Wie erreicht man einen viel höheren Umsatz pro Mitarbeitenden und kann so auf dem Werkplatz Schweiz wettbewerbsfähig bleiben? Trumpf ist überzeugt: Mit einer ganzheitlich betrachteten und entworfenen Smart Factory.
Firma: Trumpf Schweiz AG
Antwortgeber: Andreas Conzelmann, CEO TRUMPF Schweiz AG
Branche: Werkzeugmaschinen, Blechbearbeitung
Schwerpunkt: Laserschneidmaschinen, Lasermarkiersysteme, Elektrowerkzeuge
Was bieten Sie an und was ist Ihr Schwerpunkt?
Die Trumpf Gruppe bietet Lösungen und Maschinen für die gesamte Prozesskette Blech sowie Hochleistungsphotonik an wie beispielsweise Laserysteme zum Schneiden, Schweissen, Markieren, Micromaterialbearbeitung, 3D-Druck oder für die Halbleiterherstellung.
Die Trumpf Schweiz AG hat vier Geschäftseinheiten: Wir sind das europäische Produktionswerk für sämtliche 2D-Laserschneidmaschinen von Trumpf, wir sind Produktcenter für die Segmente Lasermarkiersysteme und Elektrowerkzeuge und ausserdem sind wir für die Betreuung unserer Schweizer Kundinnen und Kunden im Vertrieb und Service verantwortlich.
Unser USP ist unsere Aufstellung als Lösungsanbieter. Während wir vor 20 Jahren noch primär in einzelnen Maschinen und Lasern gedacht haben, treten wir seit über 10 Jahren als Lösungsanbieter auf und denken gemeinsam mit unseren Kunden deren Fertigungsprozessketten ganzheitlich: Von der ersten Idee unserer Kunden über die Beratung bis zur Produktionsbegleitung im ersten Jahr.
Welcher Trend in der Blechbearbeitung ist aus Ihrer Sicht derzeit klar erkennbar? Wie gehen Sie und Ihr Unternehmen damit um?
Ein wichtiger Trend ist die Etablierung von Smart-Factory-Lösungen. Die kann die Etablierung einer kompletten hochautomatisierten Fabrik inklusive Lagersystemen, Roboterlösungen und fahrerlosen Transportsystemen sein. Dies kann auch eine kleine hochautomatisierte Fertigungszelle sein, welche in eine vorhandene Fabrik eingebettet wird.
Es gibt mehrere gute Gründe hierfür. Erstens ist die Produktivität einer Smart Factory höher und es ist problemlos möglich, am Werkplatz Schweiz wettbewerbsfähig zu produzieren. Zweitens fällt es unseren Kunden zunehmend schwer, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Der Betrieb einer Smart Factory erfordert natürlich viel Know-how und hoch qualifizierte Mitarbeitende – trotzdem erlaubt eine Smart Factory einen viel höheren Umsatz pro Mitarbeitenden.
Multimediastory: Ein gutes Auge fürs Lasermarkieren
Was bedeutet das für Ihr Unternehmen und wie sehen Ihre Lösungen aus?
Dieser Wandel erfordert eine Anpassung in mehreren Dimensionen: Wir haben uns bezüglich der Qualifikation unserer Teams angepasst und haben ganz neue Bereiche geschaffen. So sind beispielsweise fast 10 % des Teams der Marktorganisation Schweiz auf die Planung, Umsetzung und Betreuung der Smart-Factory-Lösungen unserer Kundinnen und Kunden spezialisiert.
Wir haben das Produktionsportfolio in den letzten 10 Jahren entsprechend angepasst. Zum einen haben wir in die Möglichkeit der Vernetzung der verschiedenen Elemente investiert und zum anderen bieten wir sehr viele Softwarelösungen im Umfeld der Smart Factory an. So können wir für unsere Kunden Lösungen anbieten, welche den Materialverschnitt über alle Aufträge unserer Kunden minimiert. Dies senkt die Kostenbasis und ist auch ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Herstellung von Blechteilen.
Ein wichtiger und zentraler Punkt ist die ganzheitliche Betrachtung. Wir bieten ein weltweites Smart-Factory-Consulting an, bei welchem unsere Spezialisten die Visionen und Ideen unserer Kunden von Anfang an mitgestalten. So entwickeln wir die Smart Factory Schritt für Schritt gemeinsam mit unseren Kunden und begleiten diese als Partner, bis alles nach der Realisierung rund läuft.
Welche Potenziale sehen Sie noch in der Digitalisierung?
Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Systeme bietet noch viel Potenzial. Einerseits sollte natürlich eine gewisse Systematik vorhanden sein, andererseits ist eine hohe Flexibilität der Systeme notwendig. Yahoo hat vor 30 Jahren versucht, das Internet zu kartografieren und ist damit gescheitert. Ich bin überzeugt, dass die Google-Philosophie richtig ist, das heisst, kurzzyklische Anpassungen an die Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden.
Und in der Automation?
Die Automatisierung der wertschöpfenden Hauptprozesse hat bereits einen hohen Reifegrad erreicht. Ich sehe weiteres Potenzial in der Automatisierung der vor- und nachgelagerten Prozesse, d.h. der Auftragsabwicklung, der Kalkulation, der Erstellung von Offerten und Rechnungen.
Wie steht es mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz?
Der Einsatz künstlicher Intelligenz bietet sehr viele Chancen – aber auch Risiken und Gefahren. Diese gilt des abzuwiegen und einen guten Mittelweg zu finden. Gerne gebe ich Ihnen hierzu ein Beispiel. Die Verwendung von ChatGPT bei Trumpf ist erlaubt und auch gewünscht – trotzdem achten wir stark darauf, dass wir die Vertraulichkeit von Daten unserer Geschäftspartner und von Trumpf gut schützen. Deshalb achten wir sehr darauf, dass der Datenschutz jederzeit gewährleistet ist.
Welchen Trend sehen Sie auf sich zukommen, mit dem Sie sich in Zukunft auseinandersetzen müssen?
Das Decoupling zwischen dem Westen und China wird meines Erachtens noch sehr grosse Auswirkungen haben und dies in verschiedenen Dimensionen. Wir beschaffen uns bereits sehr intensiv mit dem Thema und sind durch Produktionsstätten und Lieferketten in beiden Gebieten sicherlich hervorragend aufgestellt. Trotzdem werden mit Sicherheit Dinge passieren, welche wir heute noch nicht vorhersehen können. Dies hat die Supply-Chain-Krise in den letzten beiden Jahren gezeigt. Die Theorien von Charles Darwin sind bald 200 Jahre alt – jedoch aktueller denn je. Firmen, die erfolgreich sein wollen, müssen sich anpassen – im Markt, in der Arbeitswelt und in der internationalen Zusammenarbeit.
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Impressum
Autor: Eugen Albisser
Bildquelle: Trumpf
Redaktionelle Bearbeitung: Technik und Wissen
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