Jedes Jahr treffen sich Ende November ein paar Hundert Automatisierungsexperten in Frauenfeld, um sich bei B&R über Trends und neue Technologien zu informieren. Im Fokus des diesjährigen Treffens: Success Stories, Cyber Security und die Innovationen von B&R im Jahr 2024.
Von Markus Back (Text) und Patrick Pfeiffer, Pfeiffer Photodesign (Fotos)
Die Entwickler im oberösterreichischen Eggelsberg waren auch in diesem Jahr wieder fleissig. Eine der Neuerungen nennt sich Automation Studio Copilot und soll Programmierern die Arbeit erleichtern. Das Versprechen: schneller besseren Code mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz generieren. Wie das geht, demonstrierte Yannick Gubler anhand diverser Beispiele. Ebenfalls neu ist ein zusätzlicher Reiter auf der Homepage mit dem Titel «B&R Community». Dieser soll den Austausch unter den Anwendern erleichtern, indem sie beispielsweise Probleme diskutieren oder Plug-Ins austauschen können.
Winzigste Abweichungen erkennen
Eine weitere Neuerung, die in den Bereich Maschinenverfügbarkeit und -optimierung geht, veranschaulichte Gubler an einem Beispiel aus seinem Leben. Nach einem Unfall signalisierte ihm sein Fitness-Tracker, dass sein Lauf-Stil unsymmetrisch sei. Die Auswertung ergab, dass er seine Füsse beim Rennen unterschiedlich lang auf dem Boden setzt und er gesundheitlichen Schaden nimmt, wenn er seinen Laufstil nicht korrigiert. Eine ähnliche Analyse-Funktion bietet B&R nun für die Überwachung von Maschinen und Anlagen an. Sie erfasst alle relevanten Parameter und ermöglicht es so dem Betreiber, selbst allerkleinste Abweichungen zu erkennen, die aber auf Dauer erheblichen Schaden verursachen können. Als ein Beispiel nannte der Ausdauersportler einen Versatz im Tracking-System, der mit fortschreitender Dauer zum Ausfall der Shuttles führen kann.
So hilft B&R
Einen solchen Ausfall vorherzusehen, bedarf aussagekräftiger Daten. Da diese aber nicht immer zur Verfügung stehen, ist ein alternativer Ansatz gefragt. Wie dieser aussehen kann, schilderte Mario Kruckner in seinem Vortrag «Antriebsoptimierung mit Servosoft». Dabei stand er vor dieser Herausforderung: Für eine Presse bestand erst das Grobkonzept, doch weder die Mechanik, das Bewegungsprofil noch die Zykluszeit standen fest. Weil aufgrund der Lieferkettenprobleme die Motoren aber mit entsprechender Vorlaufzeit bestellt werden mussten, bedurfte es vorab die bereits angesprochene Simulation, die zuverlässig und aussagekräftig sein musste. Kruckner demonstrierte in seinem Vortrag, wie er diese Simulation erfolgreich umsetzte.
Ein weiteres Praxisbeispiel kam von Patrick Tanner, der zwar nicht simulieren musste, dafür aber rechnen. Seine Kalkulation diente der exakten Positionierung von Kleinteilen in einem Montage-Automaten. Dieser verfügt über ein flexibles Zuführungssystem, so dass dieser je nach Bestückung verschiedene Baugruppen herstellen kann. Realisiert wurde diese Applikation auf Basis einer preisgünstigen Compact-S-CPU.
Cyber Security muss ins Pflichtenheft
Im Fokus der Ausführungen von Stefan Schönegger, Product Group Manager Controls bei B&R, stand die «Cyber Security» und hier speziell zwei Punkte: Wie sein Unternehmen Maschinenbauer und Anlagenbetreiber vor Cyber-Gefahren schützen kann und welche Konsequenzen der EU Cyber Resilience Act auf diese haben wird. «Wir müssen jetzt handeln, weil die neuen Gesetze schon in einigen Jahren scharf sein werden», empfiehlt er.
Diese Schärfe begründet er vor allem mit technologischen Veränderungen, welche diese Bestimmungen mit sich bringen werden. So werden diese unter anderem die Art und Weise, wie zukünftig Verbindungen aufgebaut werden und wie der Fernzugriff auf Maschinen und Anlagen sicher vor Hacker-Angriffen erfolgt, verändern. Unternehmen, die dieses Denken nicht in ihre Kernkompetenz integrieren, prophezeit er, aus dem Markt gedrängt zu werden.
Während Schönegger klare Vorstellungen davon hat, wie die neuen Regularien die Automatisierungswelt verändern werden, mag er sich in einem anderen Punkt nicht festlegen – und zwar ob Künstliche Intelligenz in die Hände von Hackern spielt. «Diese bekommen sicherlich mehr Möglichkeiten, die andere Seite aber auch. Bei einer Traffic-Analyse im Netzwerk zum Beispiel kann eine KI Muster und damit Angriffe erkennen. Von daher hält es sich wohl die Waage», zeigt er sich diplomatisch.
