Unternehmen sammeln, aber nutzen kaum ihre Daten
Nur 6 Prozent schöpfen Potenzial der verfügbaren Daten aus - in zwei Jahren will aber mehr als die Hälfte datengetriebene Geschäftsmodelle einsetzen
Ein Beitrag von Bitkom, bearbeitet von «Technik und Wissen»
Ob für das Training von KI-Modellen, die smarte Nutzung erneuerbarer Energien oder die Forschung rund um personalisierte Medikamente – Daten werden für Wirtschaft und Gesellschaft immer wichtiger. Doch in der grossen Mehrheit der deutschen Unternehmen bleiben Daten weiterhin ungenutzt. Nur 6 Prozent gehen davon aus, dass sie das Potenzial der ihnen zur Verfügung stehenden Daten vollständig ausschöpfen. 31 Prozent schöpfen es eher stark aus, 42 Prozent eher wenig und 18 Prozent meinen, dass sie das Potenzial überhaupt nicht ausschöpfen. Entsprechend sehen sich nur 7 Prozent der deutschen Unternehmen als Vorreiter bei datengetriebenen Geschäftsmodellen (2023: 9 Prozent), ein Viertel (26 Prozent, 2023: 23 Prozent) verortet sich im Mittelfeld, ein Drittel (32 Prozent, 2023: 31 Prozent) unter den Nachzüglern und ein Fünftel (19 Prozent, 2023: 21 Prozent) meint, den Anschluss verpasst zu haben. 15 Prozent haben sich mit dem Thema noch gar nicht beschäftigt.
Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten aus allen Wirtschaftsbereichen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. «Daten und ihre Nutzung sind entscheidend für die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz entfalten erst dann Wirkung, wenn sie die nötigen Daten verwenden können», sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. «Die deutsche Wirtschaft muss ihre Daten nutzen und verwerten, damit nicht Dritte die Lücke füllen und sich in die Wertschöpfungskette schieben. Die Entwicklung einer deutschen Datenökonomie ist ein wichtiger Beitrag zur digitalen Souveränität.»
Digitale Geschäftsmodelle tragen bislang kaum zum Erfolg bei
Viele Unternehmen wollen in den kommenden Jahren digitale Geschäftsmodelle entwickeln. So tragen heute nur in 2 Prozent der Unternehmen datengetriebene Geschäftsmodelle ausschliesslich und in 5 Prozent sehr stark zum Geschäftserfolg bei. In den nächsten zwei Jahren wollen bereits 7 Prozent bzw. 15 Prozent so weit sein. Der Anteil der Unternehmen, bei denen datengetriebene Geschäftsmodelle eher stark zum Erfolg beitragen, soll von 22 auf 31 Prozent steigen. Umgekehrt gehen nur 15 Prozent davon aus, dass sie auch 2026 gar kein datengetriebenes Geschäftsmodell haben, heute sind es noch 24 Prozent. Aber jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent, aktuell: 19 Prozent) wird auch in zwei Jahren nur sehr geringe, 21 Prozent eher geringe Anteile verbuchen (aktuell: 30 Prozent). «In zwei Jahren will mehr als die Hälfte der Unternehmen stark von Daten profitieren – das wären doppelt so viele wie heute. Dieses Ziel müssen wir gemeinsam erreichen und wenn möglich sogar noch übertreffen. Wir brauchen ein eigenes Datenökosystem für die deutsche und europäische Wirtschaft», so Wintergerst.
Daten-Angebot wird nicht ausgeweitet
Ein wichtiger Beitrag für eine erfolgreiche Datenökonomie ist das Teilen von Daten mit anderen Unternehmen. Doch während die Nachfrage nach Daten zunimmt, wächst das Angebot kaum. So ist der Anteil jener Unternehmen, die Daten von anderen als Daten-Empfänger nutzen, zwischen 2022 und 2024 von zunächst 22 Prozent über 30 auf nunmehr 36 Prozent gestiegen. Dagegen stagniert der Anteil der Daten-Anbieter an den Unternehmen bei 17 Prozent, 2023 war er sogar verglichen mit 2022 um 4 Prozentpunkte rückläufig. «Die Datenökonomie ist ein Markt mit stark steigender Nachfrage und stagnierendem Angebot. So wird das auf Dauer nicht funktionieren. Daten zur Verfügung zu stellen muss den Unternehmen leicht gemacht werden und es muss sich für sie lohnen. Regulatorische Hürden schaden hier», sagt Wintergerst.
