Kleinstantriebe für das Smart Farming
DC-Kleinstantriebe lassen sich präzise ansteuern und erfüllen die Anforderungen nach hoher Zuverlässigkeit sowie langer Lebensdauer. Auch die zunehmend automatisierte Landwirtschaft ist heute und in Zukunft auf sie angewiesen.
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
Die Weltbevölkerung wird weiterwachsen. Alle fundierten Prognosen gehen davon aus, dass in diesem Jahrhundert neun bis zehn Milliarden erreicht werden. Zwar bietet die Erde durchaus Potenzial, so viele Menschen mit ausreichend Nahrung zu versorgen. Die Landwirtschaft steht hier allerdings vor einer riesigen Herausforderung: Ackerbau und Viehzucht müssen mehr produzieren und das ohne die lebenserhaltenden Ressourcen zu gefährden. Sie müssen unbedingt geschont werden. Das heisst der Pestizid- und Düngereinsatz muss drastisch reduziert werden und auch die heute übliche grossflächige künstliche Bewässerung ist nicht mehr akzeptabel.
Smart Farming braucht moderne Technologien für Effizienz und Ressourcenschonung
Es muss sich also einiges ändern: Bisher werden beispielsweise die meisten Arbeitsschritte im Ackerbau wie Säen, Düngen und Pflanzenschutzmassnahmen auf die Fläche bezogen; die Maschinen verteilen das Material mit dem entsprechenden Durchsatz. Statt nur direkt an den Pflanzen zu wirken, gelangt so zum Beispiel ein Teil des Düngers ins Grundwasser. Die Landwirtschaft hat aber auch noch mit anderen Herausforderungen zu kämpfen. So erfordern Tätigkeiten wie der Rückschnitt von Obstbäumen oder die Ernte empfindlicher Frucht- und Gemüsesorten aufwendige Handarbeit, während immer mehr Betriebe unter Personalmangel leiden.
Smart-Farming-Konzepte können die Lösung sein. Sie nutzen moderne Technologien, um zugleich die Effizienz der Landwirtschaft zu steigern, schonender mit allen Ressourcen umzugehen, Menschen von monotoner Arbeit zu entlasten und höhere Erträge zu produzieren. In diesem Zusammenhang ist auch von Precision Farming, Digitalfarming oder e-Farming die Rede. Mit rechnergestützten, vernetzten Abläufen sowie maschinellem Lernen und massgeschneiderten Roboterfunktionen wird es möglich, bei allen Massnahmen den Fokus auf die einzelne Pflanze statt auf die Fläche zu richten. So liesse sich etwa die Verwendung von Herbiziden deutlich reduzieren, Früchte und Gemüse könnten von Robotern in kontinuierlichen Durchgängen automatisch geerntet werden, immer zum optimalen Reifegrad.
Autonom arbeitende Feldroboter statt grosser Landmaschinen
Leichte, autonom arbeitende Feldroboter eröffnen auch eine Chance, die Böden zu schonen. Grosse Landmaschinen sind heute bis zu zehn Tonnen schwer und verdichten durch ihr Gewicht bei jeder Fahrt den Boden, der dann kaum noch Wasser und Luft aufnehmen kann. Wachstum und Gesundheit der Nutzpflanzen im Bereich der Fahrwege werden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen. Mit Smart Farming kann man zu gesünderen Böden und mehr Biodiversität beitragen.
Viele dieser Anwendungen existieren aktuell nur als Studien oder Prototypen. Es gibt Smart Farming aber auch schon in bewährter Praxis, so zum Beispiel bei der gezielten Einzelkornaussaat. Sie wurde ursprünglich für die Forschung und Saatgutzüchtung entwickelt. Die entsprechenden Maschinen können einzelne Saatkörner in genau definierten Abständen ausbringen. Jede Pflanze bekommt genug Platz zum Wachsen, die Fläche wird optimal ausgenutzt. Zugleich wird das kostbare Saatgut mit höchster Sparsamkeit verwendet.
Die Maschinen verwenden pro Reihe ein Vereinzelungsmodul mit Elektroantrieb. Ein Motor treibt eine mit Schlitzen oder Zähnen versehene Scheibe an, die die einzelnen Körner zum Auslass befördert. Die Steuerung stellt je nach Saatgut den optimalen Abstand genau ein. Dabei können bei Kurvenfahrt die unterschiedlichen Radien der einzelnen Reihen kompensiert werden. Die Zufuhr des Saatguts zu den Scheiben wird mit ebenfalls motorisierten Verschlüssen geregelt.
Robotik für die Pflanzenzucht im Gewächshaus
Beim Gemüse- und Blumenanbau in Gewächshäusern werden viele Pflanzen zunächst in kleinen Anzuchttöpfen vorgezogen und später in grössere Töpfe oder in Beete umgepflanzt. In modernen Gartenbaubetrieben übernehmen Maschinen das Sortieren und Handhaben von Pflanzen und Töpfen. Ihre Maschinenparks haben grosse Ähnlichkeit mit Anlagen aus industrieller Produktion und Logistik. Es gibt Fliessbänder und Rollenbahnen, auf denen Trays mit den Produkten in verschiedenen Stadien transportiert, sortiert und umgetopft werden. Die eingesetzten Greifer unterscheiden sich nur durch die Form von ähnlichen Vorrichtungen in anderen Branchen. Von Kleinmotoren angetrieben übernehmen sie die automatische Handhabung der einzelnen Töpfe und Pflanzenballen.
