Christoph Erni ist Gründer und CEO der Juice Technology AG, der Schweizer Herstellerin von Ladestationen und -lösungen. Schon immer eher praktisch veranlagt, schmiss er kurz vor der Matura das Gymnasium, begann eine kaufmännische Ausbildung mit Berufsmittelschule und fand sich kurz darauf in der IT-Branche wieder. Doch damit nicht genug, denn Christoph Erni wollte mehr: Vor rund 20 Jahren gründete er die Unternehmensberatung Erni Associates AG, bevor er dann 2014 mangels Verfügbarkeit sinnvoller Ladelösungen kurzum selbst ins Herstellergeschäft einstieg und die Juice Technology AG gründete. Das Unternehmen sicherte sich mit der mobilen 22-kW-Ladestation Juice Booster 1 bereits im ersten Geschäftsjahr die Poleposition auf dem Markt und hält diese seither.
Strom ist für die Elektromobilität ausreichend vorhanden. Wieso das so ist, erklärt Christoph Erni (im Bild), Gründer und CEO der Juice Technology AG. Im Interview erklärt er ausserdem, in welchem Kontext die Erneuerbaren zum elektrischen Fahren stehen und welchen Aufgaben der Staat nun unbedingt nachkommen muss.
Von Markus Back (Text) und Susanne Seiler (Fotos)
Juice sieht sich als Pionier des mobilen Ladens. Was hat sich jemand darunter vorzustellen, der noch nie ein Elektrofahrzeug benutzt hat?
Meine Grossmutter hatte ein Wandtelefon. Dieses hing im Flur und ein Stuhl fehlte, damit man nicht so lange telefoniert. Heute besitzt fast jeder ein Mobiltelefon und Festnetzanschlüsse werden immer seltener. Mit dem Laden von Fahrzeugen ist es ähnlich. Wieso eine fixe Ladestation, die einen in der Flexibilität einschränkt? Kauft man ein anderes Auto mit Ladeanschluss auf der anderen Seite, muss man für viel Geld den Elektriker kommen lassen, um die Ladestation neu zu positionieren.
Beim mobilen Ladeanschluss steckt man einfach das Ladekabel auf der anderen Seite der Garage an. Fehlt dort eine Steckdose, kann man mobile Geräte auch problemlos quer durch die Garage legen. Es ist auch kein Problem, wenn das Auto dann darüber fahren muss – er ist mit einer Radlast von bis zu 3 Tonnen überfahrbar.
Strom ist für die Elektromobilität ausreichend vorhanden. Wieso das so ist, erklärt Christoph Erni (im Bild), Gründer und CEO der Juice Technology AG. Im Interview erklärt er ausserdem, in welchem Kontext die Erneuerbaren zum elektrischen Fahren stehen und welchen Aufgaben der Staat nun unbedingt nachkommen muss.
Von Markus Back (Text) und Susanne Seiler (Fotos)
Juice sieht sich als Pionier des mobilen Ladens. Was hat sich jemand darunter vorzustellen, der noch nie ein Elektrofahrzeug benutzt hat?
Meine Grossmutter hatte ein Wandtelefon. Dieses hing im Flur und ein Stuhl fehlte, damit man nicht so lange telefoniert. Heute besitzt fast jeder ein Mobiltelefon und Festnetzanschlüsse werden immer seltener. Mit dem Laden von Fahrzeugen ist es ähnlich. Wieso eine fixe Ladestation, die einen in der Flexibilität einschränkt? Kauft man ein anderes Auto mit Ladeanschluss auf der anderen Seite, muss man für viel Geld den Elektriker kommen lassen, um die Ladestation neu zu positionieren.
Beim mobilen Ladeanschluss steckt man einfach das Ladekabel auf der anderen Seite der Garage an. Fehlt dort eine Steckdose, kann man mobile Geräte auch problemlos quer durch die Garage legen. Es ist auch kein Problem, wenn das Auto dann darüber fahren muss – er ist mit einer Radlast von bis zu 3 Tonnen überfahrbar.
Bezug über App in Echtzeit mitverfolgen
Sie arbeiten an Konzepten, die über einzelne Ladestationen hinausgehen. Was steht im Mittelpunkt dieser Konzepte?