Was ist die Idee hinter Passion4Automation?
Wie es der Name sagt, es ist die Passion, also die Leidenschaft für die Automation und innovative Technologien, die uns hier bei B&R in Frauenfeld zusammenbringt.
Die Veranstaltung findet bereits seit vielen Jahren statt. Kommen immer wieder die gleichen Teilnehmer oder habt Ihr ein wechselndes Publikum?
Es ist eine sehr gute Mischung. Zum Teil haben wir treue Teilnehmer, die seit vielen Jahren immer wieder sehr gerne zu uns nach Frauenfeld kommen. Es gibt aber auch Teilnehmer, die erstmals hier sind, weil wir beispielsweise gemeinsam mit ihnen ein Projekt realisiert oder diese als Neukunden gewonnen haben. Aber eines haben alle Teilnehmer gemeinsam, sie eint die Faszination an der Automatisierungstechnik.
Nach welchen Kriterien gestaltet Ihr Eure Vorträge? Beruhen diese auf aktuellen Trends oder sind es Applikationen, die aus eurer Sicht besonders interessant sind?
Nach beidem. So informierte Stefan Schönegger, Product Group Manager Controls bei B&R, dieses Mal über Cyber Security. Diese ist seit Jahren ein Trendthema und wird die Maschinen- und Anlagenbauer weltweit noch auf lange Zeit begleiten. Daher haben wir diese näher beleuchtet, zumal in den kommenden Jahren Gesetzesänderungen anstehen, die alle betreffen und die jedes Unternehmen auf dem Radar haben sollte. In anderen Beiträgen zeigten unsere Kunden, wie technisch sehr komplexe Herausforderungen mit unserer Unterstützung und mit unseren Produkten gut gelöst werden konnten.
Trends in der Vergangenheit waren «Losgrösse 1» und «Vorausschauende Wartung», um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie ist es um diese bestellt und welche weiteren Trends stehen auf Eurer Agenda?
Die individualisierte Massenproduktion beziehungsweise Losgrösse 1 läuft bei uns unter «Adaptive Manufacturing» und ist immer noch brandaktuell. Neu hinzugekommen sind bei uns die Themen «Vision», dabei vor allem die Integration, die einfache Handhabung von Software sowie sichere Steuerungen und sichere Software.
Wie hilft B&R Unternehmen dabei, diese Trends in ihre Anwendungen zu integrieren und damit letztendlich erfolgreich zu sein?
(lacht) Indem sie unsere Produkte einsetzen und unsere Dienstleistungen nutzen. Aber Spass bei Seite. Der Austausch mit uns lohnt sich und das werden viele Anwender im Markt bestätigen. Passion 4 Automation ist für uns nicht eine Worthülse, sondern wird von uns aktiv gelebt. Deswegen finden wir gemeinsam mit dem Kunden immer die Lösung, die zu seiner Herausforderung oder zu seinem Problem passt.
Eine dieser Dienstleistungen ist ein kürzlich in Frauenfeld eröffnetes Labor, in dem Kunden ihre Ideen testen können. Wie gut wird dieses bereits angenommen?
Das Automation Lab ist mit zwei Zellen ausgestattet und deckt die Themen rund um Adaptive Manufacturing sowie Machine Centric Robotic ab. Inzwischen haben die ersten Kunden ihre Versuche erfolgreich beendet, andere haben indes Kapazitäten beziehungsweise Zeit im Labor gebucht. Im kommenden Jahr wollen wir weitere Themen angehen und unseren Kunden zur Verfügung stellen.
Yannick Gubler stellte in einem Vortrag die Neuheiten von B&R vor. Welches sind aus Deiner Sicht die interessantesten Neuheiten für den Anwender?
Da gibt es einige, wobei ich zwei Neuerungen speziell hervorheben möchte. Die eine Neuheit ist der KI-basierte Automation Studio Copilot, der es Programmierern ermöglicht, schneller erst noch besseren Code zu generieren. Die zweite Neuheit ist aus dem Bereich «Vision», der um interessante Werkzeuge und Funktionalitäten erweitert wurde. Diese erlauben es Maschinen- und Anlagenbauern beispielsweise noch einfacher als bisher Vision in ihre Lösungen zu integrieren.
Was sollte abschliessend unbedingt noch zu dieser Veranstaltung gesagt werden?
Wenn ich mich hier umschaue, sehe ich zufriedene Kunden und motivierte Mitarbeiter, was mich mit Glück und Stolz erfüllt. Schade, dass die Veranstaltung fast schon wieder zu Ende ist. Aber wie heisst es so schön, nach dem Event ist vor dem Event. Wer dieses Mal die Teilnahme verpasst hat, ist schon jetzt recht herzlich zum nächsten Passion4Automation am 21. November 2024 eingeladen.
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Impressum
Von Markus Back (Text) und Patrick Pfeiffer, Pfeiffer Photodesign (Fotos)
Informationen
B&R Industrie-Automation AG
www.br-automation.com
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