Solche Kleinmotoren werden auch bei selbstfahrenden Erntemaschinen für Früchte und Gemüse eine Schlüsselrolle spielen. Diese Maschinen haben die Serienreife für den breiten Einsatz zwar noch nicht erreicht, doch die Richtung der technischen Entwicklung ist schon abzusehen: Kameragestützte Sensoren erkennen anhand von Farbe und Form den Reifegrad von Erdbeeren oder Paprikaschoten und erfassen deren genaue Position. Der Bordcomputer steuert anhand dieser Daten einen Roboterarm, der mit einer Art Schere und einer Auffangvorrichtung bestückt ist. Die Prototypen dieser Technologie stecken voller Elektromotoren, vom Einzelradantrieb über den Roboterarm bis zur Schneidevorrichtung und dem Sammelsystem für das Erntegut.
Hohe Anforderungen an kleine Elektroantriebe
Anders als die traditionellen landwirtschaftlichen Grossgeräte sind die Maschinen und Komponenten des Smart Farming in der Regel kompakter und leichter. Das heisst, dass für die Motoren oft nur wenig Einbauplatz vorgesehen ist. Trotzdem müssen sie als Antriebe von Säscheiben, Klappen, Greifern, Roboterarmen oder Scheren genug Kraft liefern, um die jeweilige Aufgabe in zahllosen Zyklen zuverlässig zu erledigen. Zugleich sollen sie hocheffizient arbeiten, denn die autonomen Einheiten beziehen ihre Energie meist aus Akkus.
Ausserdem gilt es, die Antriebselektronik in vernetzte Strukturen einzubinden und eine intelligente Steuerung zu ermöglichen. Ferner müssen die Antriebe in der landwirtschaftlichen Umgebung aber auch in höchstem Masse robust sein, damit sie selbst unter härtesten Bedingungen zuverlässig und dauerhaft funktionieren. Grosse Temperaturschwankungen und starke mechanische Belastungen sind in Landwirtschaft und Gartenbau weitverbreitet. Und last but not least dürfen bei all dem die Kosten nicht aus dem Blick geraten.
Kompakte DC-Flachmotoren der Serie BXT
Der Antriebsspezialist Faulhaber hat gleich mehrere Geräteserien im Programm, mit denen dieser Spagat gelingt. Dazu zählen beispielsweise die wartungsfreien bürstenlosen und besonders kompakten DC-Flachmotoren der Serie BXT. Sie bauen in axialer Richtung ungewöhnlich kurz. Dank innovativer Wickeltechnik und optimierter Auslegung sind die Motoren selbst nur 14, 16 und 21 mm lang, liefern aber Drehmomente bis 134 mNm bei einem Durchmesser von 22, 32 bzw. 42 mm. Zur exakten Drehzahlregelung oder bei hohen Anforderungen an die Positioniergenauigkeit werden durchmesserkonforme magnetische Encoder oder Speed Controller vollständig in die gehäusten Motorvarianten integriert, wobei sich der Antrieb lediglich um 6,2 mm verlängert. Die passenden Metall-Planetengetriebe der Baureihe GPT zeichnen sich ebenfalls durch robuste, kurze Bauweise, hohes Drehmoment und feinste Abstufungen der zahlreichen Untersetzungsverhältnisse aus.
Kupfergraphitmotoren der CXR-Linie
Eine ebenfalls robuste und kosteneffiziente Antriebslösung sind auch die Kupfergraphitmotoren der CXR-Linie in Verbindung mit darauf abgestimmten Getrieben. Ihr Kommutierungssystem ist sehr robust und eignet sich besonders für dynamische Hochleistungsapplikationen mit schnellem Start-/Stoppbetrieb, wie es bei der automatischen Sortierung gefordert ist. Optionale Inkremental-Encoder ermöglichen auch hier eine hochgenaue Positionierung. Für die Vernetzung der Antriebssysteme stehen verschiedene Steuerungen, beispielsweise mit CANopen-Schnittstelle zur Verfügung. Viele dieser Systeme werden bereits in Smart Farming Applikationen eingesetzt und werden auch zukünftig dazu beitragen, die Technik in diesem für die Ernährung der Weltbevölkerung existenziellen Bereich voranzutreiben.
Schlüsseltechnologien Elektrik und Elektronik
«In der herkömmlichen Landwirtschaftstechnik sind mechanische Übersetzungen und pneumatische Antriebe weitverbreitet. Für die kleinteiligeren Systeme des Smart Farming sind diese oft zu schwer, zu klobig, mechanisch zu komplex und zu wenig energieeffizient. Wir beobachten deshalb, dass immer mehr elektrische Kleinmotoren verwendet werden, um die Kraft für gezielte Arbeitsschritte zu liefern. Die Antriebe müssen in einer Agrar-Umgebung allerdings meist sehr hohe Anforderungen erfüllen und sich gut vernetzen lassen. Viele der Faulhaber-Antriebe werden deshalb im Smart Farming typische Anwendungsbereiche finden.»
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Autoren: Kevin Moser, Business Development bei Faulhaber und Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee
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