Die Welt der E-Mobilität umfasst mehr als nur die Frage, wie man den Strom ins Auto bekommt. Ebenso wichtig ist es, mit was für Strom geladen wird. Ist es welcher, der aus Kohle- oder Atomkraftwerken oder eben aus erneuerbaren Energien kommt? Also gründeten wir die Juice Power AG, die das Backend von zwei Wasserkraftwerken direkt mit dem Backend unserer App j+ pilot verbindet. Denn Strom ist nur sauber, wenn er wirklich in derselben Sekunde erneuerbar produziert wird, in der er aus dem Netz bezogen wird.
Über die App, die auch für die Verwaltung des Juice Booster 3 air genutzt wird, können User den Bezug genau in Echtzeit mitverfolgen. Dort können sie auch ein Kontingent an sauberem Strom erwerben. Durch die Verbindung zum Kraftwerk wird bei jeder Ladung in Echtzeit der Herkunftsnachweis für saubere Wasserkraft eingekauft. Egal also, woher in diesem Moment der Strom aus der Steckdose kommt, der E-Fahrer ist damit sicher, dass er blitzsauberen Strom finanziert und bezieht.
Energie kostenlos zurückholen
Durch die Erneuerbaren nimmt der Anteil dezentraler erzeugter Energie zu. Ist das für die Elektromobilität ein Hemmschuh oder ein Beschleuniger?
Mental ist sie ein Beschleuniger, da sie einem das Gefühl verleiht, man könne mit dem von seiner PV-Anlage erzeugten Strom gratis Autofahren. Sie ist vor allem aber auch deshalb ein Beschleuniger, weil sie die Menschen auf die nachhaltige Schiene zieht, ohne dabei spiessig oder missionarisch zu wirken. Ich habe das selbst erlebt, als ich das erste Mal den Gotthard runterfuhr und nach 50 Kilometern plötzlich 100 Kilometer mehr Reichweite hatte als oben. Das löst einen Denkprozess aus. Früher habe ich diese Energie weggebremst und in Staub aufgehen lassen und jetzt hole ich mir sie durch Rekuperation kostenlos zurück.
Welches Potenzial sehen Sie für das bi-direktionale Laden?
Für mich ist das die Magnetschwebebahn der Elektromobilität. Lange Zeit war man davon überzeugt, dass diese kommen wird, aber der technische Aufwand war zu hoch und so fahren wir immer noch auf eisernen Rädern auf Schienen. Bi-direktionales Laden ist technisch aufwendig, benötigt beispielsweise einen FI-Schutz in beide Richtungen oder einen fahrzeugseitigen Wechselrichter, der womöglich noch den Sinus mit dem Netz synchronisieren muss. Und dann muss es Kunden und Autohersteller geben, die da mitmachen wollen. Beim bi-direktionalen Laden gibt es zu viele Schwierigkeiten, die sich mit intelligenten AC-Stationen zu einem Zehntel des Preises lösen lassen.
Ladetechnik muss einfach sein
Die Zuwachsraten bei den zugelassenen Elektrofahrzeugen liegen mittlerweile im hohen zweistelligen Bereich. Mit welchen Problemen geht dieses Wachstum einher?
Die Elektromobilität kommt nun in eine Phase, in der wir am Anfang einer frühen Mehrheit stehen und das bedeutet, dass sich die Autofahrer nicht mehr wie Nerds mit der Technik beschäftigen wollen. Also muss die Ladetechnik so aufgebaut sein, dass es auf Anwenderseite kein Ingenieurstudium mehr braucht, um die Station zu bedienen. Man steckt sein Fahrzeug ein und erwartet, dass es funktioniert. Bei Ladevorrichtungen wird es in Zukunft ähnlich wie bei Scheibenwischern am Auto sein – diese sind Hightech, werden aber nur wahrgenommen, wenn sie nicht richtig funktionieren.
Eine weitere Herausforderung wird die Masse an Elektrofahrzeugen sein, die zu laden sind. Das erfordert ein besseres Lastmanagement, das den vorhandenen Strom zeitlich so verteilt, dass er reicht. Die Stromnetze selbst sind stark genug dafür, der Verbrauch jedoch muss sinnvoll verwaltet werden.
Abrechnung erfolgt in Zukunft im Hintergrund
Lassen Sie mich nachhaken, was genau erwartet der Anwender von einer modernen Ladesäule?
Viele empfinden den Umgang mit den Ladekarten als mühsam und erwarten daher ein einfaches Bezahlsystem. Das spielt uns in die Hände. Wir waren die Ersten, die das Bezahlen mit Kreditkarte angeboten haben. In Zukunft wird es dann so sein, dass man sein Auto an einer Ladesäule ansteckt und dieses anhand seiner Fahrzeugnummer identifiziert wird und automatisch im Hintergrund die Abrechnung erfolgt. Voraussetzung hierfür ist die Norm ISO 15118, die wir bereits in unseren Ladesäulen implementiert haben.
