Dr.-Ing. Marc Hüske, Leiter Forum Manufacturing-X im VDMA

 

Manufacturing-X soll als integraler Bestandteil von Industrie 4.0 dem Maschinenbau eine Portfolio-Erweiterung ausserhalb seiner Hardware ermöglichen. Welche Rolle hierbei einheitliche Datenräume spielen, erklärt Dr.-Ing. Marc Hüske, Leiter Forum Manufacturing-X im VDMA, im Interview.


Von Markus Back, Chefredaktor Print

Um was geht es bei «Manufacturing-X»?

Manufacturing-X ist Teil der Digitalstrategie der Bundesrepublik Deutschland und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz verantwortet. Als erstes Leuchtturmprojekt ist im Februar 2024 «Factory-X» mit 47 Projektpartnern und zehn assoziierten Partnern gestartet. Das erklärte Ziel ist die Schaffung eines vertrauensvollen industriellen Datenraumes, der einen sicheren Datenaustausch ermöglicht und damit zur Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz der Industrie beiträgt.

Was ist die Idee hinter diesen Datenräumen?

Während Plattformmodelle Daten zentral speichern und Applikationen bereitstellen, ermöglichen einheitliche Datenräume ein multi-laterales Teilen von Daten zwischen verschiedenen Teilnehmern. Da dieses Teilen auf zuvor vereinbarten Regeln beruht, weiss der Datengeber ganz genau, mit wem er seine Daten teilt und kennt den Zweck und die Dauer der Datennutzung.

Wie könnte eine solche Kooperation oder Zusammenarbeit aussehen?

In der Automobilindustrie wird das bereits erfolgreich mit Catena-X praktiziert, das zum Beispiel die Rückverfolgbarkeit von Bauteilen und Komponenten entlang der gesamten Lieferkette garantiert. Tritt nun ein Fehler auf, lässt sich genau feststellen, wo in der Lieferkette dieser Fehler verursacht wurde. Es lässt sich bestimmen, ob beispielsweise bei einem Getriebefehler nur eine bestimmte Charge von Zahnrädern betroffen ist und daher nur einige Fahrzeuge zurückgerufen werden müssen oder aber eine ganze Flotte. Damit reduziert die gezielte Rückverfolgbarkeit die Kosten von Rückrufaktionen erheblich.

Das ist ein schönes Beispiel. Was ist noch denkbar?

Ein anderes Beispiel ist die Ermittlung des CO2-Fussabdrucks eines Bauteils. Dabei werden die Prozessdaten erfasst und zu dessen Berechnung herangezogen, wie zum Beispiel der Energieverbrauch der Maschinen während der Fertigung. Ein anderer Anwendungsfall wäre ein Maschinenbauunternehmen, das seine Maschinen in der Fertigung eines Kunden betreibt und aufgrund seiner detaillierten Kenntnisse über die von ihm gebaute Maschine den Prozess selbst optimiert und damit die Qualität des gefertigten Bauteils verbessert.

Wie genau hilft Manufacturing-X dabei, die Qualität und die Produktionseffizienz zu steigern?

Bei Equipment as a Service verbessert die datenbasierte Kenntnis des Fertigungsprozesses die Produktionseffizienz, insbesondere im Hinblick auf eine kürzere Betriebszeit. Es gibt aber auch Anwendungen wie Manufacturing as a Service, bei denen freie Kapazitäten einer Fabrik digital erfasst werden. Hier meldet sich zum Beispiel ein Lohnfertiger automatisch, sobald er freie Produktionskapazitäten hat. Dies führt zu einer optimierten Verteilung der Aufträge, so dass die Produktionseffizienz gesteigert wird. Darüber hinaus können kleinere und mittlere Unternehmen am digitalen Marktplatz teilnehmen.

Lässt sich Manufacturing-X nachträglich in bestehende Produktionen integrieren oder ist das nur in neu gebauten Fabriken möglich?

Prinzipiell ist ein Retrofit machbar. Dafür müssen die Maschinen mit Sensoren ergänzt werden. Zusätzlich braucht es Edge Computer für den Prozessdatentransfer, umati beziehungsweise OPC UA und die Companion Specifcations für die Maschine sowie weitere Softwarekomponenten, die sich mit dem Datenraum verbinden.

Manufacturing-X soll dem Maschinenbauer zusätzliche Einnahmen durch Daten-getriebene Geschäftsmodelle ermöglichen, die sonst zu Drittanbieterin, meistens Software-Unternehmen, abwandern würden. Braucht es aber nicht genau diese Software-Unternehmen, um überhaupt Manufacturing-X realisieren zu können?

Eigentlich ist diese benötige Kompetenz für die Umsetzung von Manufacturing-X in den meisten Maschinenbauunternehmen vorhanden, da sie üblicherweise ihre eigene Software entwickeln. Natürlich gibt es MES-Systeme oder Orchestrierungs-Software von Softwareanbietern, welche die Datenströme aus verschiedenen Quellen vereinen; dennoch bietet Manufacturing-X dem Maschinenbau viele Möglichkeiten, sein Portfolio ausserhalb der eigentlichen Hardware weiterzuentwickeln.

Lässt sich Manufacturing-X nachträglich in bestehende Produktionen integrieren oder ist das nur in neu gebauten Fabriken möglich?

Prinzipiell ist ein Retrofit machbar. Dafür müssen die Maschinen mit Sensoren ergänzt werden. Zusätzlich braucht es Edge Computer für den Prozessdatentransfer, umati beziehungsweise OPC UA und die Companion Specifcations für die Maschine sowie weitere Softwarekomponenten, die sich mit dem Datenraum verbinden.

Manufacturing-X soll dem Maschinenbauer zusätzliche Einnahmen durch Daten-getriebene Geschäftsmodelle ermöglichen, die sonst zu Drittanbieterin, meistens Software-Unternehmen, abwandern würden. Braucht es aber nicht genau diese Software-Unternehmen, um überhaupt Manufacturing-X realisieren zu können?

Eigentlich ist diese benötige Kompetenz für die Umsetzung von Manufacturing-X in den meisten Maschinenbauunternehmen vorhanden, da sie üblicherweise ihre eigene Software entwickeln. Natürlich gibt es MES-Systeme oder Orchestrierungs-Software von Softwareanbietern, welche die Datenströme aus verschiedenen Quellen vereinen; dennoch bietet Manufacturing-X dem Maschinenbau viele Möglichkeiten, sein Portfolio ausserhalb der eigentlichen Hardware weiterzuentwickeln.

Das bedeutet aber auch, dass der Maschinenbauer unternehmerisch und strategisch neu denken und digitale Geschäftsmodelle entwickeln muss, oder?

Das ist richtig. Die sich potenziell ergebenden Geschäftsmodelle bieten viele Chancen, diese müssen jedoch erarbeitet werden. Im Factory-X-Projekt gibt es daher ein Teilprojekt, das sich genau mit diesen neuen Geschäftsmodellen befasst und für deren Entwicklung Blaupausen definiert.


Printausgabe 027

Lesen Sie in der Printausgabe #027 von Technik und Wissen, wo Unternehmen bei der Manufacturing-X-Implementierung Unterstützung erhalten und wie dieses die Arbeitswelt verändern wird.

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Impressum

Autor: Markus Back

Bildquelle: VDMA (Porträt), Dall-e (Hintergrundbild)

Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen

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