Fragt man die Unternehmen, die bisher keine Daten anbieten, nach den Gründen, so wird am häufigsten (58 Prozent) der Datenschutz genannt, der einen Austausch nicht erlaubt. 44 Prozent sind unsicher, ob das Teilen rechtlich möglich ist – und verzichten deshalb ganz darauf. Ähnlich viele (41 Prozent) machen sich Sorgen, dass Daten gegen ihren Willen genutzt werden könnten. Ein Drittel (33 Prozent) beklagt eine fehlende Kompatibilität der Daten, jeweils ein Fünftel hat Sorge, dass versehentlich Geschäftsgeheimnisse weitergegeben werden (21 Prozent) oder wollen ihre Wettbewerber nicht stärken (18 Prozent). 16 Prozent sorgen sich, dass feindliche Staaten die Daten nutzen könnten, 15 Prozent kennen keine passenden Partner zum Datenaustausch, für 14 Prozent ist es nicht wirtschaftlich attraktiv und 11 Prozent haben Schwierigkeiten bei der Einigung mit potenziellen Partnern.
«Daten-Altruismus spielt vor einige Unternehmen durchaus eine Rolle. Viele Unternehmen haben aber selbst ganz unmittelbar Vorteile, wenn sie Daten anbieten.»
Datenräume bauen bestehende Hürden und Bedenken beim Datenaustausch ab
Umgekehrt tun auch Unternehmen, die als Daten-Anbieter auftreten, dies aus sehr unterschiedlichen Motiven. Fast die Hälfte (47 Prozent) will damit helfen, bessere Lösungen etwa für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden. Rund ein Drittel (30 Prozent) gibt an, es sei zur Daten-Bereitstellung verpflichtet. Der Grossteil mit 52 Prozent teilt Daten aber, um davon zu profitieren: So sagen 47 Prozent, dass sie auf diese Weise selbst Daten von anderen bekommen, 37 Prozent können so neue Kunden gewinnen und 34 Prozent machen mit dem Daten-Angebot Umsätze. 13 Prozent senken durch die Daten-Bereitstellung ihre Kosten. «Daten-Altruismus spielt vor einige Unternehmen durchaus eine Rolle. Viele Unternehmen haben aber selbst ganz unmittelbar Vorteile, wenn sie Daten anbieten», so Wintergerst.
Zwei Drittel (65 Prozent) der Unternehmen, die sowohl Daten anbieten als auch empfangen, geben an, dass dies sehr stark zu ihrem Geschäftserfolg beiträgt, bei weiteren 21 Prozent ist dies eher stark der Fall. Bei den Unternehmen, die ausschliesslich Daten anbieten liegen die Anteile bei 11 bzw. 42 Prozent, bei denen, die nur Daten empfangen sind es 34 bzw. 1 Prozent. «Datenräume bauen bestehende Hürden und Bedenken beim Datenaustausch ab. Sie bringen Partner in einer sicheren Umgebung zusammen», sagt Wintergerst. «Catena-X im Mobilitätsbereich oder Manufacturing-X für die Industrie zeigen, wie so etwas aussehen kann.»
Datenräume haben noch nicht die Bedeutung, die sie verdienen
Allerdings ist die Wirtschaft mit Blick auf Datenräume noch gespalten. Rund die Hälfte (49 Prozent) der Unternehmen glaubt, dass mit Datenräumen der Einsatz von Künstlicher Intelligenz vorangetrieben wird. Und ebenfalls für die Hälfte (50 Prozent) ist ein Datenraum als Ergänzung zu anderen Möglichkeiten des Datenaustauschs interessant, 39 Prozent meinen sogar, dass sich ihnen durch Datenräume ganz neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Allerdings hält ein Drittel (32 Prozent) Datenräume für irrelevant für das eigene Geschäftsmodell, ein Fünftel (22 Prozent) sagt sogar, dass Datenräume ihr eigenes Geschäftsmodell bedrohen würden. Und 42 Prozent halten Datenräume für zu kompliziert für den Einsatz in Unternehmen.