Wie wird sich der Stromverbrauch durch die Elektromobilität entwickeln?
In den einzelnen Haushalten wird sich der Verbrauch je nach Grösse verdoppeln, aber die Menge, die produziert werden muss, wird sich vermutlich sogar verringern. Für das Raffinieren bedarf es pro Liter Benzin 1,5 und pro Liter Diesel 2,5 Kilowattstunden elektrische Energie. Nimmt man nun den Durchschnittsverbrauch, der in Europa bei 6 Litern Diesel und 10 Litern Benzin liegt, braucht es alleine für die Produktion des Treibstoffs 15 Kilowattstunden Strom – und der Verbrauch für das Fördern aus dem Erdreich, den Transport und das Pumpen an den Zapfsäulen ist da noch gar nicht berücksichtigt.
Je nach Fahrzeugtyp ergibt sich also schon ein Nettostromgewinn. Dem Model 3 von Tesla genügen 15 Kilowattstunden, dem neuen Hyundai sogar 12 für eine Strecke von 100 Kilometern. Wenn man das genau nimmt, müssen wir eigentlich alle elektrisch fahren, um Strom zu sparen.
Abrechnung erfolgt in Zukunft im Hintergrund
Lassen Sie mich nachhaken, was genau erwartet der Anwender von einer modernen Ladesäule?
Viele empfinden den Umgang mit den Ladekarten als mühsam und erwarten daher ein einfaches Bezahlsystem. Das spielt uns in die Hände. Wir waren die Ersten, die das Bezahlen mit Kreditkarte angeboten haben. In Zukunft wird es dann so sein, dass man sein Auto an einer Ladesäule ansteckt und dieses anhand seiner Fahrzeugnummer identifiziert wird und automatisch im Hintergrund die Abrechnung erfolgt. Voraussetzung hierfür ist die Norm ISO 15118, die wir bereits in unseren Ladesäulen implementiert haben.
Wie wird sich der Stromverbrauch durch die Elektromobilität entwickeln?
In den einzelnen Haushalten wird sich der Verbrauch je nach Grösse verdoppeln, aber die Menge, die produziert werden muss, wird sich vermutlich sogar verringern. Für das Raffinieren bedarf es pro Liter Benzin 1,5 und pro Liter Diesel 2,5 Kilowattstunden elektrische Energie. Nimmt man nun den Durchschnittsverbrauch, der in Europa bei 6 Litern Diesel und 10 Litern Benzin liegt, braucht es alleine für die Produktion des Treibstoffs 15 Kilowattstunden Strom – und der Verbrauch für das Fördern aus dem Erdreich, den Transport und das Pumpen an den Zapfsäulen ist da noch gar nicht berücksichtigt.
Je nach Fahrzeugtyp ergibt sich also schon ein Nettostromgewinn. Dem Model 3 von Tesla genügen 15 Kilowattstunden, dem neuen Hyundai sogar 12 für eine Strecke von 100 Kilometern. Wenn man das genau nimmt, müssen wir eigentlich alle elektrisch fahren, um Strom zu sparen.
«Erwarte von der Politik zügigen Ausbau der Infrastruktur»
Durch die Elektromobilität werden über kurz oder lang die Einnahmen aus der Mineralölsteuer versiegen. Was glauben Sie, wie diese wegfallenden Einnahmen kompensiert werden?
Die Idee ist eine Abrechnung nach gefahrenen Kilometern. Allerdings muss man aufpassen, dass es nicht zu kompliziert wird. Eine Pauschale, ähnlich wie bei der Vignette, könnte ich mir ebenfalls vorstellen. Wir benutzen alle die Infrastruktur und eine Strasse braucht es, ob wir einmal im Jahr oder jeden Tag auf dieser fahren.
Beim Internet war die Politik unvorbereitet und liess die Tech-Konzerne jahrelang agieren. Worauf sollte bei der Elektromobilität geachtet werden, damit diese nicht zügellos wird?
Das Wichtigste ist mit der Technik ja schon einmal reguliert. Man hat es tatsächlich geschafft, mit nur drei Steckern den weltweiten Markt zu bedienen. Weiter muss die Politik eigentlich gar nicht Einfluss nehmen. Das Einzige, was ich von ihr erwarte, ist ein zügiger Ausbau der Infrastruktur, zum Beispiel mit Lade-Hubs entlang der Autobahnen mit ausreichend dimensionierten Stromzuleitungen. Förderprogramme, mit denen sich Private beispielsweise eine Ladestation anschaffen, braucht es dagegen nicht. Die Elektrofahrzeuge sind die bessere Technologie als Verbrenner und werden sich daher durchsetzen. Mobiltelefone musste man auch nicht fördern – und dennoch besitzt heute jeder eines.
