Die Wasserversorgung ist eines der grossen Themen auf der Aqua Suisse 2021. In diesem Interview erklärt Christian Bieri, Technischer Berater im Aussendienst der TMH Hagenbucher AG, die wichtigsten Fakten rund um das Thema.
Welche Trends und neue Technologien beschäftigen Ihr Unternehmen?
Christian Bieri: Wenn ich an den Anlagenbau denke, ist das BIM (Building Information Modelling), das vernetzte Denken ein Thema. Aus meiner Sicht profitieren die Firmen von der Digitalisierung generell. Seien es Bewerber, die sich die Plattformen anschauen, B2B, also Business to Business-Produktion oder
-Administration. Auch der Einfluss auf die Effizienz durch automatisierte Prozesse und optimierten Workflow sind grosse Themen für uns und die Branche. Ich wage zu behaupten, in der Branche sind die positiven Effekte dieser Themen jedoch innerhalb der Firma viel grösser als unseren Kunden gegenüber.
Digitalisierung versus persönlicher Verkauf – wo ergeben sich neue Geschäftsmodelle aus Ihrer Sicht?
Auch wir haben z.B. eine Präsenz bei LinkedIn. Aber für uns sind nach wie vor die direkte Kundennähe und die technische Beratung das A und O. Auch in zehn Jahren noch. Die persönliche Nähe, das Vertrauen, das kann man nicht über eine Internetseite aufbauen. Die Unternehmensziele für 2021/22 – das ist aber auch sonst immer unser Anspruch – sind: Gemeinsam mit den Bauherren im Bereich der Wasserversorgung die optimale Lösung zu finden.
Wo liegen die Herausforderungen bei der Werterhaltung der Netze?
Die Werterhaltung liegt in der öffentlichen Bewirtschaftung, und der Kunde bezahlt für das Netz. Wenn er dies aufschiebt, kann er zwar kurzfristig sparen, aber langfristig wird es ihn einholen. Bei der Werterhaltung ist darauf zu achten, dass das Produkt möglichst langlebig ist. Frühere Generationen sind gut damit gefahren, Produkte zu verwenden, die einen Lebenszyklus von bis zu 100 Jahren hatten. Warum sollen wir uns jetzt mit weniger begnügen? In der Schweiz haben wir ein Netz von rund 50‘000 km Wasserleitungen. Wenn ich nur ein Prozent pro Jahr erneuern muss, ist dies schon extrem viel. Das muss auch mittels nachhaltiger Planung finanziert werden. Und für dieses eine Prozent, das eingebaut wird, sollte das Produkt auch 100 Jahre halten. Wichtig ist, dass das Fachpersonal das nötige Know-how hat. Womit wir dann bei der Nachwuchsförderung sind.
Ist Privatisierung oder Verstaatlichung des Wassernetzes der richtige Weg?
Das ganze Wasserversorgungsnetz, also die Wasserleitungen, das Reservoir und alle weiteren Anlagen gehören der Bevölkerung und nicht einem Aktionär. London ist ein Beispiel, wo das Wassernetz privatisiert wurde. Nachdem man festgestellt hatte, dass die Leitungen über die Jahre älter und nicht besser wurden, entprivatisierte man sie wieder. Heute fehlt das Geld, um das Wassernetz zu unterhalten. Ein nicht wieder gut zu machender Fehler. Das Geld wird die nächsten 1000 Jahre fehlen. Zum Thema Privatisierung gibt es aber auch positive Beispiele wie die Stadt Zug. Dort war es eine gute Investition und funktioniert wunderbar.
Wie sieht es mit der Verunreinigung von Trinkwasser, z.B. durch das Fungizid Chlorothalonil aus?
Zur AQUA Suisse 2021 kommen nur Mitarbeitende der Wasserwerke und Planer. Der erzeugende Bauer kommt nicht. Am besten wäre ein Runder Tisch, vielleicht mit dem Landwirtschaftsverband, um über dieses brisante Thema zu sprechen.
Wie steht es um das Thema «Wasserentkeimung» & «Trinkwasserqualität» in Zeiten der Überdüngung, Pestizidbelastung und Arzneimittelrückstände im Wasser?
Umkehrosmose, Ozon und UV-Bestrahlung werden seit vielen Jahren erfolgreich zur Wasserentkeimung eingesetzt. Trinkwasser ist das Lebensmittel Nr. 1. Es ist das am besten kontrollierte Gut, das wir haben. Und es wird sicher Vorkehrungen wie UVC-Anlagen oder Ultrafiltration geben. Aus meiner Sicht hat das Wasser eine hohe Qualität. Im Grundwasserbereich gibt es eine Überwachung, und da ist die Gesetzgebung gefragt.
