Mit Quantentechnologie den Nobelpreis nach Arlesheim holen

Nobelpreis Medaille
Nobelpreis Medaille. (Bild: Nobel Prize Outreach / Fotograf: Clément Morin)

Quantenrechner werden die Welt verändern. In Arlesheim bei uptownBasel können Firmen auf einen solchen Rechner von IBM zugreifen. Man hat grosse Pläne, selbst der Nobelpreis ist ein Thema.

Eugen Albisser

Autor: Eugen Albisser, Chefredaktor Online und Digitales Storytelling.
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Hans-Jörg Fankhauser, der Visionär, Planer und Architekt hinter uptownBasel, ist ein eifriger Nutzer der sozialen Medien. Ein Vielschreiber, der viele unterschiedliche Themen nutzen kann: Der Aufbau von uptownBasel, diesem über 500 Millionen Franken kostbaren «Internationalen Kompetenzzentrums für Industrie 4.0» in Arlesheim; das kollaborative Arbeiten, das dort gefördert wird und auch über die einzelnen Branchen und Technologien, auf die man sich fokussieren möchte wie Biotechnologie oder 3D-Druck für die Medizintechnik. Und nun ist auch die Quantentechnologie zum Thema geworden. Für viele etwas überraschend zwar, weil jahrelang waren Technologien rund um die Quantenphysik eher nur wenigen Eingeweihten vorenthalten. Wobei auch das täuscht: Einzelne Industriefirmen haben den Wert schon lange erkannt und forschen an Quantenprodukte. In Deutschland zum Beispiel Trumpf und Sick, die den ersten industriellen Quantensensor im Fokus haben.

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QuantumBasel und der erste kommerziell nutzbare Quantenrechner Topnews

Quantencomputer von IBM

uptownBasel hat den ersten kommerziell nutzbaren Quantencomputer-Hub der Schweiz lanciert und hierfür die uptownBasel Infinity Corp. gegründet. QuantumBasel hat Zugriff auf eine Rechenleistung von 433 Qubit und ist damit das erste Kompetenzzentrum in der Schweiz, das Unternehmen einen solchen Zugang zu Quantentechnologie bietet. Mithilfe von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz werden innovative Lösungen für die Zukunft geschaffen. Mit QuantumBasel trägt uptownBasel Infinity zur gemeinsamen Bewältigung künftiger Herausforderungen in den Themen Life Sciences, Industrial Manufacturing und Nachhaltigkeit bei.

Bericht lesen: QuantumBasel – der erste kommerziell nutzbare Quantencomputer-Hub der Schweiz ist da

Quantentechnologie gewinnt

Aber nun ist vieles passiert in diesen Wochen, das die Quantentechnologie wieder einem breiteren Publikum näherbrachte. Das wichtigste Ereignis war dabei die Vergabe des Nobelpreises für Physik. Er ging an drei Experimentalphysiker: Alain Aspect aus Frankreich, den US-Amerikaner John F. Clauser und den Österreicher Anton Zeilinger. Ihnen gelang der Beweis der Quantenverschränkung. Dieser Beweis war für die Quantenphysik enorm wichtig, denn sie kann als Beleg angesehen werden, dass die Quantenmechanik auch tatsächlich funktioniert.

Noch nicht verstanden, was Quantenverschränkung ist? Hier ist die einfachste Erklärung, die einem wie immer bei der Quantenphysik mit ungläubigem Staunen zurücklässt. (Quelle: 100SekundenPhysik, Youtube)

Quantencomputer werden Bauteile revolutionieren

Die Vergabe des Nobelpreises zeigt zwar nicht die Wichtigkeit einer Theorie oder Technologie für die Industrie. Doch bei der Quantentechnologie sind sich die Experten einig: Sie hat bereits die Sicht auf die Welt komplett geändert und hat das Potenzial, als angewandte Technologie viele Branchen zu verändern.

Im Fokus steht momentan unter anderem die ungeheure Rechenleistung der Quantencomputer, um zum Beispiel neue Wirkstoffkombinationen für Medikamente zu errechnen oder um in der Industrie Bauteile revolutionär zu optimieren. Wobei anzumerken ist, dass Quantencomputer den Effekt der Überlagerung und Verschränkung nutzten, um rechenintensive Aufgaben enorm viel schneller zu lösen als herkömmlich Computer.

Den Einfluss von Quantencomputern auf alle Branchen hat Hans-Jörg Fankhauser erkannt und hat entsprechend gehandelt. Mit IBM ist ihm ein sensationeller Coup gelungen: «Vom jeweils besten Quantenrechner dürfen wir fünf Prozent der Leistung beziehen», sagt Fankhauser. Der Vertrag wurde am 29. September 2022 unterschrieben. Der IBM-Konzern präsentierte ein paar Wochen später auch gleich den neuen 433-Quantenbit-Prozessor und die nächste Generation der IBM Quantensysteme in New York.



