgestütztem Engineering. Darüber hinaus schafft Model-Based Design eine flexible, wiederverwendbare Entwicklungsbasis. Einmal erstellte Modelle lassen sich für digitale Zwillinge, KI-gestützte Qualitätsprüfungen oder vorausschauende Wartung nutzen. Automatisch generierter Code macht den Schritt von der Simulation zur Produktion zuverlässig und hardwareunabhängig. Die gleiche Modellbasis kann für unterschiedliche Steuerungssysteme eingesetzt werden, ohne dass Entwickler erneut bei Null anfangen müssen.
Der wirkliche Wert von Model-Based Design liegt jedoch in seiner strategischen Wirkung: Unternehmen können Produktionsprozesse schneller anpassen und den steigenden Anforderungen an Individualisierung besser gerecht werden. Simulation und Modellierung ermöglichen Experimente und Designvarianten, ohne die reale Produktion zu gefährden. Mit diesem Ansatz lassen sich Entwicklungszeiten halbieren, Integrationsrisiken minimieren und die Produktionsqualität kontinuierlich verbessern. Gleichzeitig erhalten Ingenieure eine robuste Grundlage, um auch künftigen Anforderungen an Automatisierung und Digitalisierung gewachsen zu sein.
Mehr erfahren auf der SPS – 25. bis 27. November 2025 in Nürnberg
Am Mathworks-Stand in Halle 6, Stand 215 erhalten Besuchende Einblicke zum Einsatz von Matlab und Simulink anhand von Demos rund um die Themen KI, Predictive Maintenance, Virtuelle Inbetriebnahme, Codegenerierung für Industriesteuerungen und mehr. Das Partnerunternehmen Speedgoat stellt Echtzeit- und Hardware-in-the-Loop-Testsysteme mit nahtloser Integration in Matlab- und Simulink-Workflows vor. Weitere Informationen zum Messeauftritt von Mathworks auch online.
Demos vor Ort:
- Fehlerklassifizierung auf Edge-Geräten: Diese Demo zeigt ein Predictive Maintenance (PdM)-Framework für Siemens-SPSen und Edge-Geräte sowie die Integration mit der Automatisierungshardware von Siemens. Das ermöglicht die effiziente Bereitstellung von PdM-Modellen für die Echtzeitüberwachung, gewährleistet eine schnelle Problemlösung und minimiert Ausfallzeiten.
- Vorausschauende Wartung einer Flow-Pack-Maschine: Diese Demo zeigt ein Beispiel für die Fehlerklassifizierung und RUL-Schätzung einer Flow-Pack-Maschine. Das Beispiel basiert auf einem physikalischen Simulink/Simscape-Modell der Maschine, mit dem elektrische und mechanische Fehler (Ausfälle von Servomotor und Getriebe) simuliert werden.
- Virtuelle Fertigungsstrasse: Diese Demo zeigt eine virtuelle Fertigungsstrasse, die durch Importieren von CAD-Dateien erstellt wurde. Sie kombiniert ein umfangreiches Update in Simulink 3D Animation mit anderen Mathworks-Lösungen wie Robotik, Zustandsmaschinenmodellierung und Bildverarbeitung.
- Digital Twin-Workflow mit Matlab/Simulink: Diese Demo zeigt, wie Simulationsmodelle als digitale Zwillinge genutzt werden können – basierend auf einem hochpräzisen Modell einer Dreifachpumpe.
- Motion Control Prototyping: Anhand eines 6-DoF-Roboterarms wird demonstriert, wie Simulink, Stateflow und Simulink Real-Time für das Rapid Prototyping der Bewegungssteuerung von Robotern eingesetzt werden. Die Regelung läuft auf einem Prototyping-Testsystem von Speedgoat, das über EtherCAT angebunden ist.
- SPS-Tests mit digitalen Zwillingen: Echtzeit-Simulationen mit Digitalen Zwillingen für Tests und die virtuelle Inbetriebnahme von SPSen. Die Demo veranschaulicht, wie ein Digitaler Zwilling eines Roboters erstellt, auf einem Testsystem von Speedgoat implementiert und über EtherCAT mit einer Beckhoff-SPS verbunden wird.
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