Die Firma Trumpf wird das Matterhorn also selbstverständlich nicht mit einem Superlaser bearbeiten! Zum Glück! Aber wäre es möglich? Wir haben bei Trumpf nachgefragt und mit Andreas Conzelmann, CEO Trumpf Schweiz AG, und Thomas Metzger, Managing Director Trumpf Scientific Lasers, darüber gesprochen.
Technik und Wissen: Herr Conzelmann, Sie sind nicht nur CEO der Trumpf Schweiz AG und arbeiten und leben im Prättigau, sondern sind auch ein fleissiger Berggänger und waren schon auf dem Matterhorn: Was würden Sie selbst von einer solchen Begradigung des Matterhorns halten, wie wir sie in unserem Beitrag zum 1. April beschrieben haben?
Andreas Conzelmann: Natürlich würden bei einem solchen Projekt zwei Herzen in meiner Brust schlagen: das Herz eines Alpinisten und das Herz eines Laserherstellers. Trotzdem müssen wir die wundervolle Bergwelt für unsere Kinder und Kindeskinder schützen und bewahren. Deshalb bin ich entschieden gegen einen derart massiven Eingriff in die Geologie und komplett gegen die Errichtung eines Hotels auf einem so wundervollen Gipfel wie dem Matterhorn. Das würde dem «Horu» – wie die Zermatter «ihr Horn» liebevoll nennen – seinen Zauber nehmen.
Beim Gravieren von Gestein kommen bereits heute Laser zum Einsatz. Wie weit ist die aktuelle Technologie davon entfernt, Gestein mit Stärken ab 100 mm und mehr zu schneiden?
Andreas Conzelmann: Lasermarkierungen auf Stahl, Kunststoff oder Gestein werden heute in der Regel mit Kurzpulslasern im Nanosekundenbereich beziehungsweise mit Ultrakurzpulslasern im Piko- oder Femtsosekundenbereich durchgeführt. Das Laserschneiden von Gestein ist grundsätzlich möglich, die Abtragsraten sind jedoch gering und deshalb ist das Schneiden von Gesteinen nicht wirtschaftlich.
Was ist die Herausforderung beim Laserschneiden von Gestein?
Andreas Conzelmann: Während beim Schneiden von Blechen – je nach Schneidtechnologie, Material und Dicke – Schnittgeschwindigkeiten von über 50 m/min erreicht werden, können bei mineralischen Werkstoffen nur kleine Volumen abgetragen werden, da die Wärmeeinkopplung viel schlechter ist als im Vergleich zu Metallen.
Forschung hilft neue Geschäftsfelder zu finden
Welche möglichen Einsatzgebiete sehen Sie für solche Laser?
Andreas Conzelmann: Sofern das Laserschneiden mineralischer Werkstoffe wirtschaftlich möglich wäre, sind viele Anwendungen in der Baubranche – sowohl im Hochbau als auch im Tiefbau – denkbar. Der Laser hätte den Vorteil, dass durch eine Bahnsteuerung beliebige Formen ausgeschnitten werden könnten.
Inwieweit wären diese Einsatzgebiete für Trumpf als Markt interessant?
Andreas Conzelmann: Wir sind heute Weltmarktführer im Segment Werkzeugmaschinen für die Blechbearbeitung. Die Erweiterung von vorhandenen Technologien auf neue Branchen wäre eine logische Erweiterung, zumal wir die Baubranche beispielsweise mit Elektrowerkzeugen zur Blechbearbeitung bedienen.
Wie im 1.-April-Artikel erwähnt, hat Trumpf aber tatsächlich im vergangenen Sommer auf dem Säntis einen gepulsten Laser in Betrieb genommen. Was war dessen Aufgabe?
Thomas Metzger: Die Idee ist mit Hilfe von intensiver Laserstrahlung Blitze gezielt abzuleiten. Der Laser ionisiert durch seine hohe Intensität die Luft und das wirkt letztlich wie ein leitfähiger Kanal, den der Blitz zur Entladung nutzen kann.
Wieso ist diese Art der Forschung für Trumpf interessant?
Thomas Metzger: Die Forschung hilft möglicherweise neue Geschäftsfelder zu finden und natürlich die Lasertechnologie und -entwicklung weiter voranzutreiben, um neue Anwendungen, auch in anderen Bereichen, wie den «Secondary Sources», zu ermöglichen.
Kombination aus hoher mittlerer Leistung und hoher Pulsspitzenleistung
Der Laser ist fast neun Meter lang und fünf Tonnen schwer. Was genau macht diesen so gross?
Thomas Metzger: Es ist die Kombination aus gleichzeitig hoher mittlerer Leistung und hoher Pulsspitzenleistung nahe einem Terawatt. Die Verstärkung des Laserstrahls erfolgt in mehreren Stufen und die hohen Intensitäten verlangen trotz der Verwendung der mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Technologie «Chirped Pulse Amplification», grosse Strahldurchmesser, damit der Laser sich nicht selbst zerstört.
Der Laser stammt aus Ihrem Kompetenzzentrum in Unterföhring bei München, wo Laser von Trumpf Scientific Lasers für wissenschaftliche Anwendungen entwickelt werden. An welchen weiteren Lasern arbeiten Sie dort zurzeit?
Thomas Metzger: Es sind hauptsächlich Ultrakurzpuls-Laser mit sehr hohen Pulsenergien mit dem Ziel sehr hohe Pulsspitzenleistungen im Bereich von einigen Terawatt und Intensitäten von mehr als 1018 W/cm zu erzeugen. Das ist, als würde man die Leistung von etwa einer Trilliarde Toastern auf eine winzige Fläche von wenigen Mikrometern Durchmesser konzentrieren. Damit lassen sich Röntgenstrahlen erzeugen, Elektronen, Protonen und Neutronen beschleunigen, die eine Vielfalt von neuen Anwendungen erlauben.
Neue Diagnostik-Verfahren für die Industrie
Und welche Technologiesprünge darf der Industrie-Anwender erwarten?
Thomas Metzger: Der Industrie-Anwender darf sich auf neue Diagnostik-Verfahren im Bereich der Kristallographie, Röntgenmikroskopie, Halbleiterindustrie und der zerstörungsfreien Prüfung (NDT) freuen.
Wie geht es mit dem Laser auf dem Säntis weiter?
Thomas Metzger: Das Forschungsprojekt «Laser Lightning Rod» wurde von der EU über einen Zeitraum von fünf Jahren finanziert und lief Ende 2021 aus. Der Laser wurde nach dem Ende des Projekts wieder abgebaut und den beteiligten Forschungspartnern für weitere Laborexperimente überlassen. Aktuell wird der Laser in Frankreich wieder in Betrieb genommen.
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Autor: Markus Back
Bildquellen: Trumpf und Pixabay
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
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