Anschlussmodul bereits in Arlesheim

Hans-Jörg Fankhauser hat es also fertiggebracht, dass sein uptownBasel einer von nur drei IBM-Quantenhubs in Europa wird, und dieses wird von IBMs Quantenrechenpower profitieren können.

Nur ein paar Wochen nachdem in Stockholm der Preis vergeben wurde, fährt in Arlesheim ein Truck ein. Auf dem Auflader hat er eine IBM Spectrum Fusion, das Anschlussmodul auf den Rechner in New York. Nochmals ein paar Wochen später ist auch dieser betriebsbereit und Hans-Jörg Fankhauser kann Ende November 2022 diesen Beitrag posten: «In den letzten Tagen wurde der Spectrum Fusion, der das Anschlussmodul zu den weltschnellsten Quantenrechnern in New York bildet, installiert, getestet und freigegeben. Bereits arbeitet man an den ersten Use Cases, um schon bald die ersten grösseren Aufgaben zum Thema Nachhaltigkeit bearbeiten zu können.»

Hans-Jörg Fankhauser: «Bereits arbeitet man an den ersten Use Cases mit dem Quantenrechner.»
Hans-Jörg Fankhauser: «Bereits arbeitet man an den ersten Use Cases mit dem Quantenrechner.» (Bild: Eugen Albisser, Technik und Wissen)

Neuste Technologie für Start-ups

Warum Fankhauser ausgerechnet die Quantentechnologie in den Vordergrund rückte, ist klar: Er will in Arlesheim die fortschrittlichste Technologie anbieten. Denn sein Ziel ist es, die besten Talente und Start-ups der Welt hierherzuholen», sagt Fankhauser.

Der Zugriff auf einen Quantenrechner würde aufstrebenden Start-ups einen erheblichen Vorsprung gewährleisten. Zwar ist das volle Potenzial noch nicht absehbar. Doch überall auf der Welt macht man sich Gedanken darüber, wo dank Quantentechnik wichtige Fortschritte erzielt werden könnten.

So heisst es etwa in der deutschen «Agenda Quantensyteme 2030»: «Langfristig werden wichtige Fortschritte bei der Entwicklung neuer Werkstoffe und der Batteriezellenentwicklung, dem Design neuer Pharmazeutika, der Optimierung von Prozessen und Systemen (etwa in Produktion, Logistik, Verkehr, Energienetzwerken), bei Finanz­ und Wirtschaftsanalysen (bei Banken und Versicherungen), bei der digitalen Verbrechensbekämpfung sowie in Anwendungen der Grundlagenforschung erwartet. Neben den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten eröffnen sich potenziell auch Lösungen für relevante Zukunftsfragen unserer Gesellschaft.»

«Wir holen den Nobelpreis nach uptownBasel»

Auch wenn man sich bewusst ist, dass Quantencomputer noch immer einen weiten Weg vor sich haben, um fehlertolerant zu funktionieren: Der Einfluss von Quantenrechner auf zukünftige Entwicklungen in diversen Industrien dürfte erheblich sein. Und da uptownBasel nun bereits über einen Anschluss an einen solchen Rechner verfügt, fehlt es auch nicht an Enthusiasmus und grossen Visionen.

Eine davon ist, dass sich mittels Quantencomputing neue Verfahren zeigen werden, welche das Testen von Medikamenten revolutionieren. «Und das wiederum dürfte bedeuten, dass wir innerhalb kurzer Zeit von Tierversuchen wegkommen werden», meint Fankhauser. Sollte dies einem Unternehmen aus Arlesheim gelingen, dürfte diese Entdeckung weltweit für Aufsehen sorgen – und selbst der Nobelpreis wäre dann im Bereich des Möglichen. «Und einen Nobelpreis nach Arlesheim zu holen, ist definitiv ein Ziel, das wir noch in diesem Jahrzehnt dank des Einsatzes der Quantentechologie erreichen wollen», erklärt Hans-Jörg Fankhauser. Präzisiert wurde diese Vision eines Nobelpreises bei einem Podiumsgespräch an der Eröffnungsfeier von QuantumBasel (QuantumBasel – der erste kommerziell nutzbare Quantencomputer-Hub der Schweiz ist da). Markus Hacker, Regional Director Enterprise Business DACH bei NVIDIA, einem Firmenpartner von uptownBasel, erklärte da: «Wir haben uns sogar das Jahr 2027 als Ziel gesetzt, um diesen Preis nach Arlesheim zu holen.» 

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