«Erwarte von der Politik zügigen Ausbau der Infrastruktur»
Durch die Elektromobilität werden über kurz oder lang die Einnahmen aus der Mineralölsteuer versiegen. Was glauben Sie, wie diese wegfallenden Einnahmen kompensiert werden?
Die Idee ist eine Abrechnung nach gefahrenen Kilometern. Allerdings muss man aufpassen, dass es nicht zu kompliziert wird. Eine Pauschale, ähnlich wie bei der Vignette, könnte ich mir ebenfalls vorstellen. Wir benutzen alle die Infrastruktur und eine Strasse braucht es, ob wir einmal im Jahr oder jeden Tag auf dieser fahren.
Beim Internet war die Politik unvorbereitet und liess die Tech-Konzerne jahrelang agieren. Worauf sollte bei der Elektromobilität geachtet werden, damit diese nicht zügellos wird?
Das Wichtigste ist mit der Technik ja schon einmal reguliert. Man hat es tatsächlich geschafft, mit nur drei Steckern den weltweiten Markt zu bedienen. Weiter muss die Politik eigentlich gar nicht Einfluss nehmen. Das Einzige, was ich von ihr erwarte, ist ein zügiger Ausbau der Infrastruktur, zum Beispiel mit Lade-Hubs entlang der Autobahnen mit ausreichend dimensionierten Stromzuleitungen. Förderprogramme, mit denen sich Private beispielsweise eine Ladestation anschaffen, braucht es dagegen nicht. Die Elektrofahrzeuge sind die bessere Technologie als Verbrenner und werden sich daher durchsetzen. Mobiltelefone musste man auch nicht fördern – und dennoch besitzt heute jeder eines.
Noch viele unsichere Geräte auf dem Markt
Aber wie sieht es mit der Kontrollfunktion des Staates aus? Es gibt beispielsweise immer noch kein Verbot für nicht normkonforme Ladestationen.
Das ist tatsächlich etwas, was uns umtreibt. Es kommen immer noch viele unsichere Geräte in den Markt und suggerieren dem Verbraucher durch ihre CE-Kennzeichnung eine nicht gegebene Sicherheit. Fakt ist, viele mobile Ladestationen sind nicht normkonform und absolut gefährlich. Bei diesen steht zwar dann im Handbuch kleingeschrieben, dass man sie im Freien nicht verwenden darf, aber wo lädt man unterwegs in aller Regel sein Fahrzeug auf? Ein solches Ladekabel kann Menschen töten und müsste von den Behörden vom Markt genommen werden. Wird man hier nicht aktiv, ist es nur eine Frage der Zeit, bis jemand wegen dieser fehlenden Kontrollen schwer oder sogar tödlich verletzt wird.
Immerhin hat Schweden jetzt eine ebenfalls nicht normsichere Wallbox untersucht und vom Markt genommen. Das Verkaufsverbot dehnt sich nun auf die ganze EU aus, nur das Schweizer Starkstrominspektorat tut noch so, als ginge es das nichts an – vielleicht weil die Box hierzulande oft installiert wurde und sie die ganze Zeit beide Augen trotz erfolgter Gefahrenmeldungen zugedrückt haben.
Zur Person Christoph Erni
Sie pflanzen für jedes ihrer Produkte so viele Bäume, wie notwendig sind, um die CO₂-Emissionen bei der Herstellung und Transport zu kompensieren. Wie viele Bäume sind denn das mittlerweile und wo genau werden die gepflanzt?
Es sind über 300 Fussballfelder, die wir inzwischen gepflanzt haben. Wir haben dabei immer Regionen ausgewählt, in denen beispielsweise Flora und Fauna nach grossen Waldbränden komplett zerstört waren. Wichtig ist uns bei dieser Aufforstung, dass diese Wälder nicht gleich wieder abgeholzt werden, sondern idealerweise 100 Jahre oder noch länger stehen bleiben, damit sind mindestens die zehnfache Menge CO₂ absorbieren können, die wir verursacht haben.
Technik und Wissen: Printausgabe 023Lesen Sie die Fortsetzung des Interviews in der Printausgabe #023 (Juni 2023) |
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