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Nachwuchsförderung im Trinkwasser- und Abwasserbereich
Wie gehen Sie das Thema Nachwuchsförderung an – und wie beeinflusst die Zusammenarbeit mit Verbänden, wie der «SVGW», der «VSA», «Swissmem» oder «aqua suisse», das Gas- und Wasserfach?
Die Ausbildung im Trinkwasser- und Abwasserbereich funktioniert nicht so einfach. Der Nachwuchs hat erst mit einer Zweitausbildung Zugang in die Wasser- oder Trinkwasserbranche. Die gesamte Schweiz hat Probleme, Nachwuchsmitarbeiter zu finden, die einerseits technisch versiert sind und gleichzeitig die notwendige Sozialkompetenz haben. Es gibt zwar Ausbildungswege und Studiengänge, diese könnten aber deutlich besser kommuniziert werden, zum Beispiel von den Verbänden.
Und Ihr Unternehmen?
Die TMH Hagenbucher AG macht auch interne Schulungen, sodass die Mitarbeitenden als gut geschulte Berater im Markt auftreten können. Als ich vor 25 Jahren in der Branche angefangen habe, wurde die Ausbildung sehr stiefmütterlich behandelt. Es war eher ein «learning by doing». Es wurde in der Vergangenheit einfach viel zu wenig gemacht, damit dieser Beruf attraktiver wird. Die Swiss Tech hat es schon vor Jahren verpasst, den Nachwuchs heranzuziehen. Dazu kommt, dass die Ausbildung zum Rohrnetzmonteur bei jedem Wetter draussen stattfindet. Das muss man wissen und das muss einem liegen. Wenn der Monteur aber das benötigte Equipment nicht bekommt, wie etwa einen weiteren Bagger, wenn also die Arbeit unnötig erschwert wird, dann hat diese mangelnde Anerkennung negative Auswirkungen.
Was ist Ihre Botschaft an die Branche?
Eine Botschaft an die Branche – oder an den Verband – wäre, die Wertschätzung zum einen durch gute Verdienstmöglichkeiten auszudrücken, zum anderen aber auch die gesellschaftliche Relevanz dieses Berufes zu betonen. Die Arbeit in der Wasserversorgung hat einen sinnstiftenden Charakter.
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Was bedeutet der zentrale Branchenevent mit dem neuen Messeformat «AQUA» zusammen mit der «Pumps&Valves» und der «Maintenance Schweiz» für ihr Unternehmen und die Branche?
Ein grosser Mehrwert ist, dass auf der Messe immer interessante und bereichernde Gespräche geführt werden. Aber vor allem ist wichtig, dass die Branche sieht: Es gibt wieder eine Messe. Der Kunde, der zu uns kommt, geht ziemlich sicher auch zur Pumps&Valves und zur Maintenance, das heisst, es gibt Schnittmengen und Synergien. Es wäre zudem sehr wünschenswert, wenn der Verband mit dem Thema Nachwuchsförderung präsent wäre. Es soll eine Fachmesse sein, bei der man sich umfassend informieren und auch orientieren kann.
Wie gestalten wir aus Ihrer Sicht die Messe der Zukunft?
Ich bin nicht so sicher, ob es das Modell der Messe in zehn Jahren noch gibt. Aber ich habe jetzt erst einmal den November 2021 im Fokus. Meinen Kunden habe ich ans Herz gelegt, die AQUA Suisse unbedingt zu besuchen. Das ist nämlich auch beim oftmals herrschenden Zeitmangel gut machbar, denn diese Messe ist mit ihren zwei Tagen kurz, dafür aber konzentriert und vor allem informativ.
Warum darf man diesen Event als Besucher und Aussteller keinesfalls verpassen?
Ich bin zuversichtlich, dass die Messe ein Erfolg wird. Denn ich beobachte, dass die Leute, was den Informationsaustausch angeht, wie auf Entzug sind. Man darf nicht vergessen, wir waren viele Monate lange zu Hause isoliert! Die Kunden kommen aber nur, wenn wir die Messe spannend gestalten, das ist nun unsere Aufgabe als Aussteller. Und darauf freuen wir uns.
Impressum
Textquelle: Easyfairs / Inoveris
Bildquelle: Easyfairs / Inoveris
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
Eine Publikation von Technik und Wissen
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