
Inwieweit lässt sich durch Re-Designs oder durch Rückbesinnung auf mechanische Lösungsansätze dem Materialmangel begegnen? Im Gespräch mit Mo Aakti, Geschäftsführer des Mechatronik-Dienstleisters Antrimon aus dem aargauischen Muri.
Autor: Markus Back
Durch Ihre kundenspezifischen Designs sind Sie es gewohnt, unvoreingenommen zu denken und zu planen. Inwieweit hilft Ihnen diese Fähigkeit bei der Lösungsfindung, wenn bestimmte Bauteile und/oder Komponenten nicht verfügbar sind?
Leider nur begrenzt, da es keine Design-Topologie beziehungsweise -Architektur gibt, die in dieser Hinsicht sicher ist. Zudem bestimmt bei uns die Anwendung das Design, wobei immer eine qualitativ-hochwertige Lösung das Ziel ist. Unter diesem Aspekt können wir nicht einfach auf andere Bauteile oder Komponenten ausweichen, da bei uns immer auch bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt sein müssen. Sicherlich hilft uns unsere Technologie-unabhängige und nicht branchenspezifische Vorgehensweise etwas weiter, aber in der derzeitig weltweit angespannten Situation können auch wir damit nicht Lieferausfälle kompensieren.

Nun ist der Markt derzeit so, dass gar nicht oder wenn, nur teilweise geliefert wird, weshalb selbst kreative Ansätze nicht wirklich helfen. Was bedeutet das konkret für Ihre Arbeit?
Zunächst einmal einen erheblichen Mehraufwand bei der Projektabwicklung. Was früher mit wenigen Telefonanten oder E-Mails erledigt war, erfordert nun ein sehr viel umfangreichere Kommunikation. Zudem ist die stetige Suche nach neuen Quellen und einem Lageraufbau mit erheblichen Mehrkosten verbunden. Des Weiteren lassen sich Geschäfte nicht mehr just-in-time tätigen, sondern müssen mit sehr viel grösseren Zeitpuffern geplant werden.
Inwieweit ist es möglich, mittels Re-Designs dem Materialmangel zu begegnen?
Dies kann eine Möglichkeit sein! In regulierten Märkten, wie der Medizintechnik, ist dieser Weg allerdings keine Alternative, da alle verwendeten Bauteile zertifiziert sein müssen. Hier wäre der Aufwand schlichtweg zu gross, da alternative Komponenten zunächst einmal auf ihre Zulassungen hin überprüft werden müssten. Bei mechatronischen Anwendungen, bei denen alle Komponenten ineinandergreifen müssen, ist dieser Ansatz ebenfalls keine Lösung.
Einen Bereich, in dem Re-Designs eine Möglichkeit sein könnten, ist aus meiner Sicht der Maschinenbau. Da dort eher mit Normkomponenten gearbeitet wird, ist auch das Netzwerk an Herstellen beziehungsweise Lieferanten sehr viel grösser, weshalb sich leichter auf andere Komponenten wechseln lässt.
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Entwicklungen bauen oftmals auf den Lösungen ganz weniger Hersteller auf, um die Lagerkosten gering zu halten. Ist es ratsam, genau den anderen Weg zu gehen, um die Abhängigkeitsrisiken zu minimieren?
Ein gebündeltes Netzwerk an Lieferanten hilft sicherlich dem Einkauf, da er dadurch in eine bessere Verhandlungsposition gelangt. Allerdings besteht darin auch die Gefahr der Abhängigkeit durch die Lieferverfügbarkeit. Auch wir spüren diesen Einfluss bei unseren Projekten, da von uns eingesetzte Teile in verschiedenen Kundenlösungen eingesetzt werden.
Natürlich probieren auch wir alternative Quellen zu erschliessen. Aber wie viele andere Schweizer Unternehmen sind wir lediglich ein Nischenplayer und dementsprechend schwierig ist es für uns, eine Redundanz/Dual-Source aufzubauen, da es sich gerade bei kleineren Stückzahlen oftmals nicht rechnet.
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Mechanischer Lösungsansatz wäre Rückschritt
Inwieweit lassen sich diese Abhängigkeiten durch mechanische anstatt elektrotechnische Lösungsansätze reduzieren?
Diese Frage stellt sich in unserem Bereich nicht. Als Mechatronik-Anbieter würde das für uns einen klaren Rückschritt bedeuten. Die Mechatronik ist die Basis der erzielten Fortschritte für smarte und flexible Lösungen. Durch reine mechanische Ansätze würde dieser rückgängig gemacht – denn die Mechatronik entstand ja genau aus dieser Kombination.
Was ist aus Ihrer Sicht noch zum Thema Lieferengpässe zu sagen?
Möglichst früh mit den Lieferanten in den Dialog zu treten und Folgebestellungen zu platzieren. Dabei ist es jedoch entscheidend, ein Feingefühl für die Nachfrage zu entwickeln und vorausschauend zu planen. Ansonsten droht ein Jo-Jo-Effekt mit leeren/vollen Lagern sowie einem Auf- und Abbau von Infrastruktur.
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Autor: Markus Back
Bildquelle: Antrimon
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
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