Dabei könnten Datenräume für die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren stark an Bedeutung gewinnen. 11 Prozent der Unternehmen nutzen sie derzeit, aber 17 Prozent planen die Nutzung und weitere 17 Prozent diskutieren dies. 39 Prozent geben an, dass Datenräume kein Thema für das eigene Unternehmen sind, 13 Prozent haben noch nie davon gehört. Wintergerst. «Wir müssen die Chancen von Datenräumen noch deutlicher machen. Unter Experten ist unstrittig, dass funktionierende Datenräume enorme Vorteile bringen.»
Inzwischen zeigt sich auch, wo die Hauptanwendungen von Datenräumen für die Wirtschaft sind. Die Unternehmen, die sie nutzen oder dies planen, geben mit grosser Mehrheit an, dass dadurch eine verbesserte Steuerung von Lieferketten möglich ist (87 Prozent). Vor zwei Jahren waren es noch 78 Prozent. Zwei Drittel (67 Prozent) können mit Datenräumen Transparenzpflichten erfüllen, vor zwei Jahren waren es nur 32 Prozent. Weitere Anwendungsfälle sind eine höhere Leistung der eigenen Produkte oder Dienstleistungen (54 Prozent, 2022: 67 Prozent), die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen (47 Prozent, 2022: 47 Prozent) sowie die Optimierung des Herstellungsprozesses (36 Prozent, 2022: 19 Prozent). 16 Prozent der Unternehmen sehen in Datenräumen eine Chance für das Training von KI-Modellen.
Data Act: Die Hälfte der Unternehmen hält sich für nicht betroffen
Gravierende Auswirkungen auf den Umgang mit Daten in Deutschland und Europa wird der Data Act haben. Bisher haben sich aber erst 7 Prozent der Unternehmen mit den Chancen und Risiken des Data Act beschäftigt, 14 Prozent sind gerade noch dabei. 28 Prozent haben sich mit dem Data Act bislang noch nicht auseinandergesetzt, wollen das aber noch. Aber rund die Hälfte (46 Prozent) aller Unternehmen in Deutschland meint, dass der Data Act für sie kein Thema ist. «Der Data Act betrifft praktisch alle Unternehmen. Niemand sollte den Data Act ignorieren», sagt Wintergerst.
Strenge Regeln behindern Daten-Innovationen in der deutschen Wirtschaft
Schon heute fühlen sich viele Unternehmen durch Gesetze und Vorschriften beim Umgang mit Daten ausgebremst. 44 Prozent mussten bereits häufig oder mehrfach Pläne für Innovationen in Zusammenhang mit der Nutzung von Daten wegen rechtlicher Vorgaben oder Unsicherheiten stoppen. Bei weiteren 17 Prozent war dies zumindest einmal der Fall. «Ein solcher Innovationsstau trifft nicht nur die einzelnen Unternehmen. Wenn wir etwa an Lösungen für die öffentliche Verwaltung, für Bildung oder das Gesundheitswesen denken, dann lassen wir Chancen für unsere Gesellschaft ungenutzt», so Wintergerst. «Ein digital souveränes Deutschland kann sich eine solche Daten-Abstinenz nicht leisten.»
51 Prozent der Unternehmen wünschen sich entsprechend weniger strenge Regeln für die Datennutzung. 62 Prozent stimmen der Aussage zu, dass durch strenge Regeln innovative datengetriebene Geschäftsmodelle aus Deutschland vertrieben werden. Jeweils rund die Hälfte ist überzeugt, dass Deutschland durch strenge Regeln zur Datennutzung wirtschaftliche Chancen verschenkt (53 Prozent) und Chancen für die Menschen verpasst (49 Prozent).
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Textquelle: Bitkom
Bildquelle: Dall-e, Technik und Wissen (Cartoon), Bitkom (Grafik)
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
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