Patrick Vergult, Nicolas Muller, Christian Moser von Actemium
Patrick Vergult, Nicolas Muller, Christian Moser von Actemium (v.l.)

IT und OT reden oftmals aneinander vorbei. Wieso das so ist, sagen die Experten Patrick Vergult, Nicolas Muller und Christian Moser von Actemium Schweiz. Im Interview geben sie auch einen Ausblick auf das bei Arlesheim entstehende Security Operation Center für die DACH-Region.


Ein Beitrag von Technik und Wissen
Markus Back (Autor) und Damian Byland (Fotos)


Mit welchen typischen Herausforderungen sehen sich Unternehmen konfrontiert, wenn sich plötzlich deren IT und OT miteinander austauschen sollen?

Nicolas Muller: Eine ganz grosse Herausforderung sind die verschiedenen Lebenszyklen, die in der IT-Welt vier bis fünf Mal schneller sind als in der OT-Welt. Das führt zwangsläufig dazu, dass Technologien mit unterschiedlichem Entwicklungsstand aufeinandertreffen. Dies kann zu Systemausfällen aufgrund inkompatibler Hardware oder Software führen, die von einem Systemintegrator fachgerecht überwacht werden müssen, um eben dies zu vermeiden.

Christian Moser: Wir sehen in vielen Unternehmen, dass deren Netze längst miteinander verbunden sind, beispielsweise für die Auswertung oder Archivierung von Prozessdaten, diese aber glauben, dass die IT- und OT-Netze nach wie vor getrennt seien. Dies führt zu einer trügerischen Sicherheit, die verschiedene Gefahren birgt, beispielsweise eine komplett stillstehende Produktion durch Hackerangriffe oder Virenbefall.

IT-OT: Unterschiedliche Prioritäten

Woraus resultiert diese falsche Annahme?

Patrick Vergult: Eine Ursache sehen wir in den unterschiedlichen Prioritäten der beiden Disziplinen. Während die OT eine hohe Anlagenverfügbarkeit und Produktivität gewährleisten muss, verantwortet die IT die Sicherheit des Netzes. Gerade in kleineren KMU, in der IT und OT oftmals von ein und derselben Person betreut wird, kann das dann zu unterschiedlichen Gewichtungen führen.

Neues Berufsbild, bei dem IT und OT verschmelzen

Da verlangt ja nahezu nach einem neuen Ausbildungsberuf, das die Bedürfnisse von IT und OT verschmilzt?

Christian Moser: Ich finde diesen Gedanken sehr prickelnd und sehe grosses Potenzial für ein solches Berufsbild. Ich kenne zwar Automatiker, die in der IT-Welt Fuss gefasst haben und mit der Security vertraut sind, aber der umgekehrte Fall ist mir weniger bekannt. Wenn ein Informatiker in die Industrie geht, befasst er sich dort ausschliesslich mit dem IT-Teil, programmiert aber beispielsweise keine Steuerungen. Daher fehlt ihm in aller Regel ein Verständnis für alle Safety-Fragen und das Prozesswissen.


Das könnte Sie auch interessieren

DIGITALE BAUSTELLE – REALE BEISPIELE BITTE!

Vom digitalen Zwilling und semi-autonomen Bohrroboter bei uptownBasel


IT-SECURITY: GIBT ES SCHON CYBERANGRIFFE MITHILFE KÜNSTLICHER INTELLIGENZ?

Interview mit IT-Security-Experte Boris Cipot, Senior Security Engineer bei der Synopsys Software Integrity Group


Sicheres IT-OT-Konzept

«Safety» ist ein gutes Stichwort. Was braucht es für ein sicheres IT-OT-Konzept?

Nicolas Muller: Wenn Firmen sicher produzieren wollen, müssen diese sehr schnell auf Störungen und Angriffe reagieren können. Allerdings ist gerade für kleinere Unternehmen der Unterhalt eines Überwachungssystems kostspielig, weshalb wir auf dem uptownBasel-Areal in Arlesheim ein Security Operation Center für die DACH-Region aufbauen. In dieses bringen wir unsere OT-Kompetenz ein, während unsere Schwestergesellschaft Axians AG dort die Aspekte rund um die IT abdeckt.

Patrick Vergult: Das Security Operations Center wird mehr als 300 Cybersecurity-Spezialisten aus der Schweiz, Deutschland und weiteren europäischen Ländern vernetzen und fokussiert sich auf die Sicherheit im Bereich Industrie 4.0. Dabei werden Kompetenzen für Informations- und Kommunikationstechnik und industrielle Betriebstechnik gebündelt sowie die Erkenntnisse aus internationalen Wissenschaftskooperationen hinsichtlich kritischer Infrastrukturen verarbeitet werden. Durch unsere hohe Präventionsquote und den Fokus auf ICT & OT Security schaffen wir am Standort Basel damit ein europaweit führendes Zentrum für Cyber-Sicherheit im Zeitalter der Industrie 4.0.

+

Patrick Vergult Managing Director

Gelernter Beruf: Electrical Engineer (1986)

Studium/Weiterbildung: Software Engineer (1989)

Beruflicher Werdegang/Stationen:

1987-1991: Software Engineer, ABB Belgien

1991-1992: Software Engineer, Vergult Engineering Belgien

1992-2001: Geschäftsführer und Inhaber Iproco NV, Belgien & Schweiz

2001-2011: Geschäftsführer und Inhaber Else Automation AG (seit Mai 2011 gehört Else Automation zur Vinci-Gruppe und ist damit Teil des Actemium-Netzwerks)

2011-2013: Business Unit Manager, Actemium Schweiz AG

Seit 2013: Managing Director, Actemium Schweiz AG

Hobbies: Leichtathletik, Schreiben (Buch «Das Geschäft bist Du»)

+

Christian Moser Business Unit Leiter

Gelernter Beruf: Automatiker

Studium/Weiterbildung: Ingenieur Elektrotechnik

Beruflicher Werdegang/Stationen:

1991-1992: Spezialmonteur SBB Telekom

1995-1997: Applikationsingenieur National Instruments Switzerland GmbH

1997-1999: Leiter Applikationsingenieur National Instruments Switzerland GmbH

1999-2002: Vertriebsingenieur National Instruments Switzerland GmbH

2002-2006: Leiter Vertrieb National Instruments Switzerland GmbH

2006-2019: Geschäftsführer National Instruments Switzerland GmbH

Seit 2019: Business Unit Manager Actemium Schweiz AG

Hobbies: Wandern, Skifahren, Joggen, Radfahren

+

Nicolas Muller Business Unit Leiter

Gelernter Beruf: Electrical & Automation Engineer

Beruflicher Werdegang/Stationen:

2004-2011: Project Engineering Automation & Industrial-IT, Else Automation AG

2011-2014: Client Manager Industrial-IT, Actemium Schweiz AG

Seit 2014: Business Unit Manager & Innovation Manager Actemium Schweiz AG

Hobbies: Neue Technologien, Natur

Veröffentlicht am: