Markus Schönbächler absolvierte vor seinem Studium zum Process Engineer eine Ausbildung als Elektromonteur. Dem Studium schlossen sich verschiedene Aus- und Weiterbildungen an, darunter die zum Safety Engineer. Im Zuge einer typischen Nachfolgeregelung übernahm er 2008 die Mattle Industrie-Produkte AG. In seiner Freizeit ist der 57-Jährige ein begeisterter Hochsee-Segler, Skifahrer, Mountain-Biker und Bergwanderer. Zudem engagiert er sich als gewählter Fachrichter am Zürcher Handelsgericht
Sicherheitsverstösse und was man dagegen tun kann
Ein Gespräch mit dem Schweizer Safety-Spezialist Markus Schönbächler
Sicherheitsverstösse und was man dagegen tun kann
Ein Gespräch mit dem Schweizer Safety-Spezialist Markus Schönbächler
Wie geht man mit Mitarbeitern um, die jede Schutzvorrichtung aushebeln? Dies verrät der Schweizer Safety-Spezialist Markus Schönbächler im Gespräch und erzählt in diesem vom kuriosesten Sicherheitsverstoss, den er jemals erlebt hat.
Ein Beitrag von Technik und Wissen
Markus Back (Autor) und Damian Byland (Fotos)
Sie sind schon seit vielen Jahren im Geschäft. Wann haben Sie sich entschlossen, das Thema «Sicherheit» auf Ihre Fahnen zu schreiben?
Es war ein Erlebnis, das ich als 25-Jähriger hatte. Ich programmierte morgens um 3 Uhr in der damaligen Toni Molkerei eine Tetra-Pak-Abfüllmaschine, als ich durch ein Knackgeräusch und einen anschliessenden Schrei aufgeschreckt wurde. Ein Betriebstechniker war mit seinem Kopf in eine Flaschen-Gebindemaschine gegangen, um etwas zu kontrollieren. Zwar war diese elektrisch abgestellt, doch es war noch eine Restkraft in der Pneumatik vorhanden und drückte ihm plötzlich den Kopf zusammen.
Das war für mich sehr prägend und solche Bilder wird man auch nicht mehr los, wenn man sie einmal gesehen hat. Da war für mich schnell klar, dass solche Unfälle einfach unnötig sind, weshalb ich mich für Maschinen-Safety zu interessieren begann.
Der kurioseste Sicherheitsverstoss
Das war vermutlich ein Unfall, der so nicht vorherzusehen war. Was war jedoch der kurioseste Sicherheitsverstoss, den Sie jemals erlebt haben?
Ich wurde zu einer Risikobetrachtung gerufen, weil das Sicherheitslichtgitter an einer grösseren Maschine nicht mehr funktionierte. Wie mein Blick über das Steuerpanel ging, sah ich dort einen angeschrieben Schalter «Sicherheit Ein/Aus». Dieser Schalter überbrückte die komplette Sicherheit der Anlage, man konnte diese also ohne die vorgesehenen Sicherheitseinrichtungen betreiben. Da passiert natürlich dann nichts, wenn man den Not-Stopp drückt!
Es war übrigens der Anlagenbetreiber selbst, der diesen Schalter «Sicherheit Ein/Aus» einbauen liess. Er war sich offenbar nicht bewusst, dass bei einem Unfall nicht der Maschinenbauer, sondern er als Anlagenbetreiber haftet.
Zur Person Markus Schönbächler
Operateur findet jedes Mausloch zur Umgehung der Sicherheit
Was war die Idee dahinter, die Sicherheitseinrichtungen zu überbrücken?
Wieso macht man so etwas? Die Maschine ist nach den gängigen Normen und Richtlinien hergestellt, geprüft und ausgeliefert worden und dann so etwas! Ich weiss es nicht so genau und der Kunde wollte es mir auch nicht so richtig beantworten.
Die Maschinenrichtlinie 13849-1/2 und auch die Risikobetrachtung einer Maschine sind zweifellos gut durchdacht, berücksichtigen aber nicht unbedingt die menschliche Komponente. Ich garantiere Ihnen, ein Maschinen-Operateur, der die ganze Nacht Zeit hat, seiner Maschine zuzuschauen, der findet das Mausloch zur Umgehung der Sicherheit, um sie so bedienen zu können, wie es für ihn am besten passt – und da kann die Maschine noch sicher geplant sein!
Nun nehme ich doch mal an, dass Sie es nicht dabei belassen haben. Wie haben Sie dieses Risiko aus der Welt geschaffen?
Wir haben einen möglichen Sicherheitslösungsvorschlag unterbreitet und in einem separaten Schreiben nochmals explizit darauf hingewiesen, dass die Maschine so schnell als möglich wieder in ihren Originalzustand zu bringen ist und wir von vornherein jede Haftung ablehnen. Wenn wir das als Spezialisten unterlassen, sind wir zweifellos in einer Risiko- und Haftungsfrage mit drinnen.
Interview in der Printausgabe
Wieso es keine einhundertprozentige Sicherheit bei einer Autofahrt durch den Gotthardtunnel gibt und auf was bei der Implementierung von Funklösungen zu achten ist, erklärt Markus Schönbächler im grossen Interview in der Printausgabe #012 von Technik und Wissen.
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Sicherheitsschulung und Instruktion der Mitarbeiter
Sehr oft hebeln Mitarbeiter aus den verschiedensten Gründen Schutzvorrichtungen aus. Was empfehlen Sie Arbeitgebern, die solche «Spezialisten» in ihren Reihen haben?
Es gibt immer wieder Prozesse, die sich nicht komplett absichern lassen. Daher braucht es in diesem Fall eine Schulung und Instruktion der Mitarbeitenden und ein Betriebshandbuch, das genau beschreibt, wie die Maschine oder Anlage zu betreiben ist. Darüber hinaus empfehle ich dem Arbeitgeber, dies entweder im Arbeitsvertrag oder in einem Bestätigungsschreiben festzuhalten, dass diese Unterweisung stattgefunden hat und wer für die Bedienung berechtigt beziehungsweise nicht berechtigt ist.
Impressum
Autor: Markus Back, Chefredaktor Print
Fotos: Damian Byland
Publiziert von Technik und Wissen
Informationen
Mattle Industrie-Produkte AG
www.mattle-